Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.01.2023; Aktenzeichen B 8 SO 72/22 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.03.2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Vorsorgeaufwendungen (freiwillige Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung).

Bei dem 1973 geborene Kläger bestehen ua ein schweres Asperger- und ADHS-Syndrom, ein hochgradiges gemischtes Zwangssyndrom, eine Depression und multiple Phobien. Er ging ab September 1993 bis März 1997 einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Danach bezog er bis zum 31.12.2004 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und vom 01.01.2005 bis zum 31.01.2013 Grundsicherung nach dem SGB II. Seit Februar 2013 erhielt er Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Nachdem die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (DRV) mit Bescheid vom 20.04.2017 ab dem 01.12.2015 Dauerrente wegen voller Erwerbsminderung iHv 270,19 EUR/Monat bewilligte, erhält er Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Er bezieht außerdem eine Rente aus Polen iHv ca. 10 EUR monatlich.

Am 18.05.2017 beantragte der Kläger die Übernahme von freiwilligen Höchstbeiträgen zur Rentenversicherung ab dem 01.02.2013 bis zum 30.11.2040 iHv monatlich 1.131,35 EUR für 2015, 1.159,40 EUR ab 2016 und 1.187,45 EUR ab 2017. Der Kläger legte ein Schreiben der DRV vor, nach dem er zur Entrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge berechtigt sei. Aus der beigelegten Rentenauskunft ergibt sich bei Einzahlung der genannten Beträge eine Regelaltersrente iHv 1.946,43 EUR ab dem 01.12.2040. Der Kläger trug vor, mit der Zahlung der Höchstbeträge sei er bei Eintritt in das Rentenalter nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig.

Mit Bescheid vom 31.08.2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Ausgehend von den genannten Beträgen würden Kosten in Höhe von ca. 370.000 EUR entstehen. Nach der aktuellen Sterbetafel des statistischen Bundesamtes ergebe sich für den Kläger noch eine Lebenserwartung von 36,44 Jahren (80 Jahre). Die Beklagte würde daher ab dem 67. Lebensjahr 13 Jahre Leistungen einsparen. Für den Kläger ergebe sich derzeit ein Sozialhilfeanspruch von 738,85 EUR, der auf 13 Jahre hochgerechnet zu einer Entlastung der Beklagten iHv 115.260,60 EUR führen würde. Auch unter Berücksichtigung von künftigen Regelsatz- und Mieterhöhungen könne sich nur eine Einsparsumme unterhalb der begehrten Rentenbeiträge ergeben. Der monatliche freiwillige Betrag zur Rentenversicherung iHv aktuell 1.187,45 EUR übersteige den derzeitigen monatlichen Grundsicherungsanspruch von 738,85 EUR erheblich. Die beantrage Leistung stehe daher in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu dem Aufwand und der späteren Entlastung der Sozialhilfe. Nachdem der Kläger geltend machte, diesen Bescheid nicht erhalten zu haben, wurde der Bescheid erneut unter dem 19.02.2018 an den Kläger versandt.

Mit Schreiben vom 14.03.2018 legte der Kläger Widerspruch ein. Im Fall der freiwilligen Beitragszahlungen könne er mit Erreichen des Rentenalters seinen Lebensunterhalt unabhängig von Sozialleistungen bestreiten. Für die Beklagte ergebe sich hier eine Ersparnis, da die steigenden Lebenserhaltung und Wohnkosten in 20 Jahren in etwa die Höhe des aktuell errechneten Höchstbeitrags zur Rentenversicherung betragen würde. Wenn er mit 62 Jahren in Rente gehen würde, könne das Sozialamt über 100.000 EUR sparen. Die Ersparnis sei sogar noch größer, wenn er bereits im Alter von 60 Jahren mit dem Rentenbezug beginnen würde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei einem Renteneintritt mit 60 Jahren ergäben sich durchschnittliche Gesamtaufwendungen iHv 227.990,40 EUR, bei einem Renteneintritt mit 62 Jahren iHv 256.489 EUR und bei einem Renteneintritt mit 65 Jahren iHv 299.237,40 EUR. Auch ohne konkrete Vorhersage in Bezug auf die Entwicklung der Regelsätze und die Kosten der Unterkunft in den kommenden Jahren seien die Einsparungen erheblich geringer als die errechneten Beiträge. Zudem sei selbst bei einem Renteneintritt mit 67 Jahren bei einem prognostizierten Rentenhöchstsatz von 1.946,43 EUR nicht sichergestellt, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt vollständig ohne weitere Sozialleistungen bestreiten könne und keine besonderen Pflegeleistungen oder Leistungen für die Unterbringung in einer stationären Einrichtung benötige. Niemand könne vorhersehen, wie sich die Erkrankung des Klägers mit zunehmenden Alter entwickeln werde. Daher könne auch der Vortrag des Klägers, er benötige im Alter Stabilität, Sicherheit und Ruhe und dies werde durch ausreichende finanzielle Mittel gewährleistet, nicht überzeugen.

Der Kläger hat am 25.06.2018 bei dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben. Der angestrebte Rentenbezug würde auch die Kosten für einen Betreuer und ambulante Betreuungskosten decken. Darüber hin...

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