Leitsatz (amtlich)
Zu den dem militärischen Dienst "eigentümlichen" Verhältnissen (BVG § 1) gehört es im allgemeinen nicht, daß Soldaten, die an geregelter Truppenverpflegung teilnehmen, sich zusätzlich mit selbstbeschafften Lebensmitteln verpflegen; nicht alles, was unter Soldaten etwa "üblich" ist, ist dem militärischen Dienst "eigentümlich".
Normenkette
BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. November 1960 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Kläger, geboren am 6. August 1922, leistete vom 20. Mai 1941 bis zum 8. Mai 1945 bei der Kriegsmarine Wehrdienst; er war zuletzt, im Kriegsmarine-Arsenal Bergen (Norwegen) eingesetzt. Nach dreimonatiger Kriegsgefangenschaft wurde er am 7. August 1945 mit dem Tauglichkeitsgrad "fit" in die Heimat entlassen; in Hamm arbeitete er zunächst als Zimmerer. Am 16. Oktober 1945 wurde er mit Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen in das Städtische Krankenhaus Hamm eingewiesen und dort bis zum 4. Mai 1946 stationär behandelt; er gab damals an, Anfang Oktober 1945 Reibekuchen gegessen zu haben, die in Maschinenöl gebacken gewesen seien; die Lähmungserscheinungen wurden als toxische Polyneuritis nach Maschinenölvergiftung diagnostiziert. Vom 26. Juni 1946 bis 25. Oktober 1946 wurde der Kläger im St. M.-Hospital Hamm wegen spastischer Lähmung beider Beine behandelt, dort erklärte er, Anfang Oktober 1945 in Schmieröl gebratene Kartoffeln gegessen zu haben; die spastische Lähmung wurde als Folge einer Ölvergiftung angesehen. Vom 19. August 1948 bis 6. Oktober 1948 befand sich der Kläger in den Städtischen Krankenanstalten Dortmund, er wurde wegen Neuritis der unteren Extremitäten nach Maschinenölvergiftung behandelt; hier gab er an, er habe 1944 als Schnellbootfahrer Schiffbruch erlitten und dabei sehr viel Treibstofföl geschluckt, die ersten Anzeichen der Lähmungserscheinungen hätten sich einige Wochen nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft gezeigt.
Im November 1949 beantragte der Kläger wegen Nervenlähmung beider Beine Versorgung; er gab an, acht Wochen nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft seien bei ihm "schmerzhafte, ziehende Erscheinungen" aufgetreten, die vermutlich auf eine Torpedoölvergiftung zurückzuführen seien. Ende März/Anfang April 1945 sei die Truppenverpflegung so knapp geworden, daß er sich habe zusätzlich Verpflegung beschaffen müssen; bei einem U-Bootfahrer habe er einen Koffer gegen einen Liter Öl eingetauscht, mit diesem Öl habe er alle 8 - 14 Tage Kartoffeln gebraten, in der Kriegsgefangenschaft habe er das Öl nur zwei- oder dreimal zum Kartoffelbraten verwendet, weil die Verpflegung wieder etwas besser geworden sei. Schon während der Kriegsgefangenschaft habe er Schmerzen im Rücken und Zuckungen in den Beinmuskeln verspürt und sei deswegen auch revierärztlich behandelt worden; damals habe er angenommen, daß es sich um Folgen eines Unfalls handele, den er im Februar 1945 erlitten habe. Erst im Städtischen Krankenhaus Hamm, wo auch das Öl untersucht worden sei, das er in einer Feldflasche mit nach Hause gebracht und das auch seine Frau zum Braten verwendet habe, habe er erfahren, daß es giftiges Torpedoöl sei und die Lähmungserscheinungen Folgen einer Torpedoölvergiftung seien. Der Direktor des Knappschaftskrankenhauses Hamm, Prof. Dr. B, kam in seinem Gutachten vom 6. August 1951 zu dem Ergebnis, bei dem Kläger handele es sich um die Folgen einer Triorthocresylphosphat -Vergiftung mit spastischen Lähmungen in beiden Beinen; es sei unwahrscheinlich, daß der Kläger bereits in Norwegen das Torpedoöl zum Braten verwendet habe. Bei einer unlängst beobachteten Massenvergiftung mit Triorthocresylphosphat habe sich ergeben, daß in den meisten Fällen die