Nachhaltigkeitskongress 2022: Rückblick
Transformation brauche Mut, Vertrauen und Verantwortung. Das sagte Christoph Bertling in seinen einleitenden Worten zum Nachhaltigkeitskongress 2022. Mit Transformation meinte der Geschäftsführer von Fachmedien Otto Schmidt in diesem Fall nicht die digitale, sondern die „grüne“ hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften.
Nachhaltigkeit und Wirtschaften – und das explizit in dieser Verbindung, denn ohne den Impuls von der wirtschaftlichen Seite funktioniere es nicht, betonte Bertling. An zwei Konferenztagen und einem Workshoptag ging es in diesem Sinne um Businessstrategien, Technologie, Ethik und regulatorische Aspekte.
Thematisch breit gefächert, mit einzelnen Ausfällen
Der Veranstalter hat zusammen mit Kongressleiter Prof. Dr. Andreas Löschel (Ruhr-Universität Bochum) ein thematisch sehr abwechslungsreiches und zugleich stimmiges Programm zusammengestellt. Schade war lediglich, dass krankheits- und terminbedingt mehrere Sprecherinnen und Sprecher kurzfristig ausfielen. Im Winter 2022 wird es nicht die letzte Veranstaltung gewesen sein, die mit dieser Problematik konfrontiert ist.
Nichtsdestotrotz setzten die Veranstalter auf eine reine Präsenzveranstaltung. Nicht zuletzt, um den Anspruch der Veranstaltung eine „Diskussionsplattform für Entscheider, Experten und Interessierte“ zu sein, mit Leben zu füllen. Laut Projektleiterin Anne Bieler-Brockmann sei vor allem das „World Café“ hybrid nur schwer umsetzbar. In diesem Format hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, direkt mit Experten zu diskutieren und ihre eigenen Anwendungsfälle einzubringen. So wurde die Brücke geschlagen von politischem Gestaltungswillen und Regulatorik hin zur ökonomischen Praxis.
„Vier Dimensionen der Nachhaltigkeit“
Ein inhaltliches Highlight war der Vortrag von Dr. Martin von Broock (Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik) über soziale Nachhaltigkeit. Der Wirtschaftsethiker beschrieb die negativen Folgen der Wahrnehmung wachsender sozialer Ungleichheit. Diese betreffen auch Unternehmen. Es gehe nicht um die „licence to operate“ für einzelne Akteure, sondern um das gesamte Lizenzsystem. Von Brook forderte „keine bessere Verteilung im schlechten Spiel, sondern die Investition in bessere Spielfelder.“ Wie genau Unternehmen dazu beitragen können, blieb allerdings offen. Nur so viel sei klar: „Soziale Nachhaltigkeit heißt nicht Wohltätigkeit“, denn das sei die sogenannte „CSR-Falle“.
Die daran anschließende Podiumsdiskussion zu den vier Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Ökologie, Ethik, Regulatorik) ordnete deren Implikationen für die Unternehmenstransformation weiter ein. Iris Braun, Gründerin und Geschäftsführerin von Share, wies auf die Verantwortung von Unternehmen hin. Sie strahlen Emotionen aus und können dadurch komplexe Sachverhalte wie zum Beispiel Nachhaltigkeit begreifbar machen. Durch ihre Produkte und ihr Marketing formulieren sie – Braun zufolge – soziale Normen und können erwünschte Handlungsmuster in der Gesellschaft fördern.
Nachhaltigkeit als Strategieaufgabe
Dr. Petra Wicklandt zeigte am Beispiel Merck, wie Nachhaltigkeit in die Business-Strategie von Unternehmen eingebunden werden kann. Dazu brauche es in erster Linie einen Vorstand, der davon überzeugt ist. Im Fall ihres Arbeitgebers sei Nachhaltigkeit eines von vier Unternehmenszielen – und damit auch bonusrelevant. Operationalisiert wird das mithilfe sogenannter „R&D Sustainability Scorecards“ für alle Geschäftsbereiche. Diese sollen gewährleisten, dass neue Produkte nachhaltiger werden. Aus Produktsicht sei es zentral, dass Nachhaltigkeit immer mit Innovation einhergehe – nachhaltigere Produkte müssen für Kunden auch die „besseren“ sein, um angenommen zu werden.
Nachhaltigkeit bedeute nicht zuletzt auch Resilienz, wie Alix Chambris von Viessmann hervorhob. Daher sollten Unternehmen nicht trotz, sondern gerade wegen der aktuellen multiplen Krisen auf Nachhaltigkeit setzen. Die Viessmann Gruppe investiere schon seit 2010 in den Abbau von CO2-Emissionen. Das zahle sich laut Chambris heute aus – andernfalls wären die Folgen der Gaskrise für das Heiztechnik-Unternehmen viel gravierender.
Econic Start-Up-Award
Im Rahmen des „Econic Start-Up-Awards“ präsentierten drei junge Unternehmen ihre Geschäftsmodelle und stellten sich damit dem Publikumsentscheid:
- Manaomea nutzt Textilabfälle als Rohstoffquelle und stellt daraus einen nachhaltigen Holzersatz her.
- Cozero möchte Unternehmen mit seiner Software-as-a-Service-Plattform zum datengetriebenen Klimamanagement befähigen.
- Publikumsliebling wurde das Unternehmen Planner AI, das mit Künstlicher Intelligenz gegen Lebensmittelverschwendung vorgehen möchte.
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