Steuerkanzleien: Digitale Zusammenarbeit mit Mandanten

Viel ist in den letzten Wochen und Monaten vom digitalen Wandel zu lesen und zu hören. Kaum ein Steuerberaterkongress, der an diesem Thema vorbeikommt. Euphorie über die Chancen der neuen Technologie wechselt sich dabei ab mit Untergangsszenarien des Berufsstands.

Sogar die Bundesregierung fragt sich exemplarisch neben zwei weiteren Berufsgruppen, was Steuerberater in Zukunft machen, wenn deren Aufgabenfelder teilweise wegfallen.

Nachdem wir in den letzten Monaten in Steuerkanzleien beleuchtet haben, wie Sie mit Ihren Mitarbeitern erfolgreich in die Zukunft steuern (insb. im E-Magazin Steuer 1,  Sonderausgabe zum digitalen Wandel), nehmen wir nun die Zusammenarbeit mit Ihren Mandanten in den Fokus.

Mehr qualitative Beratung

Die Cloud als Heilsbringer der medienbruchfreien Zusammenarbeit, künstliche Intelligenz und Big Data sollen künftig für 90 % Automatisierung sorgen und Informationen in Echtzeit liefern. Die Zusammenarbeit zwischen Kanzlei und Mandant geht also in – die schon seit Jahrzehnten propagierte – Richtung qualitative Beratung. Buchungsroutinen und Formulare ausfüllen gehören dagegen der Vergangenheit an. Das klingt doch nach positivem Fortschritt.

Glaubt man diesen Prophezeiungen und schaut dann jedoch in die typische Steuerberater-BWA, tun sich Abgründe auf: Laut Umsatzverteilung fallen 25 % auf den Bereich Rechnungswesen und 14 % auf private Einkommensteuererklärung. Und auch von den 30 % Jahresabschlusstätigkeiten wird das eine oder andere wegrationalisiert. Diese "Honorarbastionen" werden durch automatisierte Prozesse als Erstes fallen. Welche Kanzlei verkraftet problemlos Honorarverluste in einer Größenordnung von 30 %? Bzw. wie können Kanzleien diese durch qualitativ beratende Tätigkeiten ausgleichen, wenn der Steuerberater der Flaschenhals ist und die Mitarbeiter dafür fehlen?

Keiner weiß, wie die Zukunft konkret aussehen wird

Die Veränderungsgeschwindigkeit und -dichte bei Technologien wie Cloud-Lösungen und App-Anwendungen ist so rasant, dass ein realistisches Bild für 2020 und darüber hinaus kaum möglich ist. Oder hätten Sie sich vor 10 Jahren die heutige Welt mit Smartphone, Facebook, Amazon & Co. vorstellen können?

Beispiel: Exponentielles Wachstum
Lineares Denken ist menschlich, exponentielles übersteigt unser Vorstellungsvermögen. Ein schönes Beispiel dazu (die Geschichte mit dem Schachbrett kennen die meisten inzwischen): Stellen Sie sich vor um 12 Uhr fällt ein Wassertropfen in das Bundesligastadion Ihres Lieblings-Erstligisten. Jede Minute verdoppelt sich die Anzahl der Tropfen, also
  • 12:01 - 2
  • 12:02 - 4
  • 12:03 - 8
  • 12:04 - 16
  • 12:05 - 32 usw.

Dann ist das Stadion um 12:45 Uhr zu 7% gefüllt. Um wie viel Uhr ist es zu 100% voll? Was schätzen Sie?Genau 4 Minuten später um 12:49 Uhr. In diesem Tempo wandeln sich Technologien - und mit ihnen ganze Branchen.

Merksatz: Der digitale Zug nimmt jetzt gerade volle Fahrt auf; wer noch nicht aufgesprungen ist, verpasst den Anschluss.

Viele Steuerberater fragen sich deshalb zu Recht, wie eine sinnvolle Strategie aussieht. Wer eher konservativ denkt, neigt dazu abzuwarten – mit der Gefahr, den Anschluss zu verpassen. Innovative Geister preschen vor - mit dem Risiko auf das falsche (Technik-) Pferd zu setzen und immer wieder von Null zu beginnen.

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