Krankheitserscheinungen schon zwei bis drei Wochen, in Einzelfällen sechs bis acht Wochen nach der Ölaufnahme auftreten; da die Lähmungserscheinungen beim Kläger erst nach dem 14. Oktober 1945 aufgetreten seien, müsse angenommen werden, daß der Kläger das Torpedoöl erst nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft verwendet habe. Das Versorgungsamt Soest lehnte daraufhin den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 3. November 1951 ab, den Einspruch des Klägers wies der Beschwerdeausschuß am 29. Oktober 1952 zurück. Das Sozialgericht (SG) Dortmund, auf das die Berufung alten Rechts als Klage überging, holte ein Gutachten der Universitäts-Nervenklinik Marburg ein; Prof. Dr. St vertrat in diesem Gutachten vom 27. März 1954 die Ansicht, daß beim Kläger ein schwerer spastischer Folgezustand nach Triorthocresylphosphat -Vergiftung vorliege; entgegen der Ansicht von Prof. Dr. B sei es jedoch nicht unwahrscheinlich, daß der Kläger bereits in Norwegen mit Torpedoöl zubereitete Bratkartoffeln genossen habe, dafür spreche, daß die Ehefrau des Klägers nach dem Genuß der vergifteten Reibekuchen im Oktober 1945 nicht so schwer akut erkrankt sei wie der Kläger und insbesondere auch unvergleichlich geringere Folgen zurückbehalten habe; es müsse angenommen werden, daß diese letzte, klinisch stärkste Vergiftung im Oktober 1945 beim Kläger ein bereits geschädigtes motorisches System getroffen habe und nur deshalb zu so schweren Veränderungen habe führen können; die ersten Vergiftungen in Norwegen seien wahrscheinlich eine wesentliche Teilursache für den jetzigen Zustand, ihre Beteiligung sei mit 50 % zu bewerten, dies entspreche einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H., da der Kläger vollkommen erwerbsunfähig sei. Durch Urteil vom 12. Juli 1954 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte den Beklagten, Zustand nach Triorthocresylphosphat -Vergiftung mit spastischen Lähmungen beider Beine als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger ab 1. Dezember 1949 Versorgungsrente nach einer MdE um 50 v. H. zu zahlen. Beide Beteiligten legten Berufung ein, der Kläger mit dem Antrag, unter Abänderung des Urteils des SG den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Rente nach einer MdE um 100 v. H. zu zahlen sowie Pflegezulage zu gewähren, der Beklagte mit dem Antrag, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 25. November 1960 änderte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG Dortmund ab, auf die Berufung des Beklagten wies es die Klage ab, die Berufung des Klägers wies es zurück: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Versorgung zu, keiner der Tatbestände des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sei erfüllt. Die Schädigung sei nicht "durch eine militärische Dienstverrichtung" eingetreten; trotz der insoweit widersprechenden Angaben des Klägers sei zwar davon auszugehen, daß er das Öl zum Braten schon einige Male sowohl vor der Kapitulation als auch in der Kriegsgefangenschaft in Norwegen verwandt habe; die Zubereitung von Bratkartoffeln sei jedoch nicht durch den militärischen Dienst veranlaßt und habe nicht militärischen Zwecken gedient, sie stelle deshalb keine militärische Dienstverrichtung dar, sondern sei der rein privaten Sphäre zuzuordnen; das gelte auch für die Verwendung des Öls während der Kriegsgefangenschaft. Bei der Gesundheitsstörung infolge des Ölgenusses handele es sich auch nicht um einen Unfall "während der Ausübung militärischen Dienstes". Schließlich sei die Schädigung auch nicht "durch die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse" eingetreten; dem militärischen Dienst eigentümlich seien die Verhältnisse, die für die Eigenart des Dienstes typisch und