Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tagespflegerin. eigene Rechnung. Randzeitenbetreuung in einer Kindertageseinrichtung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Orientierungssatz

Zur (nicht bestehenden) Sozialversicherungspflicht einer Tagespflegerin, die auf eigene Rechnung in der Randzeitenbetreuung in einer Kindertageseinrichtung tätig ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.7.2016 geändert. Der Bescheid vom 20.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Tagespflegerin für die Klägerin vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für den gesamten Rechtsstreit auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als Tagespflegerin für die Klägerin vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Klägerin betreibt eine Kindertagesstätte in der N-straße in L. Im Rahmen eines Pilotprojektes "Erweiterte und flexible Öffnungszeiten in Tageseinrichtungen für Kinder N-straße" bot sie über die Kinderbetreuung in der Kindertagesstätte hinaus eine so genannte Randzeitenbetreuung in Form der Kindertagespflege gem. § 22 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) an. Kindertageseinrichtungen betreuen die Kinder maximal 45 Stunden in der Woche. Benötigen Eltern darüber hinaus Betreuungszeiten, um Familie und Beruf zu vereinbaren, können diese vor oder nach der institutionellen Betreuung über Tagespflegepersonen abgedeckt werden. Diese Kindertagespflege erfolgte durch die Beigeladene zu 1) und eine weitere Tagespflegeperson an fünf Tagen pro Woche. Die Betreuung der Kinder erfolgte auf der Grundlage einer so genannten "Verbindlichen Erklärung" zu dem zusätzlichen, über die Öffnungszeiten der Tageseinrichtung für Kinder hinausgehenden Betreuungsbedarf, die von den Erziehungsberechtigten und der Tagespflegeperson unterzeichnet wurde. Vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Erziehungsberechtigten bestanden nicht.

Auf ihren Antrag vom 16.4.2012 erteilte das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Klägerin mit Bescheid vom 1.10.2012 der Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zur Kindertagespflege gem. § 43 SGB VIII für Randzeitenbetreuung in den Räumen der Städtischen Kindertagesstätte N-straße, N-straße 00, L, für den Zeitraum vom 21.9.2012 bis 31.12.2012 für die gleichzeitige Betreuung von maximal fünf Kindern. In der Begründung dieses Bescheides wurde u.a. ausgeführt, dass für die Tätigkeit als Kindertagespflegeperson eine Pflegeerlaubnis gem. § 43 Abs. 1 SGB VIII erforderlich sei, da die Antragstellerin Kinder außerhalb des Haushaltes der Erziehungsberechtigten in anderen Räumen während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen wolle. Weiter wird ausgeführt, dass Kindertagespflegepersonen verpflichtet seien, die ihnen anvertrauten Kinder auf der Grundlage des § 22 Abs. 3 SGB VIII zu erziehen, zu bilden und zu betreuen, wobei sie die erzieherischen Entscheidungen der Eltern zu achten hätten. Nach den Ausführungen im Anhang des Bescheides haben Kindertagespflegepersonen gem. § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuungstätigkeit bedeutsam sind. Wegen der im Einzelnen aufgeführten Regelbeispiele wird auf den Anhang Bezug genommen.

Unter dem 25.2.2013 erhielt die Beigeladene zu 1) vom Bundesverband für Kindertagespflege e.V. das Zertifikat als "Qualifizierte Kindertagespflegeperson".

Für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.7.2014 erteilte die Klägerin der Beigeladenen zu 1) entsprechende Pflegeerlaubnisse, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) lagen schriftliche "Aufträge" der Klägerin vom 1.10.2012 und 20.9.2013 zugrunde. Der Auftrag vom 1.10.2012 lautete auszugsweise wie folgt:

" ...

1. Frau C ... wird hiermit beauftragt, folgende Honorartätigkeit auszuführen:

Frau C führt im Rahmen des Pilotprojektes "Erweiterte und flexible Öffnungszeiten in Tageseinrichtungen für Kinder" N-straße den Part der Vertretung in Randzeitenbetreuung durch Kindertagespflege aus. Das duale Betreuungssystem beinhaltet, neben der institutionellen Betreuung von Kindern in Höhe von mindestens 45 Stunden wöchentlicher Öffnun...

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