Onboarding für neue Kanzleimitarbeiter

Mitarbeiter sind gefragt und können nach Bewerbungsgesprächen mit mehreren Kanzleien, die aus ihrer Sicht beste aussuchen. Nicht selten halten sich Bewerber alle Türen offen und machen nach der Zusage beim Bewerbungsgespräch doch noch einen Rückzieher, weil sie sich bei einem anderen Arbeitgeber besser aufgehoben fühlen.

Deshalb haben wir die 3 Phasen, die beim Onboarding üblicherweise zählen, um eine weitere ergänzt.

Phase 0: Vorfreude – vom ersten Bewerbungsgespräch bis zur Unterschrift

Sie haben nach dem Bewerbungsgespräch ein gutes Gefühl und möchten, dass der Mitarbeiter bei Ihnen anfängt? Dann sagen Sie das auch. Am besten schicken Sie direkt im Anschluss eine E-Mail,

  • dass Sie sich gefreut haben, sie bzw. ihn kennen zu lernen,
  • dass Sie sich vorstellen können, dass er bzw. sie prima ins Team passt,
  • dass Sie bei Fragen selbstverständlich zur Verfügung stehen.

Fügen Sie ein Teambild (oder sogar ein kurzes Video) in die E-Mail ein, in dem beispielsweise alle Kolleginnen und Kollegen winken - mit der Bildunterschrift "Wäre toll, wenn Du unser Team verstärkst!" So zeigen Sie wirkliches Interesse und demonstrieren, dass Beziehung und Miteinander in Ihrer Kanzlei wichtige Werte sind.

Bieten Sie die Teilnahme bei der nächsten Happy Hour in der Kanzlei an – derzeit auch per Videokonferenz – bei der sich der potenzielle Mitarbeiter ein Bild von seinen Kolleginnen und Kollegen machen kann. Vernetzen Sie sich auf den sozialen Medien mit diesem Kandidaten. Auch wenn es dann doch nichts wird, bleiben Sie in Kontakt und können sich immer wieder in Erinnerung rufen.

Phase 1: Vorbereitung – von der Unterschrift bis zum ersten Arbeitstag

Hurra, der Vertrag ist unterschrieben und es dauert nur noch wenige Tage oder Wochen, bis es losgeht. Lassen Sie neue Mitarbeiter auch während dieser Zeit nicht allein. Wenn Sie ein QM-Handbuch haben, schicken Sie es neuen Mitarbeitern eine Woche vor Arbeitsantritt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Motivation und das Interesse an der neuen Kanzlei am größten.

Sie machen Fortbildungen oder sogar eine Betriebsfeier? Dann laden Sie die neuen Mitarbeiter bereits dazu ein.

Tipp: Countdown per E-Mail

Sollten mehrere Wochen zwischen Vertragsunterschrift und Kanzleistart liegen, starten Sie einen Countdown per E-Mail. Je nachdem, wie es für Sie passt, gibt es wöchentlich oder täglich eine aktuelle Info aus der Kanzlei. Die kann beispielsweise sein, dass gerade MS Teams in der Kanzlei eingeführt wird oder etwa, dass der zukünftige Rechner mit 2 Monitoren gerade angekommen ist und ausgepackt wird. Sie können auch jedes Mal neue Kolleginnen oder Kollegen vorstellen So kommt neue Mitarbeiter bereits am ersten Tag mit einem guten Gefühl in die Kanzlei, dass die Menschen und Abläufe bereits bekannt sind.

Phase 2: Orientierung – die ersten 3 Monate

Persönliche Orientierung - Beziehungsaufbau

Neue Mitarbeiter zu integrieren ist in mehrerlei Hinsicht eine Herausforderung. Sie möchten, dass sie sich möglichst schnell integrieren und voll leistungsfähig sind, und zugleich sollen sie nicht überfordert werden. Die Arbeitsweise in der Kanzlei ist noch nicht bekannt und die Mitarbeiter können nicht einschätzen, was er oder sie "drauf hat". Die Gepflogenheiten und Rituale im Umgang miteinander sind voller Fettnäpfchen, in die Neue hineintreten. Andererseits möchte niemand zu sehr durch Nachfragen von vermeintlichen Selbstverständlichkeiten den "alten Hasen" zur Last fallen.

Die ersten 3 Monate oder die Probezeit sind deshalb für beide Seiten mit Unsicherheit behaftet. Hier wird der Grundstein für die dauerhafte Zufriedenheit gelegt. Faustregel: Die ersten 5 Tage entscheiden über die Grundmotivation, die ersten 5 Wochen über die Produktivität. Lassen Sie neue Mitarbeiter nicht einfach "laufen", nur weil sie im Bewerbungsgespräch kompetent gewirkt haben.

Die ersten Tage sind entscheidend, um sich aus Dauer wohlzufühlen. Blumen am ersten Arbeitstag und ein vorbereiteter Arbeitsplatz gehören zum guten Ton.

