BMF Kommentierung: Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge

Für Kapitalerträge, die nach § 43 Abs. 1 EStG dem Steuerabzug unterliegen, sind vom Schuldner der Kapitalerträge bzw. von der auszahlenden Stelle Steuerbescheinigungen auszustellen, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge dies verlangt.

Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn – z.B. wegen Vorliegens eines Freistellungsauftrags – kein Steuerabzug vorgenommen wurde. Das BMF hat Einzelheiten und Erleichterungen zum Verfahren bekanntgegeben und zugleich die Muster (Muster I, II, III) für die Bescheinigungen veröffentlicht.

Das bislang geltende BMF-Schreiben vom 14.11.2011 (IV C 1 S 2401/08/10001 :006) wird durch dieses Schreiben aufgehoben. Allerdings ist nicht zu beanstanden, wenn die im aktuellen Schreiben enthaltenen Regelungen aus automationstechnischen Gründen erst für Kapitalerträge angewendet werden, die nach dem 31.12.2012 zufließen. Bei Einzelsteuerbescheinigungen gilt eine noch längere Frist; die Grundsätze des aktuellen Schreibens brauchen erst auf Kapitalerträge angewendet werden, die nach dem 31.3.2013 zufließen.

Für Steuerberater ist das BMF-Schreiben aus zwei Gründen hilfreich

Wird die Steuerbescheinigung von einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut ausgestellt, zeigt es, was in besonderen Fällen, z.B. wenn es sich um Kapitalerträge eines Mietkautionskontos handelt, von der Bank zu beachten ist. Fragen der Mandanten zur Richtigkeit solcher Steuerbescheinigungen oder zum Inhalt lassen sich ebenso wie Rückfragen der Finanzverwaltung mithilfe der im BMF-Schreiben enthaltenen Erläuterungen besser klären. Der zweite Teil des BMF-Schreibens regelt die Einzelheiten der Steuerbescheinigungen, die von bestimmten Mandanten auszustellen sind, z.B. wenn eine GmbH eine Ausschüttung vornimmt und den Steuerabzug bescheinigen muss. Steuerberater können hier genau nachlesen, was ihre Mandanten im Einzelfall zu beachten haben.

I. Allgemeine Hinweise

Die am Ende des BMF-Schreibens abgedruckten amtlich vorgeschriebenen Muster I-III sind für die Ausstellung von Steuerbescheinigungen zu verwenden; dabei darf vom Inhalt, Aufbau und Reihenfolge des Musters nicht abgewichen werden. Die Finanzverwaltung stellt ausdrücklich klar, dass die Bescheinigung dem zivilrechtlichen Gläubiger der Kapitalerträge  und nicht der Finanzverwaltung (der Steuergläubigerin) ausgestellt wird.  Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn bestimmte, im Muster aufgeführte Sachverhalte nicht in die Bescheinigung aufgenommen werden, wenn dazu keine Angaben zu machen sind. Werden einzelne Punkte weggelassen, müssen die übrigen Angaben in der im Muster vorgegebene Reihenfolge aufgelistet werden. Die Finanzverwaltung hat nichts dagegen, wenn weitere im Muster nicht enthaltene Angaben in die Bescheinigung aufgenommen werden. Allerdings sind solche zusätzliche Angaben nur dann zulässig, wenn sie den im Muster vorgegebenen Angaben folgen und sich von den zwingenden Angaben optisch absetzen.

Hinweis: Auch wenn für den Mandanten eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt, hat er Anspruch auf die Ausstellung einer Steuerbescheinigung.

II. Ausstellung der Steuerbescheinigung durch Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, insbesondere Banken

Für die Steuerbescheinigung durch Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ist das Muster I zu verwenden. Dabei gelten zahlreiche Besonderheiten, auf die das BMF-Schreiben ausführlich eingeht. Für die Beratungspraxis bedeutsam sind insbesondere die Ausführungen zu

  • Mietkautionskonten,

  • Anderkonten und

  • Gemeinschaftskonten von nichtehelichen Lebensgemeinschaften und eingetragenen Lebenspartnern.

