Rz. 88
Eine Pensionsrückstellung darf nach § 6a Abs. 4 S. 1 EStG in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden (Teilwertdifferenz). Wesentlich für das Verständnis ist hierbei, dass für die Berechnung dieser Teilwertdifferenz die "richtigen" Teilwerte zu vergleichen sind, also diejenigen, die sich nach § 6a Abs. 3 EStG (Rz. 77ff.) ergeben, und nicht etwa die vom Stpfl. in seinen Bilanzen – insbesondere in der Schlussbilanz des vorangegangenen Wirtschaftsjahres – ggf. unrichtig ausgewiesenen Teilwerte. Diese Vorgehensweise berührt nicht den Grundsatz des Bilanzzusammenhangs (§ 5 EStG Rz. 30), denn trotz dieser Berechnung der Teilwertdifferenz aufgrund der Soll-Werte wird der in der Vorjahresschlussbilanz ausgewiesene Ist-Wert der Pensionsrückstellung in die Anfangsbilanz des laufenden Wirtschaftsjahres übernommen und fortgeschrieben. Lediglich die Höhe der steuerrechtlich zulässigen Fortschreibung (Zuführung) des aus der Vorjahresschlussbilanz übernommenen Bilanzwerts – und damit deren Gewinnauswirkung – wird auf der Grundlage der "richtigen" und nicht der bilanzierten Teilwerte der Pensionsverpflichtung ermittelt.
Die Regelung in § 6a Abs. 4 S. 1 EStG bewirkt zweierlei: Zum einen wird ein Höchstbetrag für die jährliche Zuführung zur Rückstellung festgelegt. Im Zusammenspiel mit dem Grundsatz des Bilanzzusammenhangs und der damit erforderlichen Übernahme des Werts aus der Vorjahresschlussbilanz als Wertansatz in die Bilanzeröffnung der Folgebilanz entsteht zum anderen ein Nachholverbot unterlassener Zuführungen, d. h., die in einem Wirtschaftsjahr unterlassenen Zuführungen können in einem späteren Wirtschaftsjahr grundsätzlich nicht nachgeholt werden.
Der Höchstbetrag für die jährlichen Zuführungen zu Pensionsrückstellungen ist in § 6a Abs. 4 S. 1 EStG unmittelbar geregelt. Das Nachholverbot ergibt sich als mittelbare Folge aus der Höchstbetragsregelung.
Rz. 88a
In jedem Wirtschaftsjahr darf die Pensionsrückstellung höchstens um diese Teilwertdifferenz erhöht werden. Dieser Höchstbetrag kann folglich auch nur in diesem Wirtschaftsjahr zugeführt werden. Eine Übertragung auf folgende Wirtschaftsjahre ist – ausgenommen in Verteilungsfällen (Rz. 91) – nicht möglich, denn im folgenden Wirtschaftsjahr ist eine Zuführung ebenfalls wiederum nur in Höhe der Teilwertdifferenz dieses Wirtschaftsjahres zulässig. Unterbleibt eine Zuführung in einem Wirtschaftsjahr ganz oder teilweise, so kommt es mithin zwangsläufig zu einem Rückstellungsfehlbetrag im Bilanzausweis in der Schlussbilanz. Dieser Fehlbetrag wird mit jeder den jeweiligen Höchstbetrag folgender Wirtschaftsjahre unterschreitenden Zuführung größer und gleicht sich erst in dem Wirtschaftsjahr aus, in dem das Nachholverbot endet (Rz. 88b).
Eine Verpflichtung, dass in der Schlussbilanz stets – also auch bei nicht ausreichender Zuführung und ggf. unter Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs – der "richtige" Teilwert der Pensionsverpflichtung auszuweisen wäre, enthält das Gesetz nicht.
Rz. 88b
§ 6a Abs. 4 S. 1 EStG bewirkt somit nicht nur eine Begrenzung des jährlich zulässigen Betriebsaufwands, die Vorschrift führt vielmehr darüber hinaus auch zu einem steuerrechtlichen Nachholverbot. Mit dieser gesetzgeberisch gewollten Regelung, die im Rahmen der Kodifizierung des BetrAVG eingeführt wurde, somit noch zu Zeiten der uneingeschränkten Geltung des Bilanzierungswahlrechts für Pensionsrückstellungen, sollten steuerlich motivierte willkürliche Rückstellungsbildungen und Gewinnverschiebungen verhindert werden.
Das Nachholverbot gilt nicht nur bei bewusster, sondern auch bei irrtümlicher Unterlassung einer rechtlich möglichen Rückstellung.
Allerdings lässt die Rspr. dennoch Ausnahmen vom Nachholverbot zu, wenn die Unterbewertung des Teilwerts durch staatliche Stellen veranlasst worden war oder einer zu niedrigen Zuführung auf Veranlassung des FA beruhte (vgl. H 6a Abs. 20 EStH 2018).
Zu einer Verminderung des Fehlbetrags aus tatsächlichen Gründen kann es zudem kommen, wenn der Teilwert der Pensionsrückstellung sich verändert, etwa weil sich der Verpflichtungsumfang verringert hat. Aufgrund des grundsätzlich geltenden Auflösungsverbots der Pensionsrückstellung (R 6a Abs. 21 S. 1 EStR 2012) bei weiter bestehender Verpflichtung darf die Pensionsrückstellung so lange nicht verringert werden, wie der Bilanzausweis noch durch den Teilwert gedeckt ist. Schließlich kann mangels eines Bilanzausweises im vorangegangenen Wirtschaftsjahr das Nachholverbot nicht eingreifen bei Bilanzierung im Erstjahr einer Pensionsrückstellung oder bei erstmaliger Bilanzierung nach Übergang von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung.
Das Nachholverbot endet, wie sich aus § 6a Abs. 4 S. 5 Halbs. 1 EStG ergibt, wenn das Dienstverhältnis unter Aufrechterhaltung der Anwartschaft endet (Ausscheiden des Arbeitnehmers während der Anwart...