Entscheidungsstichwort (Thema)
örtliche Zuständigkeit. stationäre Einrichtung. Einrichtung
Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Eilfall streitig, ob der Leistungsberechtigte in einer stationären Einrichtung im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII untergebracht ist, kommt § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII nicht zur Anwendung. Die Vorschrift gilt nur für Eilfälle, in denen ein Anspruch auf Hilfe in einer stationären Einrichtung besteht.
In einem solchen Streitfall ist die Regelung des § 43 SGB I über die Verpflichtung zu vorläufigen Leistungen anwendbar.
Normenkette
SGB XII § 98 Abs. 2 S. 3; BSHG § 97 Abs. 2 S. 3; SGB I § 43 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Bremen (Aktenzeichen S4 V 276/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen – 4. Kammer für Sozialgerichtssachen – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegner ab 01.02.2005 die Kosten für die Unterbringung des Antragstellers im A., Bremen, vorläufig bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin im Verfahren Az. 6 A 437/05 (vormals VG Berlin 17 A 507.03) zu übernehmen hat.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Dazu gehören nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.
Tatbestand
I.
Der 1917 geborene Antragsteller wohnte bis 1985 in Berlin. Anschließend zog er nach Bremen, wo er in verschiedenen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe untergebracht war. Seit dem 03.01.2002 lebt er im A. in Bremen.
Der Antragsteller bezog seit 1984 Leistungen der Sozialhilfe, die vom Antragsgegner (Land Berlin) erbracht wurden.
Nach dem Wechsel des Antragstellers ins A. erfolgte zunächst keine Kostenübernahme durch den Antragsgegner. Nachdem der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Berlin am 24.04.2002 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hatte, erklärte das Sozialamt des Bezirksamts Lichtenberg von Berlin mit Schreiben vom 03.05.2002, es werde dem Antragsteller Hilfe gewähren. Daraufhin wurde das Verfahren von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt und dem Antragsgegner wurden die Kosten auferlegt (B. v. 17.05.2002, Az. VG Berlin 17 A 226.02).
Am 31.05.2002 zahlte der Antragsgegner an das A. 8.097,46 Euro.
Weitere Zahlungen an das A. erfolgten nicht. Mit Schreiben vom 25.06.2003 teilte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin, dem Antragsteller mit, eine (weitere) Kostenübernahme könne nicht erfolgen, da nicht geklärt sei, ob es sich beim A. um eine Einrichtung i.S.v. § 97 Abs. 4 BSHG handele und damit die Zuständigkeit beim Land Berlin liege.
Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller die Übernahme der Kosten für seine Unterbringung im A. seit dem 01.06.2002 begehrte, lehnte das Verwaltungsgericht Berlin mit Beschluss vom 26.08.2003 (Az. 17 A 365.03) ab. Es fehle an einem Regelungsbedürfnis, da nicht glaubhaft sei, dass das A. alsbald eine weitere Betreuung des Antragstellers verweigern werde.
Am 17.09.2003 erhob der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Berlin und beantragte festzustellen, dass das Land Berlin verpflichtet sei, die Heimkosten ab dem 01.06.2002 zu übernehmen abzüglich der monatlichen Rente des Klägers und des monatlich bereits erhaltenen Taschengeldes (Az. VG Berlin 6 A 437.05). Über diese Klage ist noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 06.12.2004 lehnte es das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin, ab, die Pflegebedürftigkeit des Antragstellers festzustellen, weil das Land Berlin nicht der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe sei. Die Krankenhilfe nach § 37 BSHG werde dem Antragsteller ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches zur Sicherstellung der geltend gemachten notwendigen medizinischen Versorgung vom Land Berlin gewährt.
Mit Bescheid vom 25.01.2005 lehnte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf auch die weitere Anmeldung des Antragstellers bei der AOK Berlin ab.
Durch Beschluss vom 24.02.2005 verpflichtete das Verwaltungsgericht Bremen – 4. Kammer für Sozialgerichtssachen – den Antragsgegner (Land Berlin) im Wege der einstweiligen Anordnung, die Krankenversicherung des Antragstellers für das Jahr 2005, die Feststellung seiner Pflegebedürftigkeit und den Ausgleich der Unterbringungskosten für den Antragsteller im A., Bremen, vorläufig bis zur Entscheidung der beim Verwaltungsgericht Berlin anhängigen Hauptsacheklage sicherzustellen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die einstweilige Anordnung zu Recht erlassen (vgl. § 86 b Abs. 2 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Einwände des Antragsgegners gegen die erstinstanzliche Entscheidung greifen nicht durch.
1.
Ein Anordnungsgrund liegt vor. Zwar hat der Heimträger des A. den Vertrag mit dem Antragsteller noch nicht gekündigt. Jedoch sind die Kosten für die Unterbringung des Antragstellers bereits seit etwa drei Jahren nicht...