Entscheidungsstichwort (Thema)
Bagatellstreitwert. Bewilligungsreife. Zeitpunkt. Wegfall der Erfolgsaussicht während des Bewilligungsverfahrens. Regelleistung. Kosten der Warmwasseraufbereitung. Klärung offener Rechtsfragen. Beauftragung eines Rechtsanwalts. Perspektive des vernünftigen Bemittelten
Leitsatz (redaktionell)
Besteht nur im Hinblick auf einen ganz geringen Teil des Streitgegenstands eine Erfolgsaussicht, so rechtfertigt dies allein noch nicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das Gericht muss bei einer solchen Konstellation zusätzlich erwägen, ob ein Unbemittelter in der Lage des Bemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde.
Normenkette
SGB II § 19 Abs. 1 S. 1; SGG §§ 73a, 96 Abs. 1; ZPO § 114
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache für den Zeitraum vom 01. Juni 2007 bis zum 30. November 2007 anstelle des nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) monatlich bewilligten Betrages von 622,20 EUR die Gewährung von 628,73 EUR (Differenz: 6,53 EUR monatlich). Die Beklagte sei nicht berechtigt, diesen Betrag als Pauschale von den Kosten der Unterkunft im Hinblick darauf abzuziehen, dass Warmwasseraufbereitungskosten bereits mit der Regelleistung abgegolten seien. Das Sozialgericht (SG) hat diese Auffassung im Beschluss vom 14. Dezember 2007 nicht geteilt, mit dem es den Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, abgelehnt hat.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Nachdem das Bundessozialgericht - BSG - in mehreren Urteilen vom 27. Februar 2008 entschieden hat, dass bei einer Regelleistung von 345.- EUR Kosten der Warmwasseraufbereitung im Umfang von 6,22 EUR monatlich von den Kosten für Unterkunft und Heizung abzuziehen sind (BSG - B 14/7b AS 64/06 R; BSG - B 14/7b AS 15/07 R), ist die Klage im Wesentlichen ohne Aussicht auf Erfolg (Bewilligungsvoraussetzung nach § 73a Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫, § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫). Mit dem erhobenen Anspruch wird die Klägerin deshalb (unter Beachtung der Regelleistungserhöhung zum 01.Juli 2007 und von Rundungsnotwendigkeiten ≪ vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 41 RdNr 15≫) nur im Umfang von etwa 0,31 EUR pro Monat, d.h. in Ansehung des streitigen Zeitraumes iHv insgesamt etwa 1,55 EUR durchdringen (dazu, dass Verwaltungsentscheidungen über Folgezeiträume nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in den Rechtstreit einzubeziehen sind, etwa BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 8/06 R).
Im Hinblick auf diesen geringen Umfang des Teils des Streitgegenstandes, für den Erfolgsaussicht besteht, ist PKH nicht zu bewilligen. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 14. Mai 2007 (L 10 B 217/07 AS PKH) zur Gewährung von PKH bei Bagatellstreitwerten Folgendes ausgeführt:
“Es bleibt zu überprüfen, ob die begrenzte wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits der Bewilligung von PKH und der Beiordnung des Prozessbevollmächtigten entgegensteht, … Die PKH- Bestimmungen in ihrem verfassungsrechtlichen Kontext gebieten es nicht, den Unbemittelten dem wirtschaftlich Leistungsfähigen vollständig und in jeder Hinsicht gleichzustellen. Das Gericht muss vielmehr erwägen, ob ein Unbemittelter in der Lage des Bemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen würde (BVerfG - 1. Senat, 3. Kammer, Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 = info also 2006, 279 ff). Damit ist es nicht erforderlich, den Unbemittelten in den (dem Bemittelten eröffneten) Stand zu versetzen, einen Anwalt ohne Beachtung der Relation des Wertes der durchzusetzenden Position zum Kostenrisiko zu beauftragen (vgl BVerfGE 81, 347) … Allerdings würde die alleinige Maßstäblichkeit der Höhe des streitigen Betrages eine von der wirtschaftlich rationalen Betrachtungsweise ausgehende Gleichbehandlung nicht gewährleisten, denn es ist nicht vernunftwidrig, die Frage, ob ein Rechtsstreit unter Inkaufnahme eines erhöhten Kostenrisikos optimal (d.h. anwaltlich vertreten) geführt werden soll, auf der Grundlage des Umfangs des aus der Vorenthaltung der streitigen Rechtsposition resultierenden Beeinträchtigung zu beurteilen. Diese ist bei wirtschaftlich beengten Verhältnissen bereits dann nicht unerheblich, wenn relativ geringe Beträge “fehlen„, dies zumal die als Leistungen der Grundsicherung zugewandten Mittel praktisch weitestgehend gebunden sind und den Berechtigten kaum Dispositionsmöglichkeiten verbleiben.„
Daran hält der Senat fest, wobei vorliegend auch bei sehr zurückhaltender Anwendung und ausgehend von einer subjektiven Sicht des Hilfebedürftigen auf seine beschränkten wirtschaftlichen Verhältnisse die Geringfügigkeit der Beschwer festzustellen ist, zumal eine Fernwirkung der Entscheidung auf weitere Bewilligungsabschnitte nach der Klärung durc...