SGB II: Kein Anspruch bei Verlust des Freizügigkeitsrechts

Für die Gewährung von SGB II-Leistungen ist ein gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten erforderlich. Hat die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt fehlt dieses Erfordernis. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Bei den Antragstellern handelte es sich um eine rumänische Familie, die Ende 2016 nach Deutschland eingereist war. Anfang 2019 stellte die Ausländerbehörde den Verlust ihres Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU fest, setzte eine Frist zur Ausreise und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen erhoben die Antragssteller Klage vor dem Verwaltungsgericht. 

Jobcenter lehnt Weiterbewilligungsantrag ab

Die Antragsgegnerin (Jobcenter) lehnte daraufhin den Antrag auf Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen ab. Auf ihre Beschwerde hin hat das LSG die Ablehnung nun bestätigt, den gegenteiligen Beschluss des SG Dortmund korrigiert und die beigeladene Kommune verpflichtet, für die Dauer eines halben Jahres Leistungen nach dem AsylbLG zu zahlen.

Kein gewöhnlicher Aufenthalt aufgrund Verlustfeststellung

Die Antragsteller hätten infolge der Verlustfeststellungen keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II, so der 19. Senat. Auch unter Berücksichtigung der gegenteiligen Auffassung u.a. des 21. Senates (Beschluss vom 10.12.2018, L 21 AS 959/18 B ER) halte er an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest (Beschluss vom 14.11.2018, L 19 AS 1434/18 B ER).

Suspensiveffekt der Klage lässt rechtmäßigen Aufenthalt nicht wiederaufleben

Zwar seien die Verlustfeststellungen aufgrund der Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht bislang nicht bestandskräftig geworden. Der Suspensiveffekt der Klage nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO gegen eine Verlustfeststellung lasse den rechtmäßigen Aufenthalt aufgrund der Freizügigkeitsvermutung aber nicht wiederaufleben. Er mache vielmehr nur die Durchsetzung der kraft Gesetzes entstehenden Ausreisepflicht durch eine Abschiebung unzulässig. Das Rechtsmittel hemme nicht die Ausreisepflicht selbst, sondern nur deren Durchsetzung. Die in den Verlustfeststellungen getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Nichtbestehens einer Freizügigkeitsberechtigung der Antragsteller einschließlich der hiermit verbundenen Rechtsfolgen seien daher im sozialrechtlichen Verfahren als gegeben hinzunehmen. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Feststellungen obliege ausschließlich den Verwaltungsgerichten.

Hinweis: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.2.2020, L 19 AS 2035/19 B ER
 

PM Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Schlagworte zum Thema:  Jobcenter, Hartz IV, Grundsicherung, Freizügigkeit