XaaS

Servicebasierte Geschäftsmodelle – ein Schlüssel für Kreislaufwirtschaft und langfristigen Erfolg


Servicebasierte Geschäftsmodelle: Everything-as-a-Service

Licht vermieten statt Glühbirnen zu verkaufen. Autos im Car-Sharing-Modell. Werkzeuge im Flotten-Abo. Das ist Everything („X“) as a Service (XaaS): Geschäftsmodelle, bei denen nicht Produkte, sondern Leistung, Funktionalität und Service verkauft werden. Wie Unternehmen damit nachhaltiger werden und profitabler wirtschaften können.

Das eigene Auto, internetfähige Haushaltsgeräte, das neueste Smartphone – viele dieser Produkte sind Ausdruck eines materiellen Wohlstands, der auf einem linearen Wirtschaftssystem basiert – einem System, in dem der Anreiz der Industrie darin besteht, möglichst günstig zu produzieren und möglichst viel zu verkaufen. Nutzung und Entsorgung der Produkte sind dann meist Sache des Käufers und der Gesellschaft. Diese Produktions- und Konsumlogik birgt jedoch erhebliche Herausforderungen und stößt zunehmend an die planetaren Belastungsgrenzen. 

Rund 55 Prozent der Treibhausgasemissionen und bis zu 90 Prozent des Biodiversitätsverlusts entstehen durch die globale Ressourcenextraktion und -verarbeitung. Gleichzeitig werden viele Produkte nicht effizient genutzt: Die meisten Autos stehen mehr als 90 Prozent der Zeit ungenutzt herum, Werkzeug kommt nur wenige Male im Jahr zum Einsatz, vieles „vergammelt“ in Lagern, Garagen und Kellern. Diese Ineffizienzen sind symptomatisch für ein System, das nicht auf Langlebigkeit oder Effektivität, sondern auf maximalen Verbrauch ausgelegt ist. Doch wie kann die Abkehr von der linearen Wertschöpfung aussehen? Wie können Ressourcen- und Klimaschutz elementarere Bestandteile nachhaltig erfolgreicher Geschäftsmodelle der Zukunft werden? 

Die Antwort liegt in einer radikalen Steigerung der Ressourcenproduktivität – also in der Entkopplung des Wohlstands und der Lebensqualität vom Ressourceneinsatz. Das ist der Kerngedanke der Circular Economy, der Kreislaufwirtschaft. Für Produkte wie Autos, Maschinen, Haushalts- oder IT-Geräte bedeutet dies eine konsequente Optimierung über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. 

Yes we can: Circular Economy als Erfolgsrezept

Unternehmen können auf verschiedene Muster zirkulärer Geschäftsmodelle zurückgreifen. Dazu gehören:

  • Optimierung der Ressourcennutzung, um Kostenvorteile zu erzielen oder die Resilienz in der Lieferkette zu stärken,
  • Regeneration und Aktivierung von Naturkapital als Teil der Wertschöpfung,
  • Monetarisierung der verlängerten Produktlebensdauer, zum Beispiel über Reparaturangebote oder Wiedernutzung, 
  • Wertschöpfung aus Abfällen, indem proaktiv das Recycling mitgedacht wird, 
  • Servitisierung von Produkten (Product-as-a-Service), bei der nicht das physische Produkt, sondern dessen Nutzung oder das Ergebnis verkauft wird, um den Ressourcenverbrauch nachhaltig zu reduzieren.

Die Zauberformel lautet Product-as-a-Service

In Zeiten zunehmender Umweltrestriktionen können diese serviceorientierten Geschäftsmodelle für Unternehmen nachhaltiger und wirtschaftlich rentabler sein. Dabei kann zwischen den Modellen Pay-per-Use (Abrechnung nach Nutzungszeit) und Pay-per-Outcome (Abrechnung nach Leistungseinheit) unterschieden werden, die jeweils unterschiedliche Anreize setzen. Im Zielzustand bedeutet dies: Dematerialisierung – bei gleichzeitiger Steigerung des Nutzens – und industrieller Wandel von der Produkt- zur Dienstleistungsökonomie. As-a-Service kann die goldene Formel sein, die bisher für die Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch gefehlt hat. 

