Steuerkanzlei: Mitarbeiter der Zukunft

Welche Tätigkeiten werden in der Steuerkanzlei in Zukunft gefragt sein und wie wirkt sich das auf die Mitarbeiterentwicklung aus?

Die ersten tatsächlichen Auswirkungen der Digitalisierung betreffen insbesondere Ihre Mitarbeiter. Wenn die "einfachen", automatisierbaren Tätigkeiten insbesondere in der Fibu wegfallen, müssen sich diese für höherwertige Aufgaben qualifizieren. Und das bald. Denn jede Steuerkanzlei, die noch mehr als 3 Jahre in unserem Berufsstand zubringen will, wird sich aktiv mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen müssen. In diesen 3 Bereichen soll der Mitarbeiter der Zukunft "fit" sein:

Bereich 1: Fachliche Fähigkeiten

Ihre Kanzlei wird immer mehr zur "echten" Beraterkanzlei werden müssen - also weniger Umsatz mit Fibu und Lohn, mehr Umsatz mit Beratung. Wenn Sie als Chef nicht der absolute Wissens-Engpass werden wollen, werden Sie Mitarbeiter brauchen, die Ihnen bei Beratungen zumindest zuarbeiten. Kleinere Beratungen müssen zunehmend auch durch Ihre Mitarbeiter selbst durchgeführt werden.

Bereich 2 Digitale Fähigkeiten

Geht es heute erst mal in den meisten Kanzleien "nur" um das Verarbeiten gescannter Belege, wird Ihre Kanzlei in der nahen Zukunft immer mehr zur digitalen "Datendrehscheibe" im Bermudadreieck Mandant - Kanzlei - Finanzverwaltung (und anderer externer Partner wie den Banken). Das Stichwort lautet hier: Schnittstellen. Die Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern wird nicht mehr per E-Mail sondern mittels Social Collaboration Lösungen - also Portalen zum Austausch von Informationen und Daten - gekennzeichnet sein.

Bereich 3: Persönliche Fähigkeiten in Kommunikation, Selbstorganisation und Verkauf

Spätestens die Auswirkungen von GoBD und Kassennachschau zeigen uns, dass es mit der Optimierung unserer eigenen Kanzleiprozesse nicht getan ist. Die Prozesse und Daten des Mandanten müssen vor der Schwelle der Kanzlei in Ordnung sein - dahinter ist das nicht mehr "heilbar". Ihre Mitarbeiter müssen also raus aus der Kanzlei und in den Mandantenbetrieben Prozesse analysieren und verbessern. Und: Die Notwendigkeit der Veränderung auch dem Mandanten erklären und ihn motivieren.

Nicht alle Mitarbeiter müssen alles können

Wow - haben Sie schon den ein oder anderen Mitarbeiter, der dies alles kann? Klar ist: Die jetzige Ausbildung muss dringend überarbeitet werden. Gut, dass die Fortbilder heute verstärkt "Digitalisierungs-Seminare" anbieten. Vergessen Sie aber den dritten Bereich nicht: Gerade in Zeiten der digitalen Zusammenarbeit wird der persönliche Kontakt immer wertvoller und muss daher hochwertiger gestaltet werden. Heute wird vorwiegend fehlenden Unterlagen und Belegen hinterhertelefoniert. In der Zukunft geht es um Beratung und Beratungsempfehlungen - eine ganz andere Klasse der Kommunikation. Klar ist aber auch: Nicht jeder Mitarbeiter kann und will alle aufgezählten Skills lernen und umsetzen. Wir Steuerberater merken es ja auch schon an uns selbst: Können Sie das alles?

Hinzu kommt, dass Zeit für die Arbeit "an" der Kanzlei - in diesem Fall an den Mitarbeitern - in der Regel Mangelware ist. Doch nicht alle Mitarbeiter müssen zum "Supermitarbeiter" werden.

Kanzlei als "Shop-in-Shop-System"

Stellen wir uns die Kanzlei der Zukunft doch mal als ein "Shop-in-Shop-System" vor.

