Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Laktoseintoleranz. HIV-Infektion. Zusammenrechnung der Mehrbedarfe. Unterkunftskosten. Angemessenheit der Heizkosten

 

Leitsatz (amtlich)

Mehrere Mehrbedarfe wegen kostenaufwändiger Ernährung gem § 21 Abs 5 SGB 2 sind in der Regel zusammenzurechnen.

 

Orientierungssatz

1. Bei Laktoseintoleranz ist ein Mehrbedarf in Höhe von 53 Euro gem § 21 Abs 5 SGB 2 als angemessen zu betrachten (vgl LSG Celle-Bremen vom 21.10.2009 - L 6 AS 458/08 ER = info also 2009).

2. Unter Heranziehung der Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 ist bei konsumierenden Erkrankungen wie HIV ein Mehrbedarf in Höhe von 10% der Regelleistung - hier 36 Euro - gem § 21 Abs 5 SGB 2 anzuerkennen.

3. Heizkosten sind - ggf unter Berücksichtigung des Warmwasserabschlags - gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, wenn keine Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Heizverhalten vorliegen.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller in der Zeit vom 30. Oktober 2009 bis zum 30. April 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs in Höhe von 89,00 Euro im Monat zu gewähren.

Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darüber hinaus verpflichtet, dem Antragsteller in der Zeit vom 30. Oktober 2009 bis zum 30. April 2010 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 39,98 Euro im Monat zu gewähren.

Die Auszahlung der Leistungen erfolgt vorläufig. Sie stehen unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Im Übrigen - soweit der Antragsteller darüber hinaus weitere 6,12 Euro Heizkosten im Monat begehrte - wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 75 vom Hundert.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II wegen einer Laktoseintoleranz sowie die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs wegen einer HIV-Erkrankung, daneben die Gewährung höherer Heizkosten.

Der 1968 geborene ledige Antragsteller steht seit 2005 im laufenden Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin, der Trägerin der Grundsicherung in A-Stadt. Er führt seit dem 8. März 2009 ein Klageverfahren u. a. wegen Schadensersatz gegen die Antragsgegnerin (S 23 AS 439/09). Am 16. April 2009 erhob er u. a. wegen Mehrkosten Klage (S 23 AS 711/09). Am 20. Juli 2009 (S 23 AS 1367/09 ER) und am 31. Juli 2009 stellte er Eilanträge bei Gericht, wegen denen die Kammer die Antragsgegnerin verpflichtete, ihm Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung von Tilgungsleistungen zu gewähren (Beschluss vom 31. August 2009). Am 31. Juli 2009 erhob der Antragsteller eine Klage, mit der er sich ebenfalls gegen die Nichtberücksichtigung von Tilgungsleistungen wandte (S 23 AS 1430/09). Am 7. Oktober 2007 stellte der Antragsteller Vollstreckungsanträge (S 23 AS 1890 und 1891/09 ER), weil die Antragsgegnerin den Beschluss vom 31. August 2009 bis dahin nicht umgesetzt hatte. Am 15. Oktober 2009 wandte sich der Antragsteller erneut an das Gericht (S 23 AS 1944/09 ER). Die Kammer verpflichtete darauf die Antragsgegnerin, dem Antragsteller Tilgungsleistungen bis einschließlich April 2010 zu gewähren (Beschluss vom 28. Oktober 2009).

Am 30. Oktober 2009 hat d. Ast. das Gericht erneut um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Er macht die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II wegen einer Laktoseintoleranz sowie die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs wegen einer HIV-Erkrankung geltend. Daneben begehrt er die Gewährung höherer Heizkosten. Er erklärt, ihm werde wegen seiner Erkrankungen lediglich ein Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro im Monat zugesprochen. Dies sei keinesfalls ausreichend. Wegen der Heizkosten trägt er vor, seine diesbezüglichen Kosten seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in tatsächlicher - d. h.: voller - Höhe zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin erklärt, nach dem aktuellen Änderungsbescheid würde dem Antragsteller mittlerweile ein Mehrbedarf von 36,00 Euro im Monat wegen seiner HIV-Infektion gewährt. Ein höherer Mehrbedarf käme nach der Verwaltungsanweisung ebenso wenig in Betracht wie ein Mehrbedarf wegen der Laktoseunverträglichkeit. Wegen der Heizkostenrechnung vom 20. März 2009 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Nachzahlung von 53,93 Euro gewährt (Bescheid vom 18. November 2009). Auf telefonische Rückfrage des Gerichts hat die Antragsgegnerin erklärt, sie habe bisher tatsächliche Heizkosten in Höhe von 18,63 Euro angenommen, diese jedoch um die Warmwasserpauschale von 5,97 Euro bereinigt, so dass 12,66 Euro an monatlichen Heizkosten bewilligt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte Bezug ...

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