Tipp: Mentor für neuen Mitarbeiter

In der ersten Woche geht es um Einbindung ins Team. Benennen Sie auf jeden Fall einen Mentor, der in den ersten Wochen dem neuen Mitarbeiter als Ansprechpartner für alle organisatorischen Fragen zur Seite steht. Hier geht es nicht um fachliche Fragen, sondern die kulturelle Integration in die Kanzlei. Ein moderner Begriff dafür ist der „Kanzlei-Buddy“. Dieser Buddy kümmert sich aktiv um das Wohlbefinden der Neuen, dass heißt eine gemeinsame Tasse Kaffee oder Tee am Tag ist das mindeste, was er oder sie von sich aus anbietet. In Homeoffice-Zeiten kann dazu auch eine gemeinsame Online-Pause genutzt werden.

Tipp: Steckbriefe der Mitarbeiter

Lassen Sie Ihre Mitarbeiter persönliche Steckbriefe schreiben und geben Sie sie neuen Mitarbeitern am ersten Tag. Wenn Sie ein kleines Team mit 3 bis 5 Menschen sind, brauchen Sie das vermutlich nicht. Doch für alle anderen: Wer merkt sich schon sofort alle Namen und Tätigkeitsfelder?

Die Grundinformationen stehen vielleicht schon auf der Webseite. Doch wenn die Steckbriefe zusätzlich mit persönlichen Informationen versehen sind, entsteht schneller eine Verbindung und vielleicht sogar das eine oder andere gemeinsame Thema.

Was kann ein Steckbrief alles enthalten? Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, im Grunde alles, was die Mitarbeiter bereit sind von sich preis zu geben. Hier ein paar Beispiele:

  • Name, Aufgabengebiet
  • Foto (wie wäre es mit dem offiziellen und einem aus dem privaten Umfeld?)
  • Spezialkenntnisse (ergänzt mit "Bei diesen Themen kann ich Dir weiterhelfen", "Das sind nicht meine Themen")
  • Was mir in der Kanzlei am meisten Spaß macht...,
  • Kolleginnen und Kollegen sagen über mich… oder alternativ
  • Diese 3 Begriffe beschreiben mich gut...
  • In meiner Freizeit mache ich...
  • Wenn ich verreise, dann am liebsten...

Fachliche Orientierung - Einarbeitung

Auch fachlich braucht es einen Mentor. Wenn Sie das Glück haben, dass der bisherige Mitarbeiter noch da ist, lassen Sie den "Alten" und den "Neuen" gemeinsam arbeiten oder etwa einmal pro Woche 1 bis 2 Stunden konkrete Übergabegespräche zu Mandanten führen. Sinnvollerweise gibt es dazu ein Gesprächsprotokoll. Wenn solche Gespräche erst in der letzten Woche angesetzt sind, finden Sie in der Regel gar nicht oder unzureichend statt. Denn der Mitarbeiter, der geht, will in der Regel einfach alle offene Aufgaben noch erledigen und hat keinen Kopf mehr dafür, Fragen zu beantworten.

Die ersten 3 bis 6 Monate sind in der Regel auch die Probezeit. Nehmen Sie das ernst, 14-tägiges oder am Anfang sogar wöchentliches Feedback, stellen die Weichen. Mitarbeiter wollen gerade zu Beginn wissen, wo sie stehen. Und nicht nach 6 Monaten aus allen Wolken fallen, wenn sie erfahren, dass ihr fachliches oder persönliches Verhalten nicht gepasst haben, obwohl sie sich doch nach bestem Wissen und Gewissen angestrengt haben.

Tipp: Mandanten informieren

Je nachdem wie sich der neue Mitarbeiter macht, können Sie natürlich auch schon die Mandanten informieren. Eine freundliche Mail mit der Vorstellung des neuen Ansprechpartners und der Ankündigung, dass er sich in Kürze persönlich vorstellt, stärkt das Selbstbewusstsein des Mitarbeiters und schafft Vertrauen beim Mandanten.

Phase 3: Integration – 4. bis 6. Monat

Je nachdem wie lange die Probezeit ist, dient dieser Zeitraum entweder dazu, um nochmals zu prüfen, ob dieser Mitarbeiter tatsächlich fachlich und menschlich in die Kanzlei passt und falls nicht, das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zu lösen - oder um die Erwartungshaltung gegenseitig noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf zu korrigieren.

Regelmäßige Feedback-Gespräche sind das A und O. Und je früher Sie Verhaltensweisen oder fachliche Defizite ansprechen, die noch nicht passen, desto größer ist die Veränderungsbereitschaft und Akzeptanz.

Führen Sie 14-täglich bzw. monatlich ein ausführliches Feedback-Gespräch mit dem neuen Mitarbeiter und greifen Sie alle Themen auf: was ist gut gelaufen, was nicht, wo gibt es Verbesserungsbedarf. Und hier ist nicht nur Ihre Sicht gefragt, sondern auch der Mitarbeiter ist aufgefordert, seine Erwartungshaltung zu äußern und was er oder sie sich wünscht, um die Zusammenarbeit zu verbessern.

Hier finden Sie eine ausführliche Onboarding-Checkliste