Die Beispiele sind bereits Realität oder werden aktuell erprobt: Hilti betreibt Bohrmaschinenflotten im Service, Trumpf bietet Werkzeugmaschinen im „Pay-per-Part“-Modell an, BSH vermietet Waschmaschinen (BlueMovement), Rolls-Royce berechnet Turbinen nach Betriebsstunden, Signify fokussiert sich auf Licht-als-Service und Michelin stellt Reifen nach gefahrenen Personenkilometern in Rechnung. 

Diese Geschäftsmodelle verkaufen nicht das physische Produkt, sondern die erbrachte Leistung oder Funktionalität. Sie kombinieren ein Produkt mit einer Dienstleistung zu einem Produkt-Service-Bündel, das spezifische Kundenbedürfnisse erfüllt. Wenn die Hersteller oder Anbieter das Eigentum an den Produkten behalten und sich auf die Leistung konzentrieren, entstehen starke Anreize, die Produkte effizienter, langlebiger und ressourcenschonender zu gestalten und dabei den Kundennutzen bestmöglich zu optimieren. Richtig umgesetzt, können diese Modelle die Grundlage für ein zirkuläres und nachhaltiges Wirtschaftssystem werden.

Das Bilanz-Dilemma als Herausforderung

Wird sich Product-as-a-Service in Zukunft ähnlich erfolgreich entwickeln wie Software-as-a-Service in der IT-Branche? Der Wandel hat einige Herausforderungen zur Folge. Produktentwicklungen müssen an den Anwendungsfall angepasst und die operativen Prozesse wie die Rückwärtslogistik effizient organisiert werden. Eine besondere Herausforderung auf der Kapitalseite ist das sogenannte „Bilanz-Dilemma“. Unternehmen, die As-a-Service-Modelle einführen, müssen sich auf eine Erweiterung ihrer Bilanz einstellen, während Kunden von einer Verlagerung von CapEx (Investitionsausgaben) zu OpEx (Betriebsausgaben) profitieren. Das bedeutet, dass der Kunde weniger Kapital investieren muss und flexibler ist, während der Anbieter mehr Kapital für Betrieb und Wartung benötigt. 

Dem steht gegenüber, dass ein As-a-Service-Geschäftsmodell über einen langen Produktlebenszyklus zu deutlich höheren kumulierten Gewinnen führen kann. Entscheidend für den Erfolg dieser neuen Geschäftsmodelle ist, die Balance zwischen langfristigem Nutzen und kurzfristigem Finanzierungsbedarf zu finden. Um dieses Dilemma zu überwinden, gibt es verschiedene strategische Optionen, die Anbieter nutzen können, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten. 

  • (A) Das Unternehmen behält das Eigentum an den Vermögenswerten und refinanziert diese durch Kredite oder Eigenkapital. 
  • (B) Sale-and-Leaseback: Der Anbieter verkauft den Vermögenswert an einen Finanzpartner und least diesen dann zurück, um ihn weiterhin als Teil des As-a-Service-Modells zu nutzen. 
  • (C) Durch Special Purpose Vehicles, also zum Beispiel durch die Gründung einer eigenen Gesellschaft, welche die Vermögenswerte besitzt und betreibt, kann der Anbieter diese aus seiner Bilanz auslagern. 
  • (D) Angepasste, traditionelle Leasing- oder Finanzierungsmodelle in Partnerschaft mit dem Kunden. 

Zwischen Ressourcenschutz und Profit

XaaS hat insgesamt ein enormes Potenzial für eine nachhaltige Zukunft, da das Geschäftsmodell nicht nur ressourcenschonender, sondern auch profitabler ist als das gegenwärtige. Unternehmen, welche diese Chance servicebasierter Geschäftsmodelle erkennen, können damit nicht nur ihren eigenen Erfolg steigern, sondern auch aktiv zur Schonung von Ressourcen und zur Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft beitragen.

Julia Binder ist Professorin für nachhaltige Innovation und Unternehmenstransformation sowie Leiterin des Programms „Creating Value in the Circular Economy“ an der IMD Business School. 

Manuel Braun ist Direktor bei Systemiq und Dozent an der TU München. Gemeinsam haben sie im Sommer 2024 das Buch „The Circular Business Revolution“ veröffentlicht. 

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Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 01/2025 von forum Nachhaltig Wirtschaften. Wir danken der Redaktion für die freundliche Genehmigung zur Zweitveröffentlichung.


Schlagworte zum Thema:  Kreislaufwirtschaft , Innovation
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