1. Mietkautionskonto

Ausführlich im BMF-Schreiben erläutert werden die Besonderheiten zum Mietkautionskonto. Hier fließen die Zinsen aus dem Kautionskonto auch dann dem Mieter zu, wenn der Vermieter die Zinserträge im Wege der Vorausverfügung nach § 551 Abs. 3 BGB als weitere Sicherheit einbehalten darf. Die Zinsen fließen dem Mieter im Zeitpunkt der Gutschrift beim Vermieter zu, der Mieter hat die Zinsen zu versteuern. Werden für diese Zinsen Kapitalerträge einbehalten,  ist die Steuerbescheinigung auf den Namen des Mieters auszustellen, der Vermieter hat sie – wenn das Bankinstitut diese Bescheinigung nicht unmittelbar dem Mieter aushändigt – dem Mieter zur Verfügung zu stellen (vgl. § 34 Abs. 1, 3 AO).

Beratungshinweis: Mieter sollten beim Mietkautionskonto davon absehen, einen Freistellungsauftrag zu erteilen, selbst wenn ihre Kapitalerträge insgesamt den Sparerfreibetrag nicht übersteigen. So wird ihnen, wenn die Kapitalerträge den Sparerfreibetrag nicht übersteigen, die einbehaltene Kapitalertragsteuer über die Einkommensteuerveranlagung vom Finanzamt erstattet; diese fließen dann nicht auf das Mietkautionskonto des Vermieters. Wird stattdessen ein Freistellungsauftrag erteilt, fließen sämtliche Zinsen auf das Mietkautionskonto und sind so dem Zugriff des Mieters entzogen.

2. Notaranderkonten und Anderkonten von anderen Berufsgruppen, wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer  

Bei Notaranderkonten ist formell der Notar Inhaber der Forderung gegenüber dem Bankinstitut, materiell berechtigt ist der Beteiligte. Die Steuerbescheinigung wird grundsätzlich auf den Namen des Notars ausgestellt; ist dem Bankinstitut bekannt, dass es sich um eine Anderkonto handelt, ist dies von Bank in der Steuerbescheinigung zu vermerken. Dafür ist im Muster I ein Punkt vorgesehen.  

Praxishinweis: Fehlt in der Steuerbescheinigung der Hinweis auf das Anderkonto, hat der Notar dem Berechtigten zusätzlich zu bestätigen, dass der Notar für den Berechtigten treuhänderisch tätig war. Entfallen die Zinsen teilweise auf den Käufer und teilweise auf den Verkäufer, ist der Notar verpflichtet, beglaubigte Abschriften der Originalbescheinigung auszustellen und auf der jeweils dem Beteiligten auszuhändigenden Abschrift die ihm gutgeschriebenen Zinsen zu vermerken. Sind die Anteilsverhältnisse dem Notar nicht bekannt, sind dies gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO einheitlich  und gesondert festzustellen.

Diese Grundsätze gelten bei Anderkonten von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchführungsgesellschaften entsprechend.

3. Gemeinschaftskonten von nichtehelichen Lebensgemeinschaften und eingetragenen Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz

Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und einer eingetragenen Lebenspartnerschaft haben derzeit keinen Anspruch auf die Gewährung des Splittingtarifs. Führen diese Partner ein Gemeinschaftskonto, können sie – anders als Eheleute – deshalb für das Gemeinschaftskonto keinen Freistellungsauftrag erteilen.

Grundsätzlich müsste die Aufteilung der Zinseinkünfte auf die Beteiligten durch einheitliche und gesonderte Feststellung ermittelt werden. Die Finanzverwaltung lässt ein vereinfachtes Verfahren zu, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Auf der Originalsteuerbescheinigung wird notiert, wie die Kapitalerträge und die darauf entfallenden Kapitalertragsteuern auf die Beteiligten zu verteilen sind.

  • Von der mit dem Vermerk versehenen Originalsteuerbescheinigung ist eine Kopie zu erstellen.

