Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Zurückweisung eines Bevollmächtigten. Vertretungsberechtigung eines Rentenberaters auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts. registrierter Erlaubnisinhaber. Alterlaubnis. Auslegung der Erlaubnis. Umfang der Befugnis. Erforderlichkeit eines konkreten Rentenbezugs. keine Drittbindungswirkung der Registrierung gegenüber Behörden und Gerichten. Vertrauens- und Bestandsschutz. Berufsfreiheit

 

Orientierungssatz

1. Die Befugnisse zur Rechtsberatung eines Rentenberaters gehen nicht über die nach § 10 Abs 1 RDG geregelten Befugnisse hinaus, wenn die Auslegung der erteilten Alterlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (hier: einschließlich der Rechtsberatung für den Sachbereich Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) ergibt, dass diese stets im Rahmen der Rentenberatung erfolgen muss. .

2. Die Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister nach § 13 Abs 1 RDG stellt einen Verwaltungsakt dar, der allerdings die Gerichte nicht bindet (entgegen LSG Stuttgart vom 24.10.2018 - L 3 SB 1456/17).

3. Spätestens nach der Entscheidung des BSG vom 16.12.2014 - B 9 SB 3/13 R = SozR 4-1200 § 66 Nr 7 konnte ein Rentenberater kein schützenswertes Vertrauen mehr darauf haben, dass er auch Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts ohne einen konkreten Bezug zu einer Rente erbringen darf.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.08.2022; Aktenzeichen B 9 SB 5/20 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Januar 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurückweisung des Klägers, einem Rentenberater, als Bevollmächtigter in einem Verwaltungsverfahren, welches eine Schwerbehindertenangelegenheit betraf.

Er studierte nach der Allgemeinen Hochschulreife an der Fachhochschule A. - Hochschule für öffentliche Verwaltung und schloss mit dem Dipl.-Verwaltungswirt (FH) ab. Von 1997 bis 2004 war er als Regionalgeschäftsführer beim Sozialverband VdK Deutschland e. V. tätig. Im Rahmen einer beruflichen Weiterbildung erwarb er den Betriebswirt (VWA). Seit Mitte September 2003 ist er als Rentenberater selbstständig tätig.

Ausweislich der beim Landgericht (LG) Freiburg über den Kläger geführten Akte E 371/2 wurde ihm mit Verfügung des Präsidenten des LG Konstanz vom 26. Juni 2003 die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung als Rentenberater für folgende Rechtsgebiete erteilt: gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung, soziale Pflegeversicherung, Versorgungsrecht. Amtlich bekannt gemacht wurde dies in der für Villingen-Schwenningen zuständigen Bezirksausgabe des Südkuriers. Im Rahmen dieser Erlaubnis ist ihm im Folgemonat vom Präsidenten des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg das mündliche Verhandeln vor den Sozialgerichten (SG) Freiburg, Heilbronn, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm sowie vor dem LSG Baden-Württemberg gestattet worden. Mit Verfügung vom 8. August 2008 erweiterte die Vizepräsidentin des LG Konstanz die frühere Erlaubnis für den Bereich der Rentenberatung und der gesetzlichen Krankenversicherung. Die amtliche Bekanntmachung erfolgte wiederum im Südkurier. Im November 2008 beantragte der Kläger unter Verwendung des entsprechenden Vordruckes die Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) für Alterlaubnisinhaber. Die Registrierung sollte sich auf die Bereiche Rentenberatung und registrierter Erlaubnisinhaber oder Rechtsbeistand beziehen. Der Inhalt und der Umfang von Letzterem sollte die Rentenberatung nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) ohne Beschränkung betreffen. Dem Antrag wurde mit Verfügung des Präsidenten des LG Konstanz vom 20. Januar 2009 stattgegeben. Die Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister wurde veranlasst. Im Oktober 2012 bat der Kläger sie zu korrigieren und vervollständigen. Mit Verfügung des Präsidenten des LG Konstanz vom 20. November 2012 wurde dem Antrag auf Registrierung der Grunderlaubnis als Alterlaubnisinhaber auch im Bereich der registrierten Erlaubnisinhaber vorsorglich stattgegeben. Die Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister wurde veranlasst. Ausgewiesen ist nunmehr unter anderem „Rechtsberatung als Rentenberater für folgende Rechtsgebiete: …Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX)“.

Die am 11. Januar 1965 geborene B. C. beantragte am 9. Juli 2012 erstmals die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB), woraufhin mit Bescheid vom 11. September 2012 dieser mit 30 ab Antragstellung festgestellt wurde.

Am 6. Juli 2017 beantragte der Kläger im Namen von B. C., die von der Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, unter Vorlage einer Vollmacht die Neufeststell...

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