Neuregelung des häuslichen Arbeitszimmers und der Pauschalen

Die ertragsteuerliche Berücksichtigung der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG wurde ab dem VZ 2023 neu geregelt. Der Beitrag zeigt in der Praxis bedeutsame Fallbeispiele.

Altregelung bis 31.12.2022

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der bis 31.12.2022 geltenden Fassung durften Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies galt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wurde die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt: Die Beschränkung der Höhe nach galt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete.

Zusätzlich gab es in den Jahren 2020 bis 2022 eine Homeoffice-Pauschale von 5 EUR pro Tag, höchstens aber 600 EUR (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 4 EStG), welche aber nur für die Tage galt, an denen ausschließlich zu Hause gearbeitet wurde. Hier war es unbeachtlich, ob beim Arbeitgeber ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Neuregelung ab 1.1.2023

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der ab 2023 geltenden Fassung sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht abzugsfähig (vgl hierzu auch den Beitrag zum Jahressteuergesetz 2022). Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1.260 EUR (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 EUR um ein Zwölftel.

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG kann für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 EUR (Tagespauschale), höchstens 1.260 EUR im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Der Abzug der Tagespauschale ist aber nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgezogen werden können oder soweit ein Abzug für ein häusliches Arbeitszimmer nach Nr. 6b vorgenommen wird.

Gegenüberstellung von Alt- und Neuregelung

Bei der Gegenüberstellung von Alt- und Neuregelung ergeben sich für die bisherigen Voraussetzungen folgende Veränderungen:

Häusliches Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt

  • bis 31.12.2022 => tatsächliche Aufwendungen
  • ab 1.1.2023 => tatsächliche Aufwendungen oder Jahrespauschale

Häusliches Arbeitszimmer + kein anderer Arbeitsplatz

  • bis 31.12.2022 => tatsächliche Aufwendungen bis 1.250 EUR
  • ab 1.1.2023 => Tagespauschale bis 1.260 EUR (ist dauerhaft ein anderer Arbeitsplatz vorhanden, muss die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und der andere Arbeitsplatz darf nicht aufgesucht werden)

Arbeitsecke

  • bis 31.12.2022 => Homeoffice-Pauschale bis 600 EUR (ausschließlich zu Hause gearbeitet)
  • ab 1.1.2023 => Tagespauschale bis 1.260 EUR (überwiegend in der häuslichen Wohnung gearbeitet und der andere Arbeitsplatz darf nicht aufgesucht werden oder dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz vorhanden)   

Weitere Veränderungen und Praxis-Beispiele werden im Folgenden dargestellt:

Beispiel 1: Aufteilung des Abzugsbetrages bei mehreren Tätigkeiten

A nutzt ein häusliches Arbeitszimmer zu 50 % für eine nichtselbständige Tätigkeit und zu 50 % für eine gewerbliche Nebentätigkeit. Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung liegt im häuslichen Arbeitszimmer. Die tatsächlichen Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer betragen 1.500 EUR.

Lösung: Auch nach der bisherigen Regelung war es so, dass bei Ausübung mehrerer betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen ist. Demnach wären hier beiden Einkunftsarten jeweils 750 EUR (50 %) zuzuordnen. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber im Rahmen der Neuregelung nicht, wenn der Steuerpflichtige auf eine Aufteilung der Aufwendungen oder der Jahrespauschale (sowie auch der Tagespauschale) auf die verschiedenen Tätigkeiten verzichtet und diese insgesamt einer Tätigkeit zuordnet (BMF, Schreiben v. 15.8.2023, BStBl 2023 I S. 1551 Rz. 17). Ordnet A hier den kompletten Betrag der gewerblichen Tätigkeit zu, könnte dies den Vorteil haben, dass ihm noch der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in voller Höhe (1.230 EUR) zur Verfügung steht.

Beispiel 2: Tagespauschale bei doppelter Haushaltsführung

A unterhält ganzjährig eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung. Er arbeitet an 50 Tagen im Homeoffice in seiner Zweitwohnung und an 50 Tagen am Ort des eigenen Hausstandes. 120 Tage arbeitet er an seiner ersten Tätigkeitsstätte. Die Unterkunftskosten am Ort der ersten Tätigkeitsstätte betragen monatlich 1.025 EUR.

Lösung: A kann hier für 50 Tage die Tagespauschale geltend machen, da er 50 Tage in seiner Wohnung am Ort des eigenen Hausstandes im Homeoffice gearbeitet hat. Unstreitig ist aber grundsätzlich auch, dass für die weiteren Home-Office-Tage in der Zweitwohnung ein Abzug nicht in Betracht kommt, da die Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgezogen werden können. Dies stellt eine Verschärfung der früheren Regelung dar, weil die Homeoffice-Pauschale zusätzlich geltend gemacht werden konnte.

Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung können nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG aber nur höchstens mit 1.000 EUR im Monat berücksichtigt werden. Dies führt hier dazu, dass ein nichtabziehbarer Aufwand i. H. v. 300 EUR verbleibt. Für diesen Fall lässt die Finanzverwaltung zu, dass die Tagespauschale auch für die Zweitwohnung geltend gemacht werden kann. Eine Deckelung auf die tatsächlichen Unterkunftskosten ist dabei nicht vorzunehmen (Rz. 38 des o. g. BMF-Schreibens).

