Abgeltungswirkung steuerfreie Aufwandsentschädigung

Landräte, hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete erhalten gem. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG i. V. m. R 3.12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LStR für den erhöhten persönlichen Aufwand, der ihnen durch das ausgeübte Amt allgemein entsteht, steuerfreie Aufwandsentschädigungen. Die Aufwandsentschädigung soll grundsätzlich den "gesamten" Aufwand abgelten.

Werden zusätzlich auch Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder aus öffentlichen Kassen gezahlt, sind diese nach § 3 Nr. 13 EStG steuerbereit. Fraglich ist, ob Reisekosten, die nicht oder nicht vollständig steuerfrei erstattet worden sind, dann unter § 3 Nr. 12 EStG zu erfassen sind oder ob für den übersteigenden Teil ein Werbungkostenabzug in Betracht kommt. 

Beispiel für steuerfreie Aufwandsentschädigung 

A ist hauptamtlicher Bürgermeister von Y und erzielt hieraus Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Für Reisekosten erhielt er in 2014 eine nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei Vergütung i. H. von 3.000 Euro. Des Weiteren erhielt A nach dem Landeskommunalbesoldungsgesetz als Entschädigung für seinen persönlichen Aufwand eine nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung i. H. von 10.500 Euro, was 13,5 % des festgesetzten Grundgehalts entspricht. In seiner Einkommensteuererklärung 2014 ermittelte er für die Reisekosten anhand der tatsächlichen Gesamtkosten einen Kilometersatz von 0,45 Euro, sodass er bei 10.000 km beruflich veranlasster Auswärtstätigkeiten 4.500 Euro Fahrtkosten angab. Seine anderen tatsächlichen Werbungskosten betragen 7.000 Euro. 

Gemäß § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Hier stehen sowohl die 7.000 Euro nachgewiesenen Werbungskosten mit der steuerfrei erhaltenen Entschädigung nach § 3 Nr. 12 EStG als auch 3.000 Euro der nachgewiesen Reisekosten mit der steuerfrei erhaltenen Reisekostenvergütung aus öffentlichen Kassen nach § 3 Nr. 13 EStG im unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang. Für den übersteigenden Teil der Reisekosten i. H. von 1.500 (4.500 Euro – Erstattung 3.000 Euro) vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung (Finanzministerium Baden-Württemberg vom 11.03.2014, 3-S 233.7/61), dass dieser dann bei § 3 Nr. 12 EStG zu erfassen ist (im Rahmen des verbleibenden Volumens von 3.500 Euro), weil die Aufwandsentschädigung nicht nur für bestimmte Arten von Aufwendungen, sondern für alle durch das Amt entstehende Aufwendungen gezahlt werde. Dies ergäbe sich aus dem Wortlaut des Landeskommunalbesoldungsgesetz (LKomBesG, wie z. B. in Baden-Württemberg). Daher seien auch Fahrtkosten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten mit einzubeziehen und zwar auch dann, wenn sie vorrangig anderen Vorschriften (§ 3 Nr. 13 EStG) zuzuordnen sind.

Praxis-Tipp zu Reisekostenvergütungen

Hierzu hat aber das FG Baden-Württemberg aktuell entschieden (Urteil v. 10.03.2015, 6 K 1433/12), dass bei Reisekostenvergütungen aus öffentlichen Kassen nicht § 3 Nr. 12 EStG, sondern ausschließlich § 3 Nr. 13 EStG einschlägig ist. In diesem Zusammengang habe der BFH (Urteil v. 08.10.2008, VIII R 58/06) bereits betont, dass § 3 Nr. 13 EStG den Werbungskostenersatz für die dort aufgeführten Aufwandskategorien abschließend regelt. Wird eine Zahlung ausschließlich für angefallene Reisekosten geleistet, ist deshalb nicht der Frage nachzugehen, ob andernfalls eine Steuerbefreiung dieser Zahlung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG zu erfolgen hätte. Daraus folge, dass - selbst wenn die in der Landeskommunalbesoldungsgesetz normierte Dienstaufwandsentschädigung auch die nicht durch die Reisekostenerstattung abgegoltenen Reisekosten umfasst, andererseits aber die Reisekostenvergütungen aus öffentlichen Kassen nicht unter § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG subsumiert werden dürfen - es insoweit an einer durchgehenden tatbestandlichen Verknüpfung zum Abzugsverbot nach § 3c Satz 1 EStG fehlt. A kann daher 1.500 Euro als Werbungkosten geltend machen.

Da gegen die Entscheidung des FG Baden Württemberg ein Revisionsverfahren vor dem BFH (Az. des BFH: VI R 23/15) läuft, sollten vergleichbare Fälle (bei ablehnender Haltung durch die Finanzverwaltung) offen gehalten werden, bis der BFH über die Revision entschieden hat.