Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Instandhaltungs- und Reparaturkosten für selbst bewohntes Wohneigentum. Angemessenheitsprüfung. Gesamtwohnfläche. tatsächlich bewohnte Wohnfläche. Vermietung. Teilbarkeit eines Hausgrundstücks

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf KdUH-Leistungen wegen unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur nach § 22 Abs 2 SGB 2 besteht nur bei Wohneigentum von angemessener Größe iSv § 12 Abs 3 S 1 SGB 2 (vgl LSG Halle vom 22.10.2015 - L 4 AS 431/15 B ER = EuG 2016, 157).

 

Orientierungssatz

Der Umstand, dass der Leistungsempfänger aus bauordnungsrechtlichen Gründen an einer Aufteilung des Grundstücks, etwa durch Verkauf des vermieteten Vorderhauses, gehindert ist, ändert an der Beurteilung der Angemessenheitsgrenze nichts und führt auch nicht dazu, dass nur auf den vom Leistungsempfänger bewohnten Wohnanteil abzustellen ist. Die Teilbarkeit eines Hausgrundstücks bei entsprechender Größe ist keine Frage der angemessenen Größe des Hausgrundstücks, sondern erst bei der Zumutbarkeit der Verwertbarkeit eines unangemessenen Hausgrundstücks im Rahmen der Härteregelung (§ 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2) zu berücksichtigen (vgl BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R = SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 18).

 

Tenor

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. März 2020 werden zurückgewiesen.

Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Übernahme der Kosten für eine Instandsetzung bzw. Erneuerung der Heizungsanlage in dem von ihm bewohnten Wohnhaus im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der am ... 1962 geborene Antragsteller steht bei dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (im Folgenden: Antragsgegner) im laufenden Leistungsbezug. Der Antragsteller ist Alleineigentümer eines von ihm bewohnten Wohnhauses mit Grundstück in N ... Das Einfamilienhaus verfügt über eine Gesamtwohnfläche von 130 m² und besteht aus einem Vorder- und einem Hinterhaus. Das ca. 65 qm große Vorderhaus ist vermietet. Hierfür bezieht der Antragsteller eine monatliche Miete ohne Heiz- und Warmwasserkosten von 408,30 EUR. Der Antragsteller bewohnt alleine das ca. 65 qm große Hinterhaus. Das Vorder- und das Hinterhaus verfügen über getrennte Heizungsanlagen, Strom- und Gaszähler.

Für den Zeitraum von November 2019 bis Oktober 2020 bewilligte der Antragsgegner SGB II-Leistungen in Höhe des Regelbedarfs sowie Kosten der Unterkunft (im Folgenden: KdU) in wechselnder Höhe (zwischen monatlich 18,59 EUR und 200,75 EUR) sowie Heizkosten in tatsächlicher Höhe von 75,00 EUR zzgl. der Kosten für den Betriebsstrom der Heizungsanlage. Bedarfsmindernd rechnete der Antragsgegner Mieteinnahmen von 208,00 EUR, bereinigt um die KFZ-Haftpflichtversicherung (19,93 EUR) und Versicherungspauschale von 30,00 EUR, an (Änderungsbescheide vom 9. Dezember 2019 und vom 18. Dezember 2019).

Am 11. Dezember 2019 beantragte der Antragsteller die Kostenübernahme für den Austausch bzw. die Erneuerung der Brennwerttherme des von ihm bewohnten Hinterhauses. Zur Begründung trug er vor, bei der Heizungswartung seien diverse Mängel der 23 Jahre alten Brennwerttherme festgestellt worden. Diese arbeite nicht mehr korrekt und lasse sich nicht mehr sparsam steuern und betreiben. Grund hierfür sei eine fehlerhafte Hauptsteuerplatine, welche aufgrund des Alters der Heizungstherme im Fachhandel nicht mehr erhältlich sei. Ein Austausch der Brennwerttherme sei ihm empfohlen worden. Weitere Reparaturen seien unwirtschaftlich. Er legte ein Angebot der Firma H. vom 4. Dezember 2019 über 5.833,30 EUR vor.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Kostenübernahme mit Bescheid vom 10. Januar 2020 ab und führte zur Begründung aus, das selbstgenutzte Eigenheim falle wegen seiner unangemessenen Größe nicht unter den Schutz des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Ein Anspruch auf Leistungen wegen unabweisbarer Aufwendungen für Instandhaltung und Reparaturen nach § 22 Abs. 2 SGB II bestünde nicht. Auf die Verwertbarkeit und auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II komme es nicht an.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 22. Januar 2020 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass bei einem Haus mit nur einem Bewohner eine Wohnfläche von 90 qm als angemessen gelte. Das von ihm allein bewohnte Hinterhaus mit einer Wohnfläche von ca. 65 qm sei mithin angemessen im Sinn des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Das Vorderhaus sei vermietet. Leistungen des Antragsgegners erhalte er hierfür nicht.

Am 11. Februar 2020 zeigte der Antragsteller an, dass die Heizungsanlage mittlerweile defekt sei. Ausgetretenes Wasser habe zu erheblichen Schäden am Fußboden geführt. Nach einer Stellungnahme der Firma H. se...

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