zwangsläufig mit ihm verbunden seien, also Sonderverhältnisse, die von den Verhältnissen des bürgerlichen Lebens abwichen und ihm fremd seien; diese Voraussetzung habe eine zusätzliche Verpflegung zwar dann erfüllen können, wenn die allgemeine Truppenverpflegung nicht ausreichend gewesen sei, davon könne hier jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht die Rede sein. Aus den schriftlichen Äußerungen des Ministerialrates Dr. K und den Aussagen der Zeugen B und B ergebe sich, daß die Versorgung der Soldaten in Norwegen vor und nach der Kapitulation ausreichend gewesen sei, dies ergebe sich auch aus den beigebrachten Unterlagen über die Verpflegungssätze, diese Verpflegung sei auch tatsächlich gewährt worden; ein Vergleich der Verpflegung der Soldaten in Norwegen mit den damaligen Verpflegungsrationen der zivilen Bevölkerung in der Heimat zeige, daß der Kläger in Norwegen nicht schlechter gestellt gewesen sei. Die vom Kläger zusätzlich beschaffte Verpflegung habe sonach nicht auf den Sonderverhältnissen des militärischen Dienstes beruht, sondern allenfalls auf Mangelerscheinungen, denen fast alle Deutschen, ob Soldat oder nicht, während des Krieges ausgesetzt gewesen seien.
Das LSG ließ die Revision zu.
Das Urteil des LSG wurde dem Kläger am 19. Dezember 1960, dem Beklagten am 20. Dezember 1960 zugestellt. Der Kläger legte am 22. Dezember 1960 Revision ein, er beantragte,
das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des SG Dortmund vom 12. Juli 1954 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Rente nach einer MdE um 100 v. H. zu zahlen sowie eine Pflegezulage zu gewähren,
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger begründete die Revision am 3. Februar 1961: Zu Unrecht habe das LSG die Voraussetzungen des § 1 BVG verneint, es habe auch gegen § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen. Die Gesundheitsstörung des Klägers sei durch die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse bedingt, zu diesen Eigentümlichkeiten gehöre es, daß Soldaten sich zusätzlich Verpflegung beschaffen; auch bei ausreichender Truppenverpflegung sei jedenfalls für jüngere Soldaten eine zusätzliche Verpflegung noch notwendig. Aber auch dann, wenn mit dem LSG eine solche zusätzliche Verpflegung nur dann als diensteigentümlich anzusehen sei, falls die allgemeine Truppenverpflegung nicht ausreiche, sei der Anspruch des Klägers begründet. Das LSG habe zu Unrecht festgestellt, daß die dem Kläger in den letzten Monaten vor der Kapitulation und während der Kriegsgefangenschaft zugeteilte Truppenverpflegung ausreichend gewesen sei. Aus den Aussagen der Zeugen Dr. K, B und B habe das LSG nicht entnehmen dürfen, daß die vorgesehene Verpflegung in jedem Falle und zu jeder Zeit dem einzelnen Soldaten auch tatsächlich zugeteilt worden sei; die Zeugen R, S und K, die Kriegskameraden des Klägers gewesen seien, hätten bekundet, die Verpflegung in Norwegen sei zeitweise unzureichend und es sei deshalb notwendig gewesen, sich zusätzlich Nahrungsmittel zu beschaffen, dies sei auch nach den allgemeinen Erfahrungen über die Verpflegung der Soldaten während der Kriegszeit und in der Kriegsgefangenschaft glaubhaft.
Der Beklagte beantragte am 8. März 1961,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Er trug vor, das Urteil des LSG sei selbst dann richtig, wenn die Feststellungen des LSG zuträfen. Gleichzeitig legte er Anschlußrevision ein mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Mit der Anschlußrevision wandte er sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG; das LSG habe die §§ 103, 106, 128 SGG verletzt.
II.
Die Revision des Klägers ist zulässig (§§ 161 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG), sie ist jedoch nicht begründet.
