Bilanzierungskonkurrenz bei mehreren Besitzunternehmen

Es ist möglich, dass im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von mehreren Besitzunternehmen jeweils funktional wesentliche Betriebsgrundlagen an eine Betriebs-GmbH überlassen werden. In diesem Fall stellt sich die Frage, in welchem Betriebsvermögen bzw. Sonderbetriebsvermögen die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft zu erfassen sind.

Betriebsaufspaltung

Die wichtigste Rechtsfolge einer Betriebsaufspaltung besteht darin, dass die ihrer Art nach vermietende oder verpachtende, also vermögensverwaltende – nicht gewerbliche – Tätigkeit des Besitzunternehmens, in eine gewerbliche Tätigkeit umqualifiziert wird, die auch der Gewerbesteuer unterliegt.

Voraussetzung für diese Umqualifizierung ist, dass in beiden Unternehmen ein "einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille" entfaltet wird. Dieser setzt die sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem vermietenden Unternehmen (= Besitzunternehmen) und der gewerblichen Betriebsgesellschaft (sog. Betriebsunternehmen) voraus. In der "klassischen" Betriebsaufspaltung ist das Besitzunternehmen i.d.R. ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft, während das Betriebsunternehmen eine Kapitalgesellschaft, meist eine GmbH, ist.

Anteile an der Betriebs-GmbH als notwendiges Betriebsvermögen

Die Anteile an der Betriebs-GmbH gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens bzw. zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter des Besitzunternehmens, da sie die Durchsetzung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens gewährleisten (BFH, Urteil v. 23.7.1981, IV R 103/78; BFH, Urteil v. 4.7.2007, X R 49/06). Daher zählen auch die Gewinnausschüttungen der Betriebs-GmbH an das Besitzunternehmen bzw. an deren Gesellschafter zu den beim Besitzunternehmen zu erfassenden Einkünften aus Gewerbebetrieb, die dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) bzw. Teilabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG) unterliegen.

Mehrere Besitzunternehmen und eine Betriebs-GmbH

Es ist möglich, dass von mehreren Besitzunternehmen jeweils funktional wesentliche Betriebsgrundlagen an ein und dieselbe Betriebskapitalgesellschaft überlassen werden. Der BFH hat für diesen Fall die Möglichkeit des Entstehens von mehreren Betriebsaufspaltungen klargestellt. Da die sachliche Verflechtung bereits bei der Überlassung (nur) einer wesentlichen Betriebsgrundlage zu bejahen ist, kann ein Betriebsunternehmen mit mehreren Besitzunternehmen, die der Betriebsgesellschaft ihrerseits wesentliche Betriebsgrundlagen überlassen, jeweils weitere Betriebsaufspaltungen begründen (BFH, Urteil v. 18.6.2015, IV R 11/13).

Dies setzt allerdings auch eine personelle Verflechtung zwischen den verschiedenen Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen voraus. Isoliert betrachtet stellt die Beteiligung des Gesellschafters des Besitzunternehmens an dem Betriebsunternehmen bei jedem Besitzunternehmen unstreitig dem Grunde nach Sonderbetriebsvermögen II dar. Die Beteiligung kann trotzdem nur einem Besitzunternehmen zugerechnet werden, sodass eine sog. Bilanzierungskonkurrenz vorliegt.

Beispiel: Doppelte oder zweifache Betriebsaufspaltung

Gesellschafter der X-GmbH sind seit Jahren V und sein Sohn S zu je 50 %. V und S gründeten im Februar 2025 am selben Tag die Y-KG und die Z-KG. Auch an diesen beiden Gesellschaften sind V und S zu je 50 % als Gesellschafter beteiligt.

  • Die Y-KG erwirbt im Mai 2025 ein bebautes Grundstück, das sie der X-GmbH verpachtet.
  • Einen Monat später erwirbt die Z-KG ein Grundstück, das ebenfalls an die X-GmbH verpachtet wird.

Vorliegend handelt es sich um eine sog. doppelte oder zweifache Betriebsaufspaltung. Der BFH hat entschieden, dass die Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen im Fall einer Bilanzierungskonkurrenz bei "Doppel-Betriebsaufspaltung" an erster Stelle nach der zeitlichen Abfolge erfolgt.

Sind die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen hingegen gleichzeitig entstanden, folgt die Zuordnung nach qualitativen Kriterien. Das bedeutet, dass die GmbH-Anteile in diesem Fall bei der Besitzpersonengesellschaft zu aktivieren sind, für die die Anteile die größere qualitative Bedeutung haben (BFH, Urteil v. 10.5.2012, IV R 34/09). In einer neuen Entscheidung hat der BFH diese Rechtsprechung bestätigt (BFH, Urteil v. 19.9.2024, IV R 5/20).

Vorliegend sind die Anteile als Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter der Y-KG auszuweisen. Denn die Betriebsaufspaltung zwischen der Y-KG und der X-GmbH bestand schon in dem Zeitpunkt, in dem die Betriebsaufspaltung zwischen der Z-KG und der X-GmbH durch Kauf des zweiten bebauten Grundstücks begründet wurde.

Praxis-Tipp: Wahlrecht für Mitunternehmer

Ist eine zeitliche Reihenfolge nicht auszumachen, weil die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden sind, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien. Die GmbH-Anteile sind dann bei der Besitzpersonengesellschaft auszuweisen, für die sie die größere Bedeutung haben. Lässt sich auch kein qualitativer Unterschied erkennen, spricht nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung viel dafür, dass dem betreffenden Mitunternehmer ein Wahlrecht eingeräumt wird (Wendt, BFH/PR 2013 S. 253).

Übe er dieses nicht aus, indem er trotz Kenntnis von der mehrfachen Sonderbetriebsvermögenseigenschaft dieses bei keiner Mitunternehmerschaft erfasse, werde faktisch wohl das Finanzamt die Zuordnung dadurch bestimmen, dass es in dem ersten Bescheid für eine der Mitunternehmerschaften das (notwendige) Sonderbetriebsvermögen berücksichtigen muss.

Exkurs: Ein Besitzunternehmen und mehrere Betriebsunternehmen

Eine mehrfache Betriebsaufspaltung kann auch dadurch entstehen, dass ein Besitzunternehmen über mehrere wesentliche Betriebsgrundlagen verfügt und diese Betriebsgrundlagen verschiedenen Kapitalgesellschaften als Betriebsunternehmen zur Nutzung überlässt. Ist neben der sachlichen Verflechtung auch eine personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und den Betriebsunternehmen gegeben, liegt eine mehrfache Betriebsaufspaltung zwischen diesen Unternehmen vor (BFH, Urteil v. 11.11.1982, IV R 117/80). In diesem Fall entsteht allerdings keine Bilanzierungskonkurrenz. Die GmbH-Anteile an beiden Betriebskapitalgesellschaften sind jeweils als Sonderbetriebsvermögen der die personelle Verflechtung begründenden Gesellschafter des einzigen Besitzunternehmens zu bilanzieren.


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