Begriff

Bei bestimmten Leistungen dürfen die Sozialversicherungsträger nach ihrem eigenen Ermessen entscheiden. Dabei sind gesetzliche Grenzen zu beachten. Das Ermessen ist pflichtgemäß auszuüben und gerichtlich überprüfbar. Wenn aufgrund des Sachverhalts nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, gibt es keinen Ermessensspielraum (Ermessensreduzierung auf Null).

Ob das Gesetz ein Ermessen einräumt, ist dem Text zu entnehmen (z. B. "Die Krankenkasse kann ..."). Ein eingeschränktes Ermessen erlaubt eine "Soll-Vorschrift" (z. B. "Die Krankenkasse soll ..."). Sind die Voraussetzungen einer "Soll-Vorschrift" erfüllt, muss die Rechtsfolge gesetzt werden. Die Behörde darf nur in begründeten Ausnahmefällen davon abweichen.

Wird der Behörde ein Entschließungsermessen eingeräumt, befindet sie darüber, ob sie überhaupt tätig werden will (sog. Opportunitätsprinzip). Beim Auswahlermessen obliegt es der Behörde, die rechtmäßige sowie sachgerechte und zweckmäßige Auswahl von verschiedenen möglichen Maßnahmen zu treffen.

In der Praxis helfen Richtlinien des Vorstands oder der Geschäftsführung dabei, Ermessen richtig und gleichmäßig auszuüben. Diese Richtlinien binden den Sozialversicherungsträger, in gleich gelagerten Fällen gleichmäßig zu entscheiden (Selbstbindung der Verwaltung). Es gibt allerdings kein "Recht im Unrecht". Es kann sich deswegen niemand auf fehlerhafte Entscheidungen in der Vergangenheit berufen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die Bedingungen für die Ausübung des Ermessens ergeben sich aus § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Der einklagbare Anspruch auf pflichtgemäßes Ermessen hat seine Grundlage in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I. Bei der Begründung von Ermessensentscheidungen ist § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X zu beachten. Die Nebenbestimmungen von Ermessensentscheidungen regelt § 32 SGB X.

 
Praxis-Beispiel

Entschließungsermessen/Auswahlermessen

Bei fehlender Mitwirkung kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I).

Die Vorschrift räumt ein Entschließungsermessen ein, ob eine fehlende Mitwirkung zu sanktionieren ist. Das Auswahlermessen ergibt sich, wenn zu entscheiden ist, ob die Leistung ganz oder teilweise zu versagen oder zu entziehen ist.

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