Nutzungsüberlassung eines Miteigentumsanteils an ein Kind
Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG liegt auch dann vor, wenn die Wohnung einem nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind überlassen wird. Dies gilt aber nicht, wenn die Wohnung nach dem Auszug des Steuerpflichtigen aus dem gemeinsamen Familienheim nicht einem Kind zur alleinigen Nutzung, sondern auch einer anderen - ggf. auch unterhaltsberechtigten - Person wie der ehemaligen Lebensgefährtin und Kindesmutter zur gemeinsamen Nutzung mit dem Kind überlassen wird (vgl. Hessisches FG, Urteil v. 30.09.2015, 1 K 1654/14, Alleineigentumsfall).
Wie aber ist der Sachverhalt zu beurteilen, wenn der Steuerpflichtige lediglich einen Miteigentumsanteil besitzt und vorgibt, dass dieser ausschließlich dem Kind zur Nutzung überlassen wird?
Beispiel: A und B haben einen gemeinsamen Sohn. Sie erwarben in 2016 ein Einfamilienhaus zu jeweils hälftigem Miteigentum, welches sie gemeinsam bewohnten. Aufgrund der Trennung von B zog A in 2018 aus dem gemeinsamen Haus aus. In 2020 veräußerte A seinen hälftigen Miteigentumsanteil an B.
Veräußerungsgewinn bei Überlassung an minderjährigen Sohn? Überlassung auch an B?
Das Finanzamt setzte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2020 einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn an. Hiergegen legte A mit der Begründung Einspruch ein, dass die Überlassung des Miteigentumsanteils an das minderjährige Kind eine Selbstnutzung des Anteils gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist.
Nach Auffassung des Finanzamts kommt die Ausnahmeregelung nicht in Betracht, da A seinen Miteigentumsanteil an den minderjährigen Sohn (zum Zeitpunkt des Auszugs 10 Jahre) nicht zu dessen alleiniger Nutzung überlassen hat, sondern von B und ihm gemeinsam bewohnt wurden. A vertritt dagegen die Auffassung, dass das o. a. Urteil des FG Hessen, wonach eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht vorliegt, wenn die Wohnung nach dem Auszug des Steuerpflichtigen nicht einem nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind zur alleinigen Nutzung, sondern auch einer anderen Person, wie der ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter des Kindes, überlassen wird, hier nicht anwendbar sei.
Er sei nicht Alleineigentümer der Wohnung, sondern lediglich Inhaber des hälftigen Miteigentumsanteils des Einfamilienhauses gewesen. Diesen hälftigen Miteigentumsanteil habe er nicht B, sondern ausschließlich dem Sohn unentgeltlich überlassen. Daher liege eine Selbstnutzung i. S. des § 23 EStG vor. Die Frage, ob das Kind, der im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung 10 Jahre alt war, in der Lage war, selbständig einen Haushalt zu führen, sei nicht relevant.
FG München besteuert Veräußerungsgewinn wegen fehlender Haushaltsführung
Das FG München vertritt die Auffassung des Finanzamts (Urteil v. 11.3.2021, 11 K 2405/19). Zwar sei es zivilrechtlich möglich, einen Miteigentumsanteil an eine dritte Person zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" erfordere aber in der Regel das Führen eines eigenständigen Haushalts.
Der Begriff "Haushalt", der auch in § 35a EStG Verwendung findet, sei gesetzlich nicht näher bestimmt. Hierunter sei im Rahmen des § 35a EStG, auf den hier zurückgegriffen werden könne, die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen. Das Wirtschaften im Haushalt umfasst Tätigkeiten, die für die Haushaltung oder die Haushaltsmitglieder erbracht werden. Dazu gehören u. a.
- Einkaufen von Verbrauchsgütern,
- Zubereitung von Mahlzeiten,
- Wäschepflege,
- Reinigung und Pflege der Räume,
- des Gartens und auch Pflege,
- Versorgung und Betreuung von Kindern.
Es sei nicht vorstellbar, dass ein - hier - 10-jähriges Kind eigenständig anteilig den Haushalt eines Einfamilienhauses führt und dabei etwa regelmäßig die Reinigung der Räume übernimmt und anfallende Reparaturen und Gartenarbeiten durchführt oder auf eigene Rechnung in Auftrag gibt. Vielmehr sei davon auszugehen, dass das Kind ab dem Auszug im Haushalt von - hie r– B lebte und A seinen hälftigen Miteigentumsanteil dafür sowohl dem Kind als auch B überlassen hat.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Gegen die Entscheidung des FG München läuft ein Revisionsverfahren vor dem BFH. Vergleichbare Fälle können offen gehalten werden, bis der BFH (Az: IX R 11/21) entschieden hat.
Im konkreten Fall geht es zunächst um die Frage, ob der Tatbestand des § 23 EStG auch bei einer Trennung und der danach zeitlich folgenden Ehescheidung erfüllt ist, wenn im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung die Ehefrau mit der Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses drohte, um den Ehemann zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen. Ein privates Veräußerungsgeschäft hat das FG m. E. zutreffend bejaht.
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