Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Übernahme von Mietschulden. Ermessensausübung. missbräuchliches Verhalten des Hilfebedürftigen. Nichtleistung der Mietzahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der nach § 22 Abs 8 SGB 2 (Fassung 2012) zu treffenden Ermessensentscheidung sind in einer umfassenden Gesamtschau die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dabei kann es insbesondere darauf ankommen, ob sich der Leistungsberechtigte missbräuchlich verhalten hat. Dies ist im Regelfall der Fall, wenn der Hilfesuchende die Mietzahlungen bewusst nicht leistet und sein Verhalten darauf schließen lässt, dass er auf eine darlehensweise Übernahme der Schulden durch den Leistungsträger vertraut.

2. Dass durch eine Räumung der bisherigen Wohnung und den Umzug in eine neue angemessene Wohnung auch für den Leistungsträger Aufwendungen entstehen können, die bei einem Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht anfielen, kann in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 19. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten - vorliegend im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - über die darlehensweise Übernahme von Mietschulden.

Der 1968 geborene Antragsteller, der vom 1. Mai 2010 bis 30. April 2011 Arbeitslosengeld I und ab 1. Juni 2010 ergänzend Wohngeld bezog, steht seit dem 1. Mai 2011 im Leistungsbezug des Antragsgegners. Er erhält Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie Kosten für Unterkunft und Heizung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Bereits im Oktober 2010 kündigte der Vermieter den Mietvertrag über die von dem Antragsteller bewohnte Wohnung wegen Zahlungsverzuges des Antragstellers. Die Zahlungsrückstände waren nach Angaben des Antragstellers im Zusammenhang mit einer kurzfristig erforderlich gewordenen Reise zu seiner erkrankten Mutter auf Zypern entstanden. Seinerzeit wurden die Mietrückstände darlehensweise von der Stadt N... übernommen. Für die Monate August, Oktober und November 2011 kam es erneut zu Mietrückständen in Höhe von 1.047,84 EUR, die den Vermieter zur fristlosen Kündigung vom 7. November 2011 veranlassten. Am 20. Dezember 2011 wurde dem Antragsteller die Räumungsklage zugestellt. Am 29. Dezember 2011 erging ein Vollstreckungsbescheid über 1.261,51 EUR einschließlich Nebenforderungen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Januar 2012 sagte der Vermieter zu, den Räumungstitel bei Zahlung des Rückstands in voller Höhe, pünktlichen laufenden Mietzahlungen und ratenweisem Abtrag der Verfahrenskosten nicht zu vollstrecken. Seit Januar 2010 zahlt der Antragsgegner die Unterkunftskosten direkt an den Vermieter.

Den am 21. November 2011 gestellten Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietrückstände lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. November 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2011 ab. Am 9. Januar 2012 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt; am 24. Januar 2012 hat er in der Hauptsache Klage erhoben und gleichzeitig unter Geltendmachung eines anwaltlichen Büroversehens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist gestellt. Den Eilantrag,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von 1.300,00 EUR zu gewähren mit der Maßgabe, den Darlehensbetrag direkt zu zahlen an den Vermieter, A... Baugenossenschaft EG, O... Straße, N...,

hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. Januar 2012 abgelehnt und dabei auch die für das erstinstanzliche Verfahren nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt. Zur Begründung hat das Sozialgericht zum einen ausgeführt, dass der Antragsteller gegen den Bescheid vom 21. November 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2011 keine Klage erhoben habe, die Klagefrist abgelaufen sei und dem Eilantrag insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Zum anderen habe der Antragsteller bei summarischer Prüfung keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe bestehe wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussichten des Eilantrags nicht. Auf die Gründe des Beschlusses vom 19. Januar 2012 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 9. Februar 2012 eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung macht er unter sinngemäßer Bezugnahme auf früheres Vorbringen geltend, dass die Mietrückstände aufgelaufen seien, weil er seinem 13jährigen Sohn, der bei der Kindesmutter lebt, aus von ihm empfundener sozialer Verantwortung einen Laptop sowie Schuhe, einige Kleidungsstücke und einen neuen Schulranzen gekauft habe. Für den Laptop habe sich im August 2011 auf einem Flohmarkt eine günstige Kaufgelegenheit ergeben. Ihm könne nicht entgegengehalten werden,...

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