Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein ursprünglich zulässiger Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann keinen Erfolg haben, wenn feststeht, dass der Antragsteller keinen durchsetzbaren Hauptanspruch mehr besitzt.

2. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der den Erlass einer vorläufigen Regelung bis zum bestandskräftigen Abschluss eines Verwaltungsverfahrens zum Gegenstand hatte, kann nach dem bestandskräftigen Abschluss dieses Verwaltungsverfahrens nicht dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden, dass er nunmehr den Erlass einer vorläufigen Regelung während des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X zum Gegenstand haben soll.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichtes Dresden vom 15. April 2011 aufgehoben. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Instanzen sind nicht erstattungsfähig.

III. Den Antragstellern wird für das Verfahren vor dem Sächsischen Landessozialgericht ab Antragstellung Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S J S , J 6, 01099 D , als Bevollmächtigter beigeordnet. Derzeit sind weder Raten zu zahlen noch Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten.

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich gegen eine einstweilige Anordnung, mit der zur vorläufigen Leistungsgewährung an die Antragsteller verpflichtet wurde.

Der Landkreis M , ein zugelassenen kommunalen Trägers im Sinne von § 6a des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), bewilligte den Antragstellern zuletzt mit vorläufigem Bescheid vom 20. Januar 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für Februar 2008. Die Folgeanträge für die Zeit ab März 2008 lehnte er wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab.

Zum 1. August 2008 wurde der Landkreis M neu gebildet (vgl. § 3 Nr. 5 i. V. m. § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen (Sächsisches Kreisgebietsneugliederungsgesetz - SächsKrGebNG) vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 102]). Dieser ist nunmehr zugelassener kommunaler Träger (vgl. Anlage zu § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende [Kommunalträger-Zulassungsverordnung - KomtrZV] vom 24. September 2004, zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 3 der Verordnung vom 1. Dezember 2010 [BGBl. I S. 1758]) und Antragsgegner im vorliegenden Rechtsstreit.

Am 10. Januar 2011 stellten die Antragsteller einen Fortzahlungsantrag.

Am 22. März 2011 haben die Antragsteller um Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.

Mit Bescheid vom selben Tag hat der Antragsgegner den Fortzahlungsantrag abgelehnt. Hilfsweise hat er gemäß § 66 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II versagt. Die Entscheidung ist damit begründet worden, dass erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben zur Bedürftigkeit der Antragsteller bestünden.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15. April 2011 dem Antrag der Antragsteller teilweise entsprochen hat. Es hat den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern beginnend ab dem 1. April 2011 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber für die Dauer von drei Monaten vorläufig monatlich Leistungen nach dem SGB II in bezifferter Höhe zu gewähren.

Der Antragsgegner hat hiergegen am 21. April 2011 Beschwerde eingelegt. Auf seinen Vortrag, dass der Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden sei, hat der Bevollmächtigte der Antragsteller im Schriftsatz vom 13. Mai 2011 erklärt, dass der Bescheid der Bedarfsgemeinschaft zugegangen sei. Er habe am 19. April 2011 auftragsgemäß ein Widerspruchsschreiben verfasst, das aber auf Grund eines kanzleiinternen Versehens die Kanzlei nicht verlassen habe. Mit Schreiben vom 13. Mai 2011 sei ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) gestellt worden. Im Schriftsatz vom 13. Mai 2011 hat der Antragstellerbevollmächtigte höchst vorsorglich gegenüber dem Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Auf Grund des Überprüfungsantrages sei über den bestandskräftigen Ablehnungsbescheid vom 22. März 2011 noch zu entscheiden, was noch nicht geschehen sei. Aus diesem Grund sei das Rechtsschutzbedürfnis noch nicht entfallen.

Der Antragsgegner beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichtes Dresden vom 15. April 2011 (S 20 AS 1536/11 ER) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Hilfsweise, deren Auszahlung von der vorherigen Absicherung der Rückzahlung durch Bestellung eines Grundpfandrechts an der eigengenutzten Immobilie der Antragsteller abhängig zu machen.

Die Antragsteller, die in der Sache keinen Antrag gest...

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