Beispiel 3: Abzug von tatsächlichen Aufwendungen/Jahrespauschale und Tagespauschale

Das häusliche Arbeitszimmer von A bildet von Januar bis Juni 2023 den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit. Ab Juli ist die häusliche Wohnung zwar immer noch der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit, sein Arbeitszimmer steht ihm aber durch die Geburt seines Kindes nicht mehr zu Verfügung. Daher verlagert A seine Tätigkeit in eine Arbeitsecke im Wohnzimmer. Die Arbeitsecke nutzte er ab Juli an 115 Tagen. An diesen Tagen suchte A auch nicht seine erste Tätigkeitsstätte auf. Für den Zeitraum Januar bis Juni wählt er den Abzug der Jahrespauschale.

Lösung: Hier kann A für den Zeitraum Januar bis Juni 2023 Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG geltend machen, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Er wählt die Berücksichtigung der Jahrespauschale, welche nur zeitanteilig zu berücksichtigen ist, da ab Juli 2023 kein häusliches Arbeitszimmer mehr vorliegt (daher 1.260 EUR x 6/12 = 630 EUR).

Zwar ist ein Abzug der Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nicht zusätzlich zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder zur (anteiligen) Jahrespauschale für denselben Zeitraum zulässig; die Finanzverwaltung hat aber mitgeteilt (Rz. 39 des o. g. BMF-Schreibens), dass für den Teilzeitraum, in dem die die Abzugsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht vorliegen, der Abzug der Tagespauschale in Betracht kommt.

Dies ist hier ab Juli 2023 bei A der Fall, da zwar kein häusliches Arbeitszimmer mehr vorliegt, er aber überwiegend im Homeoffice beruflich tätig war und an den 115 Tagen nicht seine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht hat. Somit kann A neben der Jahrespauschale von 630 EUR (für das erste Halbjahr) auch noch die Tagespauschale von 690 EUR (115 Tage x 6 EUR, für das zweite Halbjahr) geltend machen. Dies macht eine Gesamtsumme von 1.320 EUR aus. Es handelt sich um unterschiedliche Pauschalen (für Arbeitszimmer und Homeoffice) und im Gesetz wird nicht erwähnt, dass die Summe aus Jahres- und Tagespauschale nur 1.260 EUR betragen darf.

Beispiel 4: Lehrer erhalten nun grundsätzlich immer 1.260 EUR

A ist Lehrer und geht 195 Tage in die Schule. Bisher hat er tatsächliche Aufwendungen für sein Arbeitszimmer i. H. v. 750 EUR geltend gemacht.

Lösung: A kann nun für die 195 Tage im Arbeitszimmer (würde auch für eine Arbeitsecke gelten) 6 Euro pro Tag geltend machen, da ihm dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz (wie bisher auch) in der Schule zur Verfügung steht. Allein dies stellt gegenüber der bisherigen Regelung (750 EUR abzugsfähig) schon eine Verbesserung dar. Zusätzlich kommen aber auch noch die unterrichtsfreien Tage (Ferien) und teilweise die Wochenenden dazu, an denen der Lehrer auch Tätigkeiten zu Hause verrichtet. Demnach wird der Lehrer regelmäßig auf 210 Tage kommen, sodass der Höchstbetrag i. H. v. 1.260 Euro ausgeschöpft wird.

Aktueller Fall aus der Rechtsprechung

Im Rahmen eines Klageverfahrens vor dem FG Münster (Urteil vom 15.12.2023 - 12 K 1090 21 E) nutzte der Kläger sein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestelltes Büro zusammen mit einem anderen Kollegen. Der Kläger hatte in den Streitjahren einen Schlüssel zum dienstlichen Bürogebäude und dort jederzeit Zutritt.

Seit seinem 57. Geburtstag hat er einen Anspruch auf Altersfreizeit und demgemäß jeden dritten Dienstag frei (insgesamt pro Jahr 17 Tage). An den Altersfreizeittagen und Krankheitstagen erledigte der Kläger aber trotzdem Arbeiten in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Er war diesbezüglich der Auffassung, dass ihm an insgesamt 27 Tagen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand (Abzugsbegehren über 1.250 EUR).

FG: "Anderer Arbeitsplatz" stand zur Verfügung

Das FG legte überzeugend dar, dass ein Abzug in Höhe von 1.250 EUR nicht möglich ist. Denn dem Kläger stand ein "anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung, nämlich sein betriebliches Büro. Dieses betriebliche Büro war zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt objektiv geeignet und stand tatsächlich für alle Aufgabenbereiche seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger an Altersfreizeittagen oder anderen arbeitsfreien Tagen in seinem häuslichen Büro arbeitete. Auch wenn der Kläger eilbedürftige Tätigkeiten ausführe, sei dennoch nicht nachvollziehbar, dass diese Tätigkeit an arbeitsfreien Tagen, Urlaubs- oder Krankheitstagen nur vom Kläger und – vor allem – nur von seinem häuslichen Büro aus ausgeführt werden könnte.

Ab dem VZ 2023 wird ein ähnliches Klageverfahren nicht mehr entstehen. Der Abzug eines häuslichen Arbeitszimmers ist ausgeschlossen, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt. Ein anderer Arbeitsplatz ist auch weiterhin (dauerhaft) vorhanden. Der Kläger könnte nun aber 162 EUR (27 Tage x 6 EUR) als Werbungskosten geltend machen, da an den 27 Tagen die berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und auch an diesen Tagen der andere Arbeitsplatz nicht aufgesucht wurde.