Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Mitwirkungspflicht des Antragstellers zu Leistungen der Grundsicherung zum Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung trägt der Antragsteller für das Bestehen seiner Hilfebedürftigkeit die objektive Beweislast.

2. Legt der Antragsteller weder die für die Befreiung vom Bankgeheimnis erforderliche Einverständniserklärung vor noch stellt er dem Gericht die angeforderten Kontoauszüge zur Verfügung, so ist die auf Bewilligung von Grundsicherungsleistungen gerichtete Klage mangels feststellbarer Hilfebedürftigkeit abzuweisen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.03.2021; Aktenzeichen B 4 AS 308/20 B)

 

Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) vom 1. Februar 2015 bis 31. Januar 2016).

Der 1957 geborene Kläger war mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 18. Februar 2012 gemäß § 20 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) seit dem 1. September 1991 von der Versicherungspflicht befreit worden.

Er hatte im November 2003 eine Rentenversicherung bei der HL AG (HL) abgeschlossen. Der Rückkaufswert betrug zum 1. Dezember 2012 unter Berücksichtigung der Kapitalertragssteuer und eines Verwertungsausschlusses 321.018,80 €. Die Frage deren Verwertbarkeit als Vermögen war bereits Gegenstand vielzähliger Rechtsstreitigkeiten (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 19. Juni 2017, L 5 AS 383/14).

Nach einem Schreiben der SC-Bank AG vom 26. Oktober 2012 an die Staatsanwaltschaft M. (250 JS .../12) habe der Kläger vier Sparbriefe mit einer Anlagesumme von insgesamt 23.910 €. Ferner waren dem Beklagten aus frühreren Leistungsanträgen mindestens 13 Girokonten bei verschiedenen Banken bekannt.

Der Kläger verbüßte eine Haftstrafe vom 19. Februar 2013 bis zum 26. Februar 2014. Nach der Haftentlassung beantragte er bei dem Beklagten am 28. Februar 2014 Leistungen nach dem SGB II. Das Girokonto werde bei der SP-Bank geführt (Kontostand: 0). Er gab zu seinem Vermögen an, bei der P-Bank Hb zwei Sparanlagen und bei der SP-Bank B. einen Sparbrief zu haben (Gesamtbetrag: 3.976,71 €). Nach seiner Darstellung unterlägen die Sparbriefe „Treuhandabreden“ mit einem Hotelpächter Br. Die Rentenversicherung bei der HL diene der Altersversorgung und sei seit März 2006 verpfändet.

Am 13. April 2014 zeigte der Kläger seine neue Bankverbindung bei der SPK M. an (163...713). Nach der Auskunft der SPK M. vom 13. März 2018 soll dieses ab 16. Juni 2014 als „P-Konto“ geführt worden sein.

Rechtsanwalt RA legte der Beklagten am 4. April 2014 den Kontoauszug Nr. 21 vom 8. Mai 2013 der SPK M. (49...767) vor. Ein Geschäfts- oder Anderkonto der Rechtsanwaltskanzlei betraf dieses Konto nicht.

Der Kläger hatte Miete i.H.v. 345 €/Monat für die ab 7. April 2014 bezogene Wohnung im B... Weg 20, M. zu zahlen. Nach seinen Angaben im Schriftsatz vom 13. Dezember 2014 zahlte er diese ab 1. August 2014.

Der Kläger bezieht seit dem 1. August 2014 eine monatliche „besondere Zuwendung“ nach § 17a Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz i.H.v. zunächst 250 € und seit Januar 2015 i.H.v. 300 €).

Nach seiner Haftentlassung hatte der Kläger bei dem Beklagten am 28. Februar 2014 zunächst ohne Erfolg Leistungen nach dem SGB II beantragt. Später hatte der Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen für die Zeit von August 2014 bis Januar 2015 bewilligt, zuletzt i.H.v. 744 € für Januar 2015 (Bescheide vom 17. und 29. Oktober sowie 22. November 2005).

Der Beklagte hatte die Leistungsbewilligung mit Wirkung zum 1. Februar 2015 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aufgehoben (Bescheid vom 15. Dezember 2014), obwohl die vorläufige Leistungsbewilligung nur bis Januar 2015 ging. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit einem weiteren Bescheid vom 30. Dezember 2014 lehnte der Beklagte die Leistungsbewilligung ab 1. Februar 2015 ab. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2015 zurückwies (W 4888/14). Er ergänzte den Bescheid vom 30. Dezember 2015, dass die Ablehnung die Zeit ab 1. Februar 2015 bis 31. Januar 2016 betreffe.

Dagegen hat der Kläger am 7. Januar 2015 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben (S 12 AS 61/15). Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. März 2016 abgewiesen, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Die Verwertung seiner Lebensversicherung sei ihm zumutbar.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2015 (W 52/15) verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2014 betreffend die Ablehnung von Leistungen ab 1. Februar 2015 als unzulässig. Entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung in dem Bescheid sei dieser gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsv...

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