  1. Da gibt es die "Datendrehscheibe": Hier arbeiten die EDV-sicheren "Fibu-Ingenieure". Mandantendaten werden digital und effizient verarbeitet. Eine entsprechende Abteilung gibt es auch für den Lohn und die Einkommensteuererklärung.
  2. Die zweite Abteilung ist die "Alltagsberatung" - hier arbeiten fachlich hoch qualifizierte Mitarbeiter, die die Daten aus der Daten-Abteilung auswerten. Hier passiert das, was man die "kleine" oder Alltagssteuerberatung nennen kann. Der Mandant erhält hier alles, was er für den laufenden Betrieb braucht - ob neuer Firmenwagen oder GoBD und Kassennachschau - bis hin zur Betriebsprüfungsprophylaxe. Es geht also um die Beratung, die eigentlich jeder Mandant immer mal braucht. Auch betriebswirtschaftliche Themen wie die Liquiditätsplanung oder die Prozessberatung im Mandantenbetrieb werden hier eine immer größere Rolle spielen.
  3. Die dritte Abteilung ist die "Gestaltungsberatung". Hier geht es um die Beratung von der Gründung über Veränderungen - wie Umwandlung - bis hin zur Unternehmensnachfolge. Es geht dabei um Fälle, die nicht bei jedem Unternehmer und wahrscheinlich auch nicht mehrmals vorkommen. Dies ist natürlich Ihre Domäne.

Das ist sicherlich erst einmal eine Vision und Sie werden dieses Abteilungsdenken wahscheinlich nicht "mal eben" in Reinkultur umsetzen können.

Freie Kapazitäten schaffen

Ohne entsprechende Kapazitäten werden Sie beim Thema Digitalisierung nicht vorankommen. In vielen Kanzleien fehlen Kapazitäten nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels.

Sorgen Sie dafür, dass sich die Steuerfachangestellten und Steuerfachwirte ausschließlich auf die qualifizierten Aufgaben konzentrieren. Und stellen Sie Mitarbeiter ein, die diese an anderer Stelle entlasten. Verstärken Sie Ihr Team daher mit Projektkräften. Dabei werden Sie die Erfahrung machen, dass beispielsweise Werkstudenten gerade beim Thema Digitalisierung sehr gut eingesetzt werden können. Auch Assistenzkräfte – früher als Sekretariat bezeichnet - können den Fachkräften Freiräume verschaffen. Unterschätzen Sie auch Auszubildende nicht – sie sind meist schon digital unterwegs und es fällt ihnen leicht, sich in solche Themen einzuarbeiten.

Langfristige Mitarbeiterentwicklung

Die Auswirkungen der Digitalisierung werden kommen. Schneller als Ihnen vielleicht lieb ist, aber sicher nicht heute und morgen. Es bleibt also noch etwas Zeit. Wir empfehlen Ihnen daher einen 3-Jahresplan mit folgenden Schritten:

  1. Schritt: Analyse Ihrer heutigen Mitarbeiter in Bezug auf die oben genannten Skills. Welche Ihrer Mitarbeiter sehen Sie in Zukunft in welcher Abteilung?
  2. Schritt: Sensibilisierung Ihrer Mitarbeiter für die Auswirkungen der Digitalisierung. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern Ihr Bild der zukünftigen Kanzlei. Jeder Mitarbeiter sollte selbstständig entscheiden können, welche Richtung er einschlagen kann und will. Machen Sie aber eines klar: Die Alternative, dass alles so bleibt wie bisher, gibt es in Ihrer Kanzlei nicht. Weil es dann auf Dauer Ihre Kanzlei nicht mehr gibt. Geben Sie Ihren Mitarbeitern aber auch die Perspektive, sich "in Ruhe" und mit Ihrer Unterstützung verändern zu können.
  3. Schritt: Fortbildung, Fortbildung, Fortbildung. Unsere Regierung hat beschlossen 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben - bis 2025. Zu wenig, sagen die Kritiker. Überlegen Sie sich, wie viel Prozent Ihres Umsatzes Sie in den nächsten 3 Jahren für die Fortbildung Ihrer Mitarbeiter ausgeben wollen. Unser Vorschlag: 3,5 % sind auch bei Ihnen eher die Untergrenze...
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