2.1 Stichtagsregelung (Abs. 1)

 

Rz. 3

Abs. 1 bestimmt den 31.12.2016 als Stichtag sowohl für die Beurteilung von Pflegebedürftigkeit als auch für das Vorliegen weiterer Voraussetzungen versicherungsrechtlicher Natur, etwa die Erfüllung von Vorversicherungszeiten (§ 33). Entscheidend ist der Zeitpunkt der Antragstellung bei der Pflegekasse. Für alle Anträge, die bis zum Ablauf des 31.12.2016 bei der Pflegekasse eingegangen sind, gilt daher für das gesamte Verfahren noch der alte Rechtszustand. Das hat zur Folge, dass auch eine in der Zeit ab dem 1.1.2017 erfolgende Begutachtung der Pflegebedürftigkeit und die Bescheidung des Antrags nach den zum 1.1.2017 außer Kraft getretenen Vorschriften vorzunehmen sind. Gleiches gilt für ein sich anschließendes Widerspruchsverfahren bzw. ein sozialgerichtliches Verfahren (BT-Drs. 18/5926 S. 140).

2.2 Überleitungsregelung (Abs. 2)

 

Rz. 4

Mit den in Abs. 2 normierten Überleitungsvorschriften sollen nach Vorstellung des Gesetzgebers 2 Ziele erreicht werden: Kein bisheriger Leistungsbezieher soll durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs schlechter als bisher gestellt werden, außerdem sollen zur Entlastung der Medizinischen Dienste, denen gemäß § 18 die Prüfung der Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit obliegt (für privat Versicherte die Medicproof GmbH), umfangreiche Neubegutachtungen vermieden werden. Der nach Überleitung zugeordnete Pflegegrad führt deshalb im Vergleich zum früheren Rechtszustand entweder zu gleich hohen oder höheren Leistungen. Sofern dies ausnahmsweise nicht erreicht wird, greift die Besitzstandsschutzregelung des § 141 (BT-Drs. 18/5926 S. 140).

 

Rz. 5

Unterschieden wird zunächst zwischen Versicherten, die nach altem Recht in eine Pflegestufe eingestuft waren, bei denen aber keine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz (§ 45a a. F.) vorlag, und denjenigen Versicherten, bei denen die Feststellung einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz getroffen worden war. Nach § 140 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 erfolgt die Überleitung für Versicherte ohne erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz von der jeweiligen Pflegestufe in den nächsthöheren Pflegegrad (einfacher Stufensprung). Ein Ausnahme bildet Pflegestufe III, die unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass ein Härtefall nach § 36 Abs. 4 a. F., § 43 Abs. 3 a. F. vorliegt, auch zu Pflegegrad 5 führen kann. Versicherte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz werden im sog. doppelten Stufensprung in einen 2 Stufen höheren Pflegegrad überführt (§ 140 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2). Versicherte, die nach altem Recht noch keiner Pflegestufe zugeordnet waren, bei denen aber eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz festgestellt war (sog. Pflegestufe 0), werden in Pflegegrad 2 eingestuft (BT-Drs. 18/5926 S. 140).

2.3 Besitzstandsschutz (Abs. 3)

 

Rz. 6

Nach Abs. 3 Satz 1 bleibt der sich aus der Überleitung ergebende Pflegegrad auch nach einer erneuten Begutachtung bestehen, sofern sich daraus entweder kein höherer Pflegegrad ergibt oder nach der neuen Begutachtung überhaupt keine Pflegebedürftigkeit mehr vorliegt. Daraus resultiert für die weit überwiegende Anzahl der Versicherten Besitzstandsschutz (BT-Drs. 18/5926 S. 140). Lediglich Versicherte, bei denen sich nach dem neu eingeführten Begutachtungsinstrument (§ 15) keine Pflegebedürftigkeit mehr ergibt, sollen nach der Neubegutachtung keinem Pflegegrad mehr zugeordnet werden. Die Sätze 2 bis 4 stellen klar, dass Versicherte auch im Falle des Kassenwechsels nach dem Stichtag in dem nach Überleitung zugeordneten Pflegegrad verbleiben. Die Vorschrift stellt damit eine Ausnahme zu § 35 dar, wonach grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft der Anspruch auf Leistung erlischt. Der Besitzstandsschutz greift nach Satz 4 auch beim Wechsel zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung (BT-Drs. 18/1688 S. 146).

2.4 Rückwirkung (Abs. 4)

 

Rz. 7

Abs. 4 bestimmt, dass das ab 1.1.2017 geltende Recht in eng begrenzten Einzelfällen rückwirkend für die Zeit vor dessen Inkrafttreten anzuwenden ist. Wenn eine Pflegebedürftigkeit oder das Vorliegen einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a in der am 31.12.2016 geltenden Fassung durch Leistungsbescheid festgestellt wurde und bei der betreffenden Person in der Zeit vor dem 1.1.2017 eine tatsächliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eingetreten ist, aber erst in der Zeit ab 1.1.2017 – etwa weil zuvor die weitere Entwicklung bzw. die Wirkung der veranlassten Maßnahmen abgewartet werden sollte – ein Höherstufungsantrag gestellt wird, gilt für die ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erbringenden Leistungen im Zeitraum vom 1.11.2016 bis 31.12.2016 das zum 1.1.2017 in Kraft tretende Recht. Die Vorschrift knüpft an § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X an, wonach der Zeitpunkt der wesentlichen Änderung der Verhältnisse als maßgeblich angesehen wird. Die Auswirkungen dieser Rückwirkungsvorschrift im Bereich der sozialen Sicherung der Pflegepersonen sind für die Rentenversicherung in § 141 Abs. 4a geregelt (BT-Drs. 18/6688 S. 146 f.).

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