Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. neuer Bescheid nach Klageerhebung. endgültige Entscheidung. Ersetzung der vorläufigen Entscheidung. Berufungsverfahren. Wirkungslosigkeit der Entscheidung des SG. Entscheidung des LSG "auf Klage"- Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Unterhaltszahlung für die Vergangenheit. laufende Einnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergeht während eines gerichtlichen Verfahrens über eine vorläufige Leistungsbewilligung ein Bescheid mit einer endgültigen Leistungsbewilligung, so wird dieser gem § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens und ersetzt den Bescheid über die vorläufige Leistungsbewilligung vollständig.

2. Ergeht die endgültige Bewilligung während des Berufungsverfahrens, so wird die Entscheidung des SG über die vorläufige Bewilligung wirkungslos, das LSG entscheidet über den Bescheid "auf Klage".

3. Auch gerichtlich erstrittene Unterhaltszahlungen für zurückliegende Zeiträume sind im Zuflussmonat als Einkommen zu berücksichtigen.

 

Orientierungssatz

Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es aus, wenn sie zwar nicht "laufend", sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre (vgl BSG vom 24.4.2015 - B 4 AS 32/14 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 72).

 

Tenor

Die Klagen gegen den Bescheid vom 16. Februar 2016 werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nach endgültiger Leistungsbewilligung über (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 1. September 2012 bis 28. Februar 2013. Umstritten unter den Beteiligten ist insbesondere, ob an die Klägerin zu 1 von ihrem früheren Ehemann gezahlte Unterhaltsrückstände als Einkommen zu berücksichtigen sind.

Die am ... Oktober 1958 geborene Klägerin zu 1 und der 1973 geborene Kläger zu 2, beide italienische Staatsangehörige, leben seit 2008 als Paar zusammen. Der Kläger zu 2 bezog ab März 2007, beide Kläger als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ab Oktober 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Ab 1. Januar 2010 waren die Kläger in K. wohnhaft (Dreizimmerwohnung, Wohnfläche 87,37 m²; Wohnungsgrundmiete monatlich 375,69 Euro, Betriebskostenvorauszahlung 60,00 Euro, Garage 35,00 Euro). Der Kläger zu 2 war ab Juni 2010, die Klägerin zu 1 ab Februar 2012 in einer Pizzeria in K. zunächst geringfügig, später teilbeschäftigt; hieraus erzielte diese in der streitgegenständlichen Zeit einen monatlichen Bruttolohn von 500,00 Euro (bis Dezember 2012 426,72 Euro netto, ab Januar 2013 435,30 Euro netto), jener von 700,00 Euro (bis Dezember 2012 566,74 Euro netto, ab Januar 2013 574,73 Euro netto). Mit Bescheid vom 13. Februar 2012, geändert mit Bescheiden vom 11. April 2012, 25. Mai 2012 und 14. Juni 2012, bewilligte der Beklagte vorläufig für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2012 (aufstockend) Grundsicherungsleistungen in Höhe von zuletzt insgesamt 525,74 Euro monatlich.

Die Klägerin zu 1, damals noch mit E. B. (i.F.: E.B.) verheiratet, hatte sich Ende Dezember 2007 von diesem getrennt und war aus dem ehelichen Haus in S. ausgezogen. Ab Juli 2008 machte sie gegen diesen Unterhaltsansprüche geltend, wovon sie den Beklagten in Kenntnis setzte. In einem vor dem Oberlandesgericht S. (17 UF 168/11) am 4. Oktober 2011 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich E.B., an die Klägerin zu 1 für den Zeitraum von Juli 2008 bis Februar 2010 Trennungsunterhalt von insgesamt 15.200,00 Euro zu zahlen; weiter waren sich die Parteien einig, dass ab März 2010 kein Anspruch auf Trennungsunterhalt mehr bestehe. Der Beklagte bezifferte darauf den monatlichen Aufwand der auf ihn nach § 33 SGB II übergegangenen Ansprüche für die Zeit vom 8. Oktober 2008 bis 28. Februar 2010 auf insgesamt 6.514,89 Euro (Schreiben vom 21. November 2011 an den die Klägerin zu 1 im Unterhaltsrechtsstreit vertretenden Rechtsanwalt V. R. ≪i.F.: V.R.≫). Aus wirtschaftlichen Gründen leistete E.P. zunächst keine Zahlungen; erste Teilzahlungen gingen als Fremdgelder bei Rechtsanwalt V.R. im April 2012 (735,78 Euro), Mai 2012 (966,78 Euro), Juni 2012 (847,78 Euro) und Juli 2012 (727,78 Euro) ein, die nach (mit Einverständnis der Klägerin zu 1 erfolgter) Überweisung auf das Konto des Klägers zu 2 bei der Postbank S. im Mai 2012 in Höhe von 509,92 Euro (nach Abzug von Anwaltskosten), im Juni 2012 in Höhe von 966,78 Euro, im Juli 2012 in Höhe von 577,44 Euro und im August 2012 in Höhe von 373,34 Euro gutgeschrieben wurden. An den Beklagten wurden im Juni und August 2012 restliche Beträge von insgesamt 625,78 Euro weitergeleitet.

Auf den am 20. August 2012 gestellten Weiterbewilligungsantrag erging der vorläufige Bescheid vom 30. August 2012, mit dem der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. September 2012 bis 28....

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