Das LSG hat zwar nur geprüft, ob dem Kläger ein Anspruch nach den Vorschriften des BVG zusteht, das am 1. Oktober 1950 in Kraft getreten ist; es hat übersehen, daß das SG den Beklagten verurteilt hat, dem Kläger schon ab 1. Dezember 1949 Versorgungsrente zu gewähren, und daß deshalb - für die Zeit vom 1. Dezember 1949 bis zum 30. September 1950 - auch der Versorgungsanspruch des Klägers nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 streitbefangen ist; das Urteil des LSG ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat weder nach der SVD Nr. 27 noch nach dem BVG Anspruch auf Versorgung.
Das LSG hat festgestellt, daß die Gesundheitsstörung, wegen der der Kläger Versorgung begehrt (spastische Lähmungen beider Beine), durch eine Triorthocresylphosphat -Vergiftung verursacht ist, daß diese Vergiftung durch den wiederholten Genuß von Speisen - teils in der Zeit des Wehrdienstes und der Kriegsgefangenschaft in Norwegen, teils in der Zeit nach der Entlassung - entstanden ist, die mit giftigem Torpedoöl zubereitet gewesen sind und daß der Kläger dieses Öl Ende März/Anfang April 1945 in Norwegen von einem U-Bootfahrer eingetauscht hat. Der Kläger hat diese Feststellungen mit der Revision nicht angegriffen, sie sind daher für das Bundessozialgericht (BSG) bindend (§ 163 SGG) und der Entscheidung über die Revision des Klägers zugrunde zu legen. Das LSG ist weiter davon ausgegangen, daß die spastischen Lähmungen beider Beine zwar erst durch die Vergiftung ausgelöst worden seien, die der Kläger nach der Entlassung aus dem Wehrdienst zu Hause in Hamm erlitten habe, daß aber auch der mehrfache Genuß von Bratkartoffeln, die der Kläger in Norwegen unter Verwendung des Torpedoöls zubereitet habe, als wesentliche Bedingung für den Eintritt der Lähmungserscheinungen anzusehen und deshalb Mitursache im Rechtssinne sei. Ob diese Auffassung richtig ist, kann dahingestellt bleiben, denn die Gesundheitsschädigung, die durch die vom Kläger zusätzlich beschaffte Verpflegung unter Verwendung des Torpedoöls eingetreten ist, erfüllt nicht einen versorgungsrechtlich geschützten Tatbestand.
Nach § 4 SVD Nr. 27 hat Anspruch auf Versorgung, wer durch unmittelbare Kriegseinwirkung oder anläßlich militärischen oder militärähnlichen Dienstes eine Gesundheitsschädigung erlitten hat. Das Tatbestandsmerkmal "anläßlich militärischen Dienstes" in § 4 SVD Nr. 27, das hier allein in Betracht kommt, ist den Tatbestandsmerkmalen "während der Ausübung militärischen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse" in § 1 Abs. 1 BVG gleichzusetzen, die SVD Nr. 27 enthält insoweit kein anderes Recht als das BVG (vgl. BSG 13, 1 f mit weiteren Nachweisen); der Versorgungsanspruch des Klägers nach der SVD Nr. 27 hängt sonach von denselben Voraussetzungen ab wie der Anspruch nach § 1 BVG; diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Wie das LSG mit Recht ausgeführt hat, ist die Gesundheitsstörung des Klägers (Vergiftung) nicht "durch eine militärische Dienstverrichtung" im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG entstanden; die zusätzliche Verpflegung, die zu der Vergiftung geführt hat, stellt, wie auch die Revision einräumt, keine Dienstverrichtung dar. Nicht jede Tätigkeit während der Zugehörigkeit zur Wehrmacht ist gleichzeitig eine Dienstverrichtung, Voraussetzung dafür ist, daß der Soldat dabei militärische Obliegenheiten erfüllt, die ihm durch soldatische Pflicht und militärische Grundsätze, durch allgemeine Dienstvorschriften oder durch besonderen Befehl auferlegt sind (vgl. BSG 10, 251, 254). Daran fehlt es hier; der Kläger hat sich die Bratkartoffeln mit dem selbst beschafften Torpedoöl in seiner dienstfreien Zeit zubereitet, diese Tätigkeit ist daher vom LSG zutreffend der privaten, versorgungsrechtlich nicht geschützten Sphäre zugerechnet worden. Das LSG hat ferner ohne Rechtsirrtum angenommen, daß die Vergiftung auch nicht "durch einen Unfall während der Ausübung militärischen Dienstes" im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG eingetreten ist. Ob das LSG zu Recht verneint hat, daß es an dem Tatbestandsmerkmal des "Unfalls" fehle, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls das schädigende Ereignis nicht "während der Ausübung" militärischen Dienstes eingetreten ist, der Kläger hat vielmehr neben dem militärischen Dienst eine Tätigkeit verrichtet, die seiner privaten Lebensführung zuzurechnen ist (vgl. BSG SozR Nr. 34 zu § 1 BVG).