  • Originalsteuerbescheinigung und die Kopie sind von beiden Kontoinhabern zu unterschreiben.

Die Finanzämter sind angewiesen, in diesen Fällen sowohl das Original als auch die Kopie als Steuerbescheinigung anzuerkennen.

Praxishinweis: Sollte es Meinungsverschiedenheiten über die Aufteilung der Einkünfte geben, ist eine gesonderte Feststellung durchzuführen bzw. nachzuholen. Die Nachholung ist bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist möglich, sodass auch noch ein bestandskräftiger Steuerbescheid deshalb geändert werden kann.

III. Ausstellung der Steuerbescheinigung durch Kapital- und Personengesellschaften und andere Unternehmen

Kapitalgesellschaften, z.B. GmbH oder AG, Personengesellschaften, Lebensversicherungsunternehmen und Vermögensmassen sollen Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge nach Vorlage des Musters II ausstellen.

Beratungshinweis: Ob es sich bei den Kapitalerträgen um private oder betriebliche Kapitalerträge handelt und ob durch den Steuerabzug die Einkommensteuer abgegolten ist oder stattdessen das Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 32 d II Nr.3 EStG) anzuwenden ist, ist unerheblich. Stets sind die Kapitalerträge und die einbehaltene Kapitalertragsteuer nach den Vorgaben des Musters II zu bescheinigen. Insbesondere das Teileinkünfteverfahren kann für Gesellschafter günstiger sein als die Abgeltungssteuer. Selbst wenn dies der Gesellschaft bei Ausschüttung der Kapitalerträge bereits bekannt ist, ist die Kapitalertragsteuer zunächst abzuführen und entsprechend dem Muster II zu bescheinigen.

Praxishinweis: Die Unternehmen müssen die Höhe der Kapitalerträge in voller Höhe bescheinigen. Ein Abzug des Sparerfreibetrags ist nicht zulässig. Dieser wird von der Finanzverwaltung automatisch berücksichtigt.

1. Einzelheiten zu den formalen Anforderungen an die Steuerbescheinigung

Ist dem Unternehmen vor Ausstellung der Steuerbescheinigung eine neue Anschrift des Anteilseigners nicht bekanntgegeben, wird in der Praxis häufig eine Anschrift in der Steuerbescheinigung verwendet, die von der beim Finanzamt für den Steuerpflichtigen erfassten Adresse abweicht. Solche Abweichungen sind auch dann häufig, wenn der Anteilseigner eine Versandanschrift verwendet, die von seinem Wohnsitz abweicht. Solange keine Zweifel an der Identität des Betreffenden bestehen, soll das Finanzamt die Steuerbescheinigung nicht beanstanden. Bestehen Zweifel an der Identität des Berechtigten, soll eine berichtige Bescheinigung angefordert werden. Hier lässt es die Finanzverwaltung zu, die Zweifel durch ergänzende Bescheinigungen der ausschüttenden Körperschaft auszuräumen.

Zulässig ist es, für den Schuldner, also den Ausschüttenden, die übliche Kurzbezeichnung zu verwenden.

Wichtig: Da in der Steuerbescheinigung auch der Zahlungstag zu bescheinigen ist, darf die Steuerbescheinigung erst ausgestellt werden, nachdem die Leistung erbracht worden ist!

2. Adressat der Steuerbescheinigung

Steuerbescheinigungen dürfen nur den Anteilseignern erteilt werden. Anteilseigner ist die Person, der die Anteile aus Kapitalvermögen, z.B. die Aktien einer AG oder Anteile an einer GmbH im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses zuzurechnen sind (vgl. §§ 20 Abs. 5 Satz 2 EStG, 39 AO). Bei einzelnen Anteilseignern ist dies i. d. R. unproblematisch.

BMF, Schreiben v. 03.12.2014, IV C 1 - S 2401/08/10001 :011​​​​​​​​​​​​​​

Schlagworte zum Thema:  Kapitalertrag, Bescheinigung, Kapitalgesellschaft