Ein BSG-Urteil schafft Klarheit: In der Krankenversicherung können auch Personen wieder versicherungspflichtig werden, die zuvor von der KV-Pflicht auf Antrag befreit wurden.

Mit dem aktuellen Urteil (BSG, Urteil v. 25.5.2011 - B 12 KR 9/09 R) schafft das Bundessozialgericht (BSG) Klarheit in einer seit Jahrzehnten kontrovers geführten Debatte. Unstreitig ist, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht solange gilt, wie der ihr zugrunde liegende Tatbestand andauert. Lässt sich ein Arbeitnehmer wegen Anpassung der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) von der Versicherungspflicht befreien, gilt die Befreiung solange, wie das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis andauert. Nicht ganz eindeutig geregelt war bisher, ob die Befreiung auch weiterhin gilt, falls später Versicherungspflicht aufgrund eines ganz anderen Tatbestands eintritt.

Krankenversicherungspflicht: Befreiung auf Antrag (§ 8 SGB V)

Eine privat krankenversicherte Klägerin wurde 1998 durch die jährliche Anpassung der JAEG versicherungspflichtig. Um weiterhin privat versichert zu bleiben, hatte sie sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Der Befreiungsbescheid der Krankenkasse enthielt den Hinweis, dass die Befreiung auch beim Wechsel des Arbeitgebers gelte. Jedoch sei die Versicherungspflicht aufgrund anderer Gesetze, außerhalb des SGB V, trotz dieser Befreiung nicht ausgeschlossen. So könne die Klägerin etwa durch den Bezug von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig werden. Während der kurz darauf tatsächlich eingetretenen Arbeitslosigkeit bestand ab August 1998 wegen des Bezugs von Leistungen der Arbeitsagentur eine Krankenversicherungspflicht. Im Oktober 1998 nahm die Klägerin dann wieder eine Vollzeitbeschäftigung auf, die die Beteiligten aufgrund der Befreiung für krankenversicherungsfrei hielten. Nach der Geburt ihres ersten Kindes 2003 reduzierte die Klägerin ihre Arbeitszeit und übte eine Teilzeitbeschäftigung aus. Später beantragte sie dann die Feststellung der Versicherungspflicht. Der Befreiungsbescheid von 1998 sei aufzuheben, da sie wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung die Beiträge zur PKV für sich und ihre Kinder nicht mehr aufbringen könne.

BSG-Urteil: Neuer Tatbestand - erneute Versicherungspflicht

Das BSG teilt die Auffassung der Klägerin insoweit, als der Befreiungsbescheid nicht mehr wirksam ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Befreiungen gemäß § 8 SGB V nur auf das jeweilige Versicherungsverhältnis beschränkt und tatbestandsbezogen. Der Hinweis im Befreiungsbescheid 1998 entsprach damit der noch immer geltenden Rechtslage. Da die Klägerin vom 1.8.1998 an wegen Bezugs von Arbeitslosengeld zu Recht pflichtversichert war, endete damit die Wirkung der Befreiung „auf sonstige Weise“ (§ 39 Abs. 2 SGB X). Der für die Befreiung entscheidende Tatbestand der Beschäftigung als Angestellte endete vollständig. An seine Stelle trat ein anderer Tatbestand: die Versicherungspflicht aufgrund ALG-Bezugs. Die Klägerin blieb dann auch bei der erfolgten Wiederaufnahme einer Beschäftigung bei einem neuen Arbeitgeber im Oktober 1998 eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin, so die BSG-Richter.

BSG: Enger Rahmen für die Versicherungsfreiheit auf Antrag

Die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V wirkt jedenfalls nicht über das Ende des Versicherungspflichttatbestandes, für den die Befreiung ausgesprochen worden ist, hinaus, wenn dann Versicherungspflicht aufgrund eines ganz anderen Tatbestands eintritt. Fazit: Eine Versicherungsfreiheit infolge einer Befreiung auf Antrag kann als Ausnahme von der Versicherungspflicht immer nur eng begrenzt, und nur unter den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen angenommen werden.