Change Agents for Sustainability

Eine neue Untersuchung stellt sechs Archetypen von „Change Agents for Sustainability“ vor. Diese zeigen auf, wer in Unternehmen mit welchen Kompetenzen am effektivsten agiert. Die klare Botschaft ist, dass jede:r das Potenzial hat, Katalysator für Veränderungen zu sein und positive Organisationsentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit voranzutreiben.

Transformation von Innen

Während externe Faktoren – z.B. regulatorische Vorgaben oder Wettbewerbsdruck – den Rahmen setzen, sind die Menschen innerhalb eines Unternehmens wichtige Treiber des organisatorischen Wandels. Es besteht allgemeiner Konsens über die Dringlichkeit, für Unternehmen, innerhalb der ökologischen Grenzen der Erde zu operieren und zum gesellschaftlichen Wohlergehen beizutragen. Trotzdem kämpfen Unternehmen damit, Nachhaltigkeit in ihre Kernpraktiken zu integrieren. Neue Forschung benennt, wer in Unternehmen den notwendigen Wandel zur Nachhaltigkeit katalysieren kann und wie sie dies tun: Es sind die Change Agents for Sustainability. Diese Akteure sind nicht auf eine einzige Rolle beschränkt. Vom CEO bis Mitarbeiter:innen an der Basis können alle Change Agents sein:

„Change Agent for Sustainability bezieht sich auf jedes Mitglied eines Unternehmens, das bewusst den notwendigen radikalen Wandel einer Organisation verfolgt und effektiv zu einer Gesellschaft beiträgt, die innerhalb der sicheren und gerechten Erdsystemgrenzen funktioniert.“ Aufbauend auf dieser Definition, sind die Change Agents for Sustainability in Unternehmen allgemein dadurch gekennzeichnet, dass sie …

  • … absichtlich eine (eher radikalere als weniger radikale) organisatorische Veränderung für Nachhaltigkeit anstreben;
  • … starke Überzeugungen und gemeinsame Werte besitzen, dass Nachhaltigkeit ein wesentliches, zielgerichtetes Ziel ist, das mit höchster Priorität erreicht werden muss;
  • … Wirkungsbereiche über die organisatorischen Grenzen hinaus ansprechen, einschließlich Märkte, Konsumverhalten und Lebensstile, um allen Menschen zu ermöglichen, die UN-SDGs zu erreichen und innerhalb der Grenzen des Erdsystems zu bleiben;
  • … Bewertungs- und Performancekriterien anwenden, die notwendigen Fortschritt in Sachen Nachhaltigkeit über die organisatorischen Grenzen hinaus adressieren; und
  • … Kompetenzen und Fähigkeiten kombinieren, die es ihnen ermöglichen, effektiv in ihrem Streben nach Schaffung von Veränderungen für Nachhaltigkeit zu sein.

Sechs Archetypen von Change Agents for Sustainability

Sechs unterschiedliche Arten von Change Agents for Sustainability gibt es typischerweise in Unternehmen. Die (1) Strategischen Change Agents for Sustainability sind im Top-Management zu finden und sind entweder formalisiert als Chief Sustainability Officer oder als Aktivisten in der C-Suite tätig, während die (2) Internen Unterstützer von ihrer Basis der dedizierten Corporate Sustainability Abteilung aus agieren. Die (3) Hauptgeschäftlichen Operativen sind mittleres Management in den Hauptgeschäftsfunktionen und integrieren Nachhaltigkeitsentscheidungen in die tägliche Praxis, zum Beispiel für den gesamten Einkauf. Etwas spezialisierter sind die (4) Funktionalen Change Agents for Sustainability. Auch dieser Archetyp agiert in den Hauptgeschäftsfunktionen und ist dann beispielsweise im Einkauf für den sozialen Auditprozess verantwortlich. Soziale Intrapreneure oder auch Mitarbeiteraktivisten mit starken Bindungen an organisatorische Prozesse ohne formalisierte Nachhaltigkeitsrolle oder -aufgabe sind die (5) Informellen Change Agents for Sustainability. Unternehmen bekommen durch Berater oder auch strategische Allianzpartner wichtige externe Impulse auf allen Ebenen des Nachhaltigkeitsmanagements, dies sind die (6) Externen Unterstützer:innen. Auch wenn diese außerhalb der ‚Inside-Out‘ Parameter der unternehmerischen Change Agents for Sustainability fallen, können die internen (1) bis (4) Change Agents for Sustainability oft von den externen Unterstützer:innen profitieren. Für mich als Forscherin mit tiefer Praxisverankerung ist diese ‚Outside-In‘ Ergänzung der Archetypen wunderbar, denn meiner Erfahrung nach sind die externen Unterstützer:innen wesentlich, um neue Schlüsselerkenntnisse und Prozesse schnell in Unternehmen zu tragen.

