Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Dienstrecht. Beförderung eines DO-Angestellten. Nichtigkeit. Verstoß gegen Stellenplan. Dienstordnung. funktionsgerechte Stellenbewertung. Topfwirtschaft. Rückforderungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beförderung eines Dienstordnungsangestellten bei einer Berufsgenossenschaft ist gem § 146 SGB 7 nichtig, wenn sie gegen den Stellenplan als Bestandteil der Dienstordnung verstößt. Ein Verstoß liegt vor, wenn es an einer freien besetzbaren Planstelle fehlte, weil die zur Beförderung genutzte Stelle an eine andere Funktion (hier: die eines Leitenden Technischen Aufsichtsbeamten) gebunden war. Trotz des formalen Arbeitnehmerstatus der Dienstordnungsangestellten sind diese hinsichtlich der materiellen Arbeitsbedingungen nahezu vollständig den Beamten gleichgestellt.

2. Da im Stellenplan der Grundsatz der funktionsgerechten Stellenbewertung umzusetzen ist, hat die Berufsgenossenschaft auch die Bewertung der jeweiligen Stelle durch Angabe der Funktion deutlich zu machen. Unabhängig davon darf sie nicht ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde von einer Funktionsangabe einer Stelle abweichen, nachdem sie die jeweilige Funktion im Rahmen des Genehmigungsverfahrens des Stellenplans oder seiner Änderung angegeben hatte. Im Übrigen überschreitet der Vorstand seine Kompetenz im Rahmen der Selbstverwaltung, wenn er - ohne Einholung eines Beschlusses der Vertreterversammlung - die Funktionsbeschreibung einer Stelle im Stellenplan nicht beachtet.

3. Das Recht zur sog "Topfwirtschaft" kann allenfalls demjenigen zustehen, der Stellen verbindlich schaffen kann, also dem Dienstherrn. Dienstherreneigenschaft haben im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gem §§ 148 bis 149a SGB 7 lediglich die Eisenbahn-Unfallkasse, die Unfallkasse Post und Telekom sowie die Unfallkasse des Bundes.

4. Für die Rechtmäßigkeit einer Verpflichtung der Berufsgenossenschaft zur Rückforderung zuviel gewährter Bezüge im Rahmen des Aufsichtsrechts ist es ohne Belang, in welchem Umfang ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Dienstordnungsangestellten besteht bzw ob dieser gerichtlich durchsetzbar ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2004 aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die im Rahmen des Aufsichtsrechts ausgesprochene Verpflichtung zur Rückgängigmachung der Beförderung des früheren Beigeladenen U. S. und zur Rückforderung der aufgrund dieser Beförderung gewährten höheren Besoldung streitig.

Der frühere Beigeladene war so genannter Dienstordnungsangestellter und Leitender Verwaltungsdirektor bei der Klägerin, die als gewerbliche Berufsgenossenschaft eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.

In seiner Sitzung am 6. Februar 1997 beschloss der Vorstand der Klägerin, den früheren Beigeladenen mit Wirkung vom 1. Februar 1997 an von Besoldungsgruppe B 2 der Bundesbesoldungsordnung (BBesO) B der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) nach Besoldungsgruppe B 3 zu befördern. Es folgten der 10. Nachtrag zum Dienstvertrag des früheren Beigeladenen vom 30. April 1968 sowie dessen Einweisung in die neue Stelle.

Diese (einzige im Stellenplan enthaltene) B 3-Stelle war im Jahre 1979 durch Anhebung einer B 2-Stelle geschaffen worden. Die Vertreterversammlung hatte mit Beschluss vom 26. Juni 1979 die Anhebung u. a. der Stelle des Leitenden Technischen Aufsichtsbeamten von B 2 nach B 3 beantragt. Unter dem 19. Juli 1979 war von der Beklagten die Genehmigung hierzu erteilt worden. Ein Antrag auf weitere Anhebung dieser Stelle auf B 4 im Jahre 1991 wurde nicht genehmigt. Bis zum 31. Dezember 1996 war die Stelle durch den Leitenden Technischen Aufsichtsbeamten Prof. Dr. H. besetzt, der dann in die Geschäftsführung wechselte. Der im Anschluss hieran tätige Leitende Technische Aufsichtsbeamte - Dr. F. - wurde nach Besoldungsgruppe A16 besoldet.

Im Zusammenhang mit der Beförderung wurden dem früheren Beigeladenen folgende Funktionen übertragen: Leiter des Personalwesens und der allgemeinen Verwaltungsaufgaben für die Gesamtverwaltung sowie die Dienststellenleitung für die Hauptverwaltung. Zusätzlich wurden ihm die Abteilungen Personalentwicklung, die Leitstelle Soziales und die Zentralen Dienste unterstellt. Außerdem wurde er von der Geschäftsführung zum Koordinator der Hauptverwaltung für die Geschäftsprozessoptimierung berufen mit daneben bestehender Befugnis zu selbstständigen Personalentscheidungen.

Nachdem der Beklagten die Beförderung bekannt wurde, folgte ein umfangreicher Schriftverkehr (insbesondere die Beratungsschreiben vom 26. Januar sowie. 24. April 1998 und 8. Juni 1999) zwischen der Klägerin und der Beklagten, in dem letztere die Einschätzung vertrat, dass die Beförderung rechtswidrig und der Nachtrag zum Dienstvertrag wegen eines Verstoßes gegen die Dienstordnung nach § 146 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI...

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