Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. gesetzliche Änderung des § 1 Abs 1 S 2 BEEG. kein doppeltes Elterngeld für Zwillinge. Kompensation durch Mehrlingszuschlag. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014 (juris: FlexEZeitEGeldPlEG) ist in § 1 Abs 1 S 2 BEEG klargestellt worden, dass bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld besteht und für die weiteren Mehrlinge jeweils (nur) der Mehrlingszuschlag nach § 2a Abs 4 S 1 BEEG gezahlt wird.

2. Dass es Eltern geben mag, die zur Betreuung von Mehrlingskindern beide im gleichen Zeitraum Elternzeit nehmen, ist atypisch und daher gesetzgeberischerseits durchaus vernachlässigbar. Die Kompensation des Mehraufwandes für den Elternzeit nehmenden Elternteil wird in verfassungsrechtlich ausreichender Weise durch den Mehrlingszuschlag kompensiert.

 

Orientierungssatz

Zur vorherigen Rechtslage vergleiche BSG vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 18.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.08.2018; Aktenzeichen B 10 EG 5/18 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. November 2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger und Berufungskläger (Kläger) von der Beklagten und Berufungsbeklagten (Beklagte) Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für seine Tochter Z. in den Mehrlingszuschlag überschießender Höhe zusteht.

Mit Bescheid vom 01.04.2015 war der Mutter des Kindes, Y., Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes X. gewährt worden. Dem Kläger war mit Bescheid vom 06.05.2015 Elterngeld für weitere zwei Monate für das Kind X., und zwar für den sechsten bis siebten Lebensmonat des Kindes bewilligt worden. In den Elterngeldbescheiden war den Eltern für das Kind Z. ein Mehrlingszuschlag i.H.v. 300,00 € monatlich bewilligt worden.

Der Kläger beantragte am 10.03.2015 Elterngeld für zwölf Lebensmonate seines Kindes Z., das 2015 zusammen mit der Zwillingsschwester X. geboren wurde. Am 19.03.2015 wurde ihm in einem Telefonat durch Mitarbeiter des Beklagten erklärt, dass der Antrag wegen der erfolgten Gesetzesänderung abzulehnen sei; er möge ggf. kurzfristig eine Änderung der Elternzeit mit seinem Arbeitgeber klären. Der Kläger erklärte, er sei über die Gesetzesänderung informiert und rechne mit einer Ablehnung, der Antrag solle so bleiben. Der Kläger wurde auf die Partnermonate für den erstgeborenen Zwilling verwiesen.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 02.04.2015 mit der Begründung ab, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes Plus bestehe nach § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 BEEG bei Mehrlingsgeburten ab dem 01.01.2015 nur ein Anspruch auf Elterngeld. Über den gemeinsamen Antrag der Eltern sei bereits durch Bescheid vom 01.04.1014 entschieden worden. Den hiergegen am 30.04.2015 mit der Begründung eingelegten Widerspruch, dass der Kläger nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 BEEG auch für sein Kind Z. dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld für den geltend gemachten Zeitraum habe, wies der Kommunale Sozialverband Sachsen durch Widerspruchsbescheid vom 07.10.2015 als unbegründet zurück. Eltern von Mehrlingskindern hätten insgesamt einen Anspruch auf Elterngeld für 12 bzw. für 14 Monatsbeträge (§ 4 Abs. 2 BEEG). Sie hätten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BEEG auch bei Mehrlingsgeburten weiterhin geburtsbezogen nur einen Anspruch auf Elterngeld. Die erhöhte Erziehungsbelastung werde mit dem Mehrlingszuschlag nach § 2 a Abs. 4 BEEG berücksichtigt. Der Gesetzgeber habe aufgrund der Rechtsprechung und der Gesetzesauslegung hinsichtlich eines kindbezogenen Elterngeldes das Gesetz zum 01.01.2015 ausdrücklich dahingehend geändert.

Die hiergegen am 03.11.2015 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobene Klage, mit der der Kläger vorgetragen hat, die vorgenommene Gesetzesänderung rechtfertige es nicht, von der bisherigen Verwaltungspraxis in Anlehnung an das ergangene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG, B 10 EG 8/12 R) abzuweichen, hat das SG durch Urteil vom 17.11.2016 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.04.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen vom 07.10.2015 sei rechtmäßig. Ein die erfolgte Bewilligung übersteigender Anspruch auf Elterngeld für das Kind Z. bestehe nicht. Der Kläger könne Elterngeld für zwölf Lebensmonate für das Zwillingskind Z. nicht beanspruchen. Zwar habe er in der Zeit vom 15.01.2015 bis 14.01.2016 Elternzeit genommen. Er erfülle auch grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Für den hier geltend gemachten Anspruch des Klägers fehle jedoch nach dem nunmehr eindeutig formulierten Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 BEEG die gesetzli...

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