Wie das LSG zutreffend angenommen hat, ist die Vergiftung auch nicht "durch die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse" im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG eingetreten. Dieses Tatbestandsmerkmal setzt zwar eine militärische Dienstverrichtung oder die Ausübung militärischen Dienstes nicht voraus, es genügt, wenn das schädigende Ereignis eine Person betroffen hat, die im militärischen Dienst gestanden hat und Soldat gewesen ist (vgl. BSG 10, 251, 255); Voraussetzung ist aber, daß die Schädigung den besonderen, von den Verhältnissen des zivilen Lebens abweichenden und ihm in der Regel fremden Verhältnissen des Militärdienstes zuzurechnen ist; die Schädigung muß auf Verhältnisse zurückzuführen sein, die für die Eigenart dieses Dienstes typisch und zwangsläufig mit ihm verbunden sind (vgl. BSG aaO). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es im Regelfall nicht "dem militärischen Dienst eigentümlich", daß Soldaten sich zusätzlich selbst verpflegen; der Soldat wird in der Regel durch die Einheit beköstigt, der er angehört, die Verpflegung wird ihm zugeteilt, er braucht sich um die Beschaffung der Verpflegung nicht zu kümmern und dafür auch keine Aufwendungen zu machen; dem militärischen Dienst "eigentümlich" ist für den Soldaten die Gemeinschaftsverpflegung durch die Truppe, nicht die Verpflegung auf eigene Kosten des Soldaten. Die Besonderheit der militärischen Verhältnisse besteht dabei darin, daß der Soldat - anders als der Zivilist - die Art und Menge der zugeteilten Nahrungsmittel und auch die Zubereitung der Speisen grundsätzlich nicht beeinflussen kann, er hat sich mit dem abzufinden, was ihm zur Verpflegung von der Truppe zur Verfügung gestellt wird. Auch der Kläger ist in Norwegen diesen Besonderheiten der militärischen Verhältnisse ausgesetzt gewesen; die Gesundheitsstörung, die er erlitten hat, ist jedoch keine Folge dieser wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse, er hat sich die Vergiftung nicht durch den Genuß der Gemeinschaftsverpflegung für die Truppe, sondern durch den Genuß selbst zubereiteter Kartoffeln zugezogen. Zwar kann auch eine solche Verpflegung mit selbst beschafften Lebensmitteln unter Umständen auf die besonderen Verhältnisse des Militärdienstes zurückzuführen sein, nämlich dann, wenn die Truppenverpflegung nicht ausreichend und die Mangelhaftigkeit der Truppenverpflegung ihrerseits wehrdienstbedingt ist. Ein solcher Fall liegt z. B. dann vor, wenn die Versorgung durch die Truppe unterbrochen oder wesentlich eingeschränkt ist, weil die Verpflegungsbestände der Einheit nicht rechtzeitig ergänzt werden können oder die Verpflegung infolge Feindeinwirkung nicht "durchkommt". In solchen Fällen ist der Soldat unter Umständen durch die Verhältnisse, denen er wegen seiner Zugehörigkeit zur Truppe ausgesetzt ist, gezwungen, sich selbst Verpflegung zu beschaffen, weil die Truppenverpflegung, auf die er angewiesen ist, ausbleibt oder nicht mehr ausreicht. Ein