Zuflusszeitpunkt von Direktversicherungsbeiträgen

Zahlt der Arbeitgeber im Rahmen einer Entgeltumwandlung Beiträge an eine Direktversicherung, so liegen unter Einhaltung der Voraussetzungen nach § 3 Nr. 63 EStG beim Arbeitnehmer steuerfreie Einnahmen vor (in 2015 bis zu 4.704 EUR steuerfrei). 

Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Daher gehört z. B. auch ein Versicherungsbeitrag für eine Direktversicherung zum Arbeitslohn. Erfolgt die Zahlung des Beitrags einmal jährlich, stellt er keinen laufenden Arbeitslohn, sondern einen sonstigen Bezug i. S. d. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG dar.

Zahlung kurze Zeit vor Beginn oder nach Beendigung des Kalenderjahres

Wird der Jahresbeitrag kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zu dem er wirtschaftlich gehört, gezahlt, stellt sich die Frage, ob die Beitragszahlung eine regelmäßig wiederkehrende Einnahme i. S. d § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist (10 Tages-Regelung) oder ob ein sonstiger Bezug nach § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG generell nur in dem Kalenderjahr bezogen wird, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt. Die Frage kann aus haftungsrechtlichen Gründen für den Arbeitgeber, als auch für den Arbeitnehmer hinsichtlich der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG interessant sein. 

Beispiel: Abbuchung am 8.1.2016

Arbeitnehmer B vereinbarte im Dezember 2015 mit seinem Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung und den entsprechenden Abschluss einer Direktversicherung. Die Versicherungsgesellschaft bot an, dass für 2015 noch die Steuervorteile nach § 3 Nr. 63 EStG gesichert werden könnten, sofern der Antrag bis zum 15.12.2015 zurückgesandt würde. Nach fristgerechtem Eingang des Antrags stellte die Versicherung mit Datum 20.12.2015 den Versicherungsschein aus. Aus diesem geht hervor, dass der Beitrag jährlich im Dezember zu zahlen ist. Der Jahresbeitrag 2015 i. H. v. 4.704 EUR wurde aber erst am 8.1.2016 beim Arbeitgeber abgebucht.

Regelmäßig wiederkehrende Einnahme oder sonstiger Bezug?

Laufender Arbeitslohn gilt in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet (§ 38a Abs. 1 Satz 2 EStG). Selbst wenn die Lohnabrechnung für den letzten Abrechnungszeitraum des Kalenderjahres erst im nachfolgenden Kalenderjahr, aber noch innerhalb einer Dreiwochenfrist vorgenommen wird, handelt es sich um Arbeitslohn des abgelaufenen Kalenderjahres (R 39b.5 Abs. 5 Satz 3 LStR 2015). Dagegen wird Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung erbringt (hier 8.1.2016, BFH, Urteil v. 25.11.1993, BStBl 1994 II S. 254). Erst zu diesem Zeitpunkt entsteht ein eigener unentziehbarer Anspruch des Arbeitnehmers auf die Versicherungsleistung (BFH, Urteil v. 23.06.2005, BStBl 2002 II S. 766).

§ 38a EStG ist Spezialregelung

In diesem Zusammenhang bestimmt aber § 11 Abs. 1 S. 2 EStG das regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres (10 Tage) zu dem sie wirtschaftlich gehören zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten. Zwar stellt die jährliche Beitragszahlung eine regelmäßig wiederkehrende Zahlung dar, allerdings ist in § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG geregelt, dass für Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG gilt. Dementsprechend hat das Finanzamt in einem Verfahren beim FG Köln die Auffassung vertreten, dass § 38a EStG eine Spezialregelung darstellt, wodurch die 10-Tages-Regelung für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vollumfänglich ausgeschlossen wird. 

Praxis-Tipp: FG Köln wendet 10-Tages-Regelung an

Das FG Köln (Urteil v. 24.09.2015, 15 K 3676/13, Haufe Index 8821162) ist aber der Auffassung, dass § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG für sonstige Bezüge Anwendung findet. Eine Spezialregelung liege nur für laufenden Arbeitslohn (3 Wochen-Frist) vor. Zwar verweise § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG auf § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG. Damit sei aber kein Ausschluss von § 11 EStG insgesamt gemeint. Vielmehr verweise die Vorschrift für Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge) ausdrücklich auf das Zuflussprinzip (so auch BFH v. 15.12.2011, BStBl 2012 II S. 415), sodass sich unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs der §§ 38 ff EStG und des § 11 EStG hieraus für sonstige Bezüge ein (Rück-) Verweis auf § 11 EStG ergäbe.

Daher stellt hier die Zahlung des Jahresbeitrags 2015 steuerfreien Arbeitslohn 2015 dar. Dem steht auch nicht entgegen, wenn die Fälligkeit des Erstbeitrags vor dem 21.12.2015 liegen sollte, weil aus der Rechtsprechung des BFH nicht erkennbar sei, dass für die Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG eine Fälligkeit innerhalb des 10-Tageszeitraums (vor Ablauf des Kalenderjahres) Voraussetzung ist.

Revision zugelassen

Da zu der Frage der Konkurrenz von § 11 Abs. 1 Satz 2 zu § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die kein laufender Arbeitslohn sind, bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist, hat das FG Köln die Revision zugelassen, welche auch eingelegt wurde (Az. des BFH: VI R 58/15).