Change Agents for Sustainability

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All Hands on Deck

Drei Ziele verfolgen die Aktivitäten der Change Agents for Sustainability. Erstens, die Weiterentwicklung des Unternehmenszwecks mit einhergehender Veränderung von Vision, Leitbild und Unternehmenszielen. Zweitens, die Revision organisatorischer Prozesse durch Veränderung von Arbeitsabläufen, Managementwerkzeugen und -systemen. Die Personalentwicklung im Unternehmen rundet die drei Ziele ab mit Wandel von individuellen Werten, Fähigkeiten und Verhaltensweisen. Zum Erreichen der Ziele werden Schlüsselkompetenzen benötigt, um die erwünschten Veränderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu initiieren, skalieren und verankern, sowie längerfristig zu bewahren.

Strategische Change Agents for Sustainability (1) beispielsweise bringen Geschäftsstrategien mit Nachhaltigkeitszielen in Einklang durch Kommunikationsfähigkeit gepaart mit organisatorischen und kommerziellen Kompetenzen, während interne Unterstützer:innen (2) der Nachhaltigkeitsabteilungen eine entscheidende Rolle bei der Koordinierung und Kommunikation dieser Bemühungen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens spielen. Unterdessen verankern operative (3) und funktionale (4) Change Agents die Nachhaltigkeit in den täglichen Geschäftsoperationen und stellen sicher, dass rollen-spezifisches Fachwissen mit fachlichem Nachhaltigkeitswissen gut getaktet zusammenspielt, wobei die Operativen Change Agents for Sustainability (3) zusätzlich Führungskompetenzen aufweisen sollten. Die informellen Change Agents (5) sind insbesondere durch bereichsübergreifende Kommunikationsfähigkeit gekennzeichnet und können effektive ‚Kaffeeplausch-Influencer‘ sein. Bereichsübergreifende Kompetenzen und Kommunikationsfähigkeit weisen auch die externen Unterstützer:innen (6) auf, jedoch müssen sie zusätzlich durch Best-Practice-Wissen und nachgewiesene Nachhaltigkeitsexpertise glänzen, da ihre Kompetenzen interne Lücken im Unternehmen füllen müssen.

„Unsere vorgeschlagenen sechs Archetypen von Change Agents for Sustainability spiegeln die allgemeine Idee wider, dass die Transformation eines Unternehmens von innen heraus einen ‚All-Hands-on-Deck‘-Ansatz erfordert: Nachhaltigkeit muss von allen Managementebenen und Abteilungen unterstützt werden und von allen Akteuren in einer Organisation realisiert werden.“

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Dieser Beitrag basiert auf dem Forschungsartikel von Stefan Schaltegger, Verena Girschik, Hannah Trittin-Ulbrich, Ilka Weissbrod und Thibault Daudigeos. Der Artikel (englischsprachig) ist frei verfügbar, trägt den Titel ‘Corporate change agents for sustainability: transforming organizations from the inside out’, und ist erschienen als Leitbeitrag im Sonderheft zu Change Agents im Journal ‘Business Ethics, the Environment & Responsibility’ mit fünf Artikeln von insgesamt 18 Autor:innen.