Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. medizinische Rehabilitation. Höhe des Persönliches Budgets. 24-Stunden-Assistenz. Arbeitgebermodell. Arbeitgeber-Overhead-Leistungen. Begrenzung der Kosten durch § 17 Abs 3 S 4 SGB 9. Soll-Vorschrift. Budgetneutralität. Abweichung in atypischen Fällen

 

Orientierungssatz

1. Die Höhe der Kosten eines Persönlichen Budgets bei vorherigem Sachleistungsbezug für eine 24-Stunden-Assistenz im Rahmen eines sogenannten Arbeitgebermodells sind gem § 17 Abs 3 S 4 SGB 9 auf den Betrag begrenzt, den der Rehabilitationsträger bisher auf die Sachleistungen aufgewendet hat. Eine Abweichung von der durch die bisherigen Kosten bestimmten Obergrenze ist nur in besonders begründeten Ausnahmefällen - in so genannten atypischen Fällen - und auch nur vorübergehend bzw übergangsweise (zB beim Umstieg eines bislang stationär betreuten Leistungsberechtigten auf eine ambulante Betreuung) möglich (s BT-Drucks 15/1514, 72).

2. Der im Zusammenhang mit den Dienstleistungen durch die Assistenzkräfte stehende Verwaltungs- und Organisationsaufwand für die Auswahl der Kräfte, deren Einarbeitung, Anleitung, Diensteinteilung und die sonstige Personalverwaltung (so genannte Arbeitgeber-Overhead-Leistungen) stellt keinen gesonderten neben den Assistenzleistungen bestehenden Bedarf dar, sondern ist notwendiger Bestanteil der komplexen Sachleistung "24-Stunden-Assistenz".

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 31.01.2012; Aktenzeichen B 2 U 1/11 R)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 26.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Persönlichen Budgets nach § 17 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).

Der im Jahr 1964 geborene Kläger erlitt bei einem Wegeunfall am 26.10.1989 schwere Verletzungen. Wegen einer daraus resultierenden spastischen Lähmung der unteren Gliedmaßen, einer schlaffen Lähmung des linken Armes und einer Blasen- und Mastdarmlähmung bezieht er von der Beklagten eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (vH). Seit 01.12.1990 erhält er eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Beklagte gewährt dem in einer angemieteten Wohnung lebenden Kläger als Sachleistung u.a. eine Fachpflege durch die Ambulante Krankenpflege R. (A.) und eine tägliche 24-Stunden-Pflege mit Hilfspflegekräften durch den M. e.V. K. (M.). Der M. hat mit der Beklagten eine Vergütung von pauschal 12,00 €/Stunde, also (unter Berücksichtigung von Schaltjahren) durchschnittlich 8.766,00 € im Monat vereinbart. Im Laufe der Zeit übernahm der Kläger die Auswahl der dann vom M. angestellten Hilfspflegekräfte, lernt sie an, weist sie ein und macht die Einsatzplanung. Der M. führt weiterhin die Personalverwaltung und rechnet gegenüber der Beklagten ab.

Am 22.03.1998 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für ein so genanntes Arbeitgebermodell, in dessen Rahmen er als Arbeitgeber Hilfspflegekräfte aufgrund von Arbeitsverträgen selbst beschäftigt. Er legte Berechnungen zu den voraussichtlichen Kosten und ausgearbeitete Pflegepläne vor.

Mit Bescheid vom 18.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2000 lehnte die Beklagte den Antrag auf Einrichtung eines Arbeitgebermodells ab. Hiergegen erhob der Kläger erfolglos Klage zum Sozialgericht (SG) Speyer (Urteil vom 29.05.2002 - S 12 U 349/00 - ) und Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15.06.2004 - L 3 U 293/02 -). Auf die Revision des Klägers hin verpflichtete sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundessozialgericht (BSG) am 16.11.2005, den Kläger hinsichtlich der Gewährung eines Persönlichen Budgets auf der Grundlage des geltenden Rechts neu zu bescheiden.

Der Kläger legte daraufhin der Beklagten eine vom Z. e.V. (Z ) B. erstellte Kostenkalkulation vom 12.07.2006 für das Arbeitgebermodell vor. Danach beliefen sich die monatlichen Kosten für eine 24-Stunden-Assistenz auf 9.898,62 € monatlich unter Ansatz eines Stundensatzes von 12,36 € sowie Pauschalen für Krankheit, Einarbeitung und Urlaub sowie Lohnnebenkosten.

Mit Bescheid vom 18.07.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger ein Persönliches Budget anstelle der bisherigen Pflege durch den M.. Im Rahmen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werde die Durchführung des Modellprojekts "Pflege in selbständiger Assistenz (Arbeitgebermodell)" bewilligt. Das Persönliche Budget werde frühestens ab 01.11.2006 gewährt und ende am 31.10.2007. Das Budget verlängere sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn sie - die Beklagte - den Kläger nicht spätestens drei Monate vor Ablauf auf das Auslaufen des Budgets schriftlich hinweise. Mit dem Persönlichen Budget, das monatlich 8.800,00 € betrage, sollten die Aufwendungen für Sicherstellung der Betreuung und Pflege des Klägers und für Einstellung und...

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