Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretung des Landes in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts. Stelle, der die Aufgaben des Landesversorgungsamtes übertragen worden sind. Außenvertretung durch Referat des Landesverwaltungsamtes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch § 71 Abs. 5 SGG soll erreicht werden, dass das Land in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts durch eine Organisationseinheit gesetzlich vertreten wird, die hierzu aus bundesrechtlicher Sicht geeignet ist.

2. Zur Sicherung der fachlichen Qualität der Vertretung im Gerichtsverfahren knüpft § 71 Abs. 5 SGG an die organisationsrechtlichen Vorkehrungen an, durch die der Bundesgesetzgeber im Errichtungsgesetz die fachliche Qualität der von den Ländern durchzuführenden Versorgungsverwaltung sichern will.

3. Wenn ein Land das Landesversorgungsamt als besondere Verwaltungsbehörde (bzw. ein Landesamt, das neben den Aufgaben des Landesversorgungsamtes weitere soziale Aufgaben aus dem gleichen Ressort wahrgenommen hat,) aufgelöst hat, kann es auch nach der zweiten Alternative des § 71 Abs. 5 SGG nur durch eine Stelle vertreten werden, deren Organisation die für die fachliche Qualität der Vertretung erheblichen Anforderungen des Errichtungsgesetzes erfüllt (hier ein Referat des Landesverwaltungsamtes).

4. Wenn die Stelle, welche die Anforderungen des § 71 Abs. 5 SGG i.V.m. dem Errichtungsgesetz erfüllt, nur Teil einer Behörde der allgemeinen Landesverwaltung ist, ist dieser Stelle kraft Bundesrecht die Fähigkeit zuzuerkennen, das Land in eigener Zuständigkeit in den Angelegenheiten des § 71 Abs. 5 SGG vor Gericht gesetzlich zu vertreten.

 

Normenkette

SGG § 71 Abs. 5; GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, Art. 84 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Halle (Saale) (Aktenzeichen S 4 SB 31/01)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird wegen der Frage zugelassen, ob das beklagte Land prozessfähig ist.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G).

… (vom Gericht gekürzt)

Das beklagte Land ist im vorliegenden Verfahren bis zum 31. Dezember 2003 durch das Landesamt für Versorgung und Soziales vertreten worden. Dieses Amt ist durch § 1 des Gesetzes zur Einrichtung des Landesverwaltungsamtes, das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Landesverwaltung vom 17.12.2003 (GVBl. LSA S. 352) am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, aufgelöst worden. Seine Aufgaben sind nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Einrichtung des Landesverwaltungsamtes auf dieses übergegangen. Zu der Frage, durch den Leiter welcher Organisationseinheit das Landesverwaltungsamt in den Verfahren nach § 71 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz vertreten sein soll, hat sich der Leiter des Referats 106 (Justiziariat) geäußert. Nach seiner Auffassung ist das Landesverwaltungsamt die Stelle, auf die im Sinne von § 71 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz die Aufgaben des Landesversorgungsamtes übertragen worden sind.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. Die Akte des Beklagten über den Kläger – Aktenzeichen 37 161 83 0692 3 – hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und ist der Entscheidung zugrunde gelegt worden.

 

Entscheidungsgründe

A

Der Senat kann in der Sache entscheiden. Das beklagte Land hat im vorliegenden Verfahren seine Prozessfähigkeit im Sinne von § 71 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Neuordnung seiner Versorgungsverwaltung nicht verloren, weil die Anforderungen des § 71 Abs. 5 SGG an seine Vertretung jedenfalls vorerst noch erfüllt sind.

Nach § 70 Nr. 1 SGG ist das Land fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Als juristische Person ist es in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit aber nur prozessfähig, wenn es durch eine natürliche Person gesetzlich vertreten ist, die nach § 71 SGG in dem Verfahren für es handeln darf. Da der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts gehört, gilt die Sondervorschrift des § 71 Abs. 5 SGG. Nach der hier anzuwendenden Neufassung durch das am 2. Januar 2002 in Kraft getretene Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl. I 2144) wird das Land in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. Demzufolge ist in Ländern, in denen ein Landesversorgungsamt im Sinne der ersten Alternative des § 71 Abs. 5 SGG besteht, dessen Leiter bzw. Leiterin die natürliche Person, durch die das Land im Gerichtsverfahren gesetzlich vertreten wird. Wenn ein Land eine Stelle errichtet hat, welche die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Vorschrift erfüllt, ist deren Leiter bzw. Leiterin die natürliche Person, durch die das Land gesetzlich vertreten wird.

Nach Auffassung des Senats ist das beklagt...

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