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ViDA: E-Invoicing & Digitale Meldepflichten

Mit ihrem VIDA-Entwurf hat die Kommission auch Vorschläge zum Thema digitale Meldepflichten und E-Invoicing vorgelegt. Zentraler Bestandteil eines künftigen grenzüberschreitenden Meldesystems ist eine in einem standardisierten Datensatz strukturierte E-Rechnung, die ab 2028 innerhalb von 4 Tagen ab Leistungserbringung an die Finanzverwaltung übermittelt werden muss.

Für innergemeinschaftliche Lieferungen können Händler bisher Rechnungen in beliebigem Format ausstellen. Meldetechnisch sind diese Umsätze in der Umsatzsteuer-Voranmeldung und der Zusammenfassenden Meldung (ZM) zu deklarieren. Das könnte sich in Zukunft ändern. Was ist zu beachten und welche konkreten Änderungen sind bis 2028 zu erwarten?

Änderungen bei der Rechnungsstellung

1.1.2024: Elektronische Rechnungen werden wirklich digital

Künftig ist eine elektronische Rechnung definiert als eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird. Das ermöglicht eine automatische und elektronische Verarbeitung. Bisher galt eine Rechnung im PDF-Format bereits als elektronische Rechnung, wenn sie z.B. per E-Mail versandt wurde. Künftig müssen elektronische Rechnungen einem strukturierten Datensatz entsprechen, damit die Finanzverwaltung diese elektronisch und automatisiert verarbeiten kann.

Dabei favorisiert die EU den in der Praxis bewährten Rechnungsstandard (DIN EN 16931), auch X-Rechnung genannt. Dieser wird bereits bei grenzüberschreitenden öffentlichen Aufträgen ("Business to Government") angewendet. Ab dem 1.1.2024 will die Kommission die Mitgliedstaaten verpflichten, elektronische Rechnungen in diesem Format auszustellen. Dabei schließt die Kommission sog. Clearance-Modelle aus, die eine Freigabe der E-Rechnung durch die Finanzverwaltung erfordern.

1.1.2025: geänderte Ausstellungsfrist für Rechnungen

Für innergemeinschaftliche Lieferungen (oder gleichgestellten Verbringungen) sowie bei sonstigen Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (Reverse-Charge-Verfahren), gilt eine neue Frist für die Ausstellung der Rechnung. In diesen Fällen muss die Rechnung spätestens bis zum 15. Tag nach dem Monat, in dem die Leistung ausgeführt wurde, ausgestellt werden.

E-Invoicing für grenzüberschreitende Leistungen

Die Ausstellungsfrist wird ab dem 1.1.2028 weiter verkürzt – auf 2 Werktage. Eine Rechnung für grenzüberschreitende Umsätze muss also spätestens 2 Werktage nach Eintritt des Steuertatbestands ausgestellt werden. Dies bedeutet eine deutliche Verkürzung der Ausstellungsfrist, bestehende Prozesse in der Unternehmenspraxis müssen grundlegend überdacht und angepasst werden.

Hinzu kommen neue Rechnungsangaben, die vor allem deutlich mehr Informationen zur Zahlungsabwicklung enthalten.

Konkret müssen künftige Rechnungen folgende Angaben enthalten:

  • Bei Rechnungskorrekturen ist die Rechnungsnummer der korrigierten Rechnung anzugeben.
  • Angabe der IBAN-Nummer des Lieferanten, die das Bankkonto identifiziert, auf das der Rechnungsbetrag gutgeschrieben wird. Ist die IBAN-Nummer nicht verfügbar, muss eine andere Kennung zur Identifizierung des Kontos angegeben werden.
  • Das vereinbarte Zahlungsdatum der Rechnung (Fälligkeitsdatum). Falls Teilzahlungen vereinbart wurden, das Datum und der Betrag jeder Zahlung.

ZM wird zum EU-weiten digitalen Meldesystem

Nach Ansicht der Kommission hat die Zusammenfassende Meldung (ZM) nicht ausreichend zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beigetragen. Das lag vor allem daran, dass die ZM zeitlich zu spät und datentechnisch unzureichend war.

