Vereinbarkeit von Familie und Beruf

An den Berufsexamina oder mangelnder Fachkompetenz liege es jedenfalls nicht, dass Steuerberaterinnen ohne Förderprogramme Schwierigkeiten haben, ganz noch oben zu kommen, sagt Thomas Lehr, Personalleiter bei der Ecovis-Gruppe:

„Die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele Steuerberaterinnen noch immer eine mögliche Karrierebremse“.

Bei KPMG sei man in internen Untersuchungen den Gründen für den Frauenmangel an der Spitze nachgegangen. "Steuerberaterinnen wollen für Führungsaufgaben entdeckt werden“, fasst Hüttemann die Ergebnisse zusammen: „So läuft das aber nicht im Business. Männer fordern gezielt schon sehr früh den nächsten Karriereschritt beim Vorgesetzten selbst ein – das haben wir gemessen. Sie sind auch schnell dabei, mehr Gehalt auszuhandeln. Frauen halten sich meist zu sehr zurück.“

Ein weiterer Knackpunkt seien die fehlenden weiblichen Rollenvorbilder: „Ein bestimmter Typ Mann gilt in vielen Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften seit jeher als Prototyp einer Führungskraft. Wer dem Bild nicht entspricht, hat es da nicht leicht, Karriere zu machen“, so Hüttemann. Zudem finden Steuerberaterinnen kaum weibliche Partner, an denen sie sich orientieren könnten. „Die meisten Frauen bei uns kennen zwar mindestens 10 Partner persönlich, davon aber nur eine Frau“, erläutert Hüttemann: „Wenn diese Partnerin ihnen als Rollenvorbild nicht zusagt, weil sie beispielsweise keine Kinder hat und rund um die Uhr arbeitet, wollen sie nicht so werden wie sie.“

Karriereplan anfertigen

Susanne Hüttemann ist selbst Mutter einer 12-jährigen Tochter, und sie hat lange in Teilzeit gearbeitet. Trotzdem ist es ihr gelungen, Partnerin zu werden: „Ich habe mir einen Karriereplan gemacht und interne Unterstützung dafür gesucht und gefunden“, fasst sie den Kern ihres Erfolgs zusammen: „Viele Kolleginnen bekommen ein Kind ohne einen Plan zu haben, wie es für sie weitergehen soll. Sie versäumen es häufig, mit ihrem Partner die Rollenaufteilung neu zu verhandeln. Damit tappen sie in die übliche Geschlechterfalle und werfen irgendwann ihre Karriereträume über Bord“, sagt Hüttemann.

PwC-Partnerin Petra Raspels hat ihr Kind erst bekommen, als sie bereits Partnerin war: „Steuerberaterinnen müssen vollen Einsatz bringen und bereit sein, viel zu leisten“, sagt sie. Sie selbst habe sich weder vor einem Auslandseinsatz in England gescheut – im Gegenteil - noch jemals auf eine 40-Stunden-Woche insistiert. Natürlich sei es für Steuerberaterinnen, die Karriere machen wollen, besonders wichtig, für sich eine Infrastruktur zu schaffen, die sie voll unterstützt: So habe der Ehegatte von Petra Raspels auch Elternzeit genommen, außerdem habe sie sich selbst frühzeitig um eine zuverlässige Kinderbetreuung gekümmert: „Frauen müssen selbst aktiv werden, wenn sie Karriere machen wollen“, sagt Raspels.

Doch eine gute Infrastruktur, die den Nachwuchs betreut, ist nicht alles: „Besonders wichtig für Steuerberaterinnen ist ein guter Mentor, der erkennt, was in ihnen steckt und sie gezielt fördert“, sagt die Steuerexpertin. Sie hatte das Glück, so einen Mentor gefunden zu haben. Jetzt betreut die Steuerberaterin selbst weibliche Mentees beim PwC-internen Frauennetzwerk.

Auch Hüttemann empfiehlt jeder Steuerberaterin, sich effektive Netzwerke aufzubauen: „In diesen Netzwerken dürfen auch wichtige Männer nicht fehlen. Reine Frauennetzwerke reichen noch lange nicht aus.“

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