Deshalb wird die bisherige ZM grundlegend überarbeitet und praktisch abgeschafft. Im Rahmen der zukünftigen Meldepflicht müssen folgende grenzüberschreitende Umsätze über ein elektronisches Meldesystem gemeldet werden:

  • Innergemeinschaftliche Lieferungen und gleichgestellte innergemeinschaftliche Verbringungen;
  • neu ist die Meldepflicht für innergemeinschaftliche Erwerbe, die bisher in den meisten Mitgliedstaaten nur über lokale Umsatzsteuermeldungen erklärt werden konnten;
  • grenzüberschreitende Erbringung steuerpflichtiger sonstiger Leistungen (Dienstleistungen);
  • lokale B2B-Verkäufe, die unter einen obligatorischen Reverse-Charge-Mechanismus fallen (Hinweis: Diese Transaktionen müssen bereits ab dem 1.1.2025 bis zur Einführung des digitalen Meldesystems in der ZM deklariert werden).

Wichtig ist, dass nun jede Transaktion einzeln und nicht mehr aggregiert erfasst wird. Bislang mussten nur die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Empfängers, die Art der Leistung (z. B. innergemeinschaftliche Lieferung) sowie die Summe der Bemessungsgrundlage angegeben werden. Auf diese Weise konnten die Steuerbehörden nicht nachvollziehen, wie viele einzelne Transaktionen mit der jeweiligen Bemessungsgrundlage an welchen Leistungsempfänger erbracht wurden.

So weit unterscheidet sich die neue digitale Meldepflicht nicht wesentlich von der bisher bekannten ZM. Allerdings müssen künftig mehr Daten in einer deutlich kürzeren Frist übermittelt werden, was für viele Unternehmer die wohl größte Änderung darstellt. So müssen künftig für die genannten grenzüberschreitenden Leistungen u.a. das Ausstellungsdatum der Rechnung, die fortlaufende Rechnungsnummer, die USt-IdNr. des leistenden Unternehmers und Leistungsempfängers sowie Menge und Art der gelieferten Gegenstände bzw. Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen als strukturierter Datensatz übermittelt werden.

Ein großer Schritt: Near Real-Time Reporting

Die verkürzte Übermittlungsfrist erscheint aus heutiger Sicht sehr ambitioniert. Nur 2 Werktage nach Ausstellung der Rechnung muss der Unternehmer die oben genannten Daten übermitteln. Stellt der Unternehmer keine Rechnung aus, gilt die Übermittlungspflicht trotzdem. Ein großer Schritt, wenn man bedenkt, dass bisher eine monatliche oder vierteljährliche Übermittlung der ZM erfolgt. Die neue Frist ermöglicht eine zeitnahe Überprüfung der übermittelten Daten.

Der große Vorteil des geplanten digitalen Meldesystems ist die Verwendung eines standardisierten Datenformats. Dies ermöglicht Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, ein einheitliches Datenformat für alle Mitgliedstaaten zu nutzen.

Für die Übermittlung der Daten an die Steuerbehörden sieht die Kommission 2 Wege vor:

  • Die Übermittlung durch den Steuerpflichtigen selbst oder
  • die Übermittlung durch einen Dienstleister.

Die Mitgliedstaaten müssen ein technisches Verfahren für die Übermittlung der Daten bereitstellen.

Mit den geplanten Änderungen sollen die notwendigen Leitlinien für eine digitale Finanzverwaltung und Wirtschaft geschaffen werden - zumindest im grenzüberschreitenden Handel. Die Rolle der Papierrechnung übernehmen künftig strukturierte Datensätze, die die altbekannten Meldepflichten grundlegend verändern.

Vor allem für viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und deren Steuerberater sind die Änderungen mit einer tiefgreifenden Umstellung verbunden. Denn häufig sind die Prozesse noch weitgehend papierbasiert. Steuerberater müssen digitale Systeme und Prozesse schaffen, die der neuen Realität eines Near Real-Time Reportings „Rechnung” tragen.

Auch deshalb dürfte das EU-weite digitale Meldesystem zu den Themen gehören, die bei den Mitgliedstaaten nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Es bleibt abzuwarten, ob es im Vergleich zum Kommissionsvorschlag noch weitreichende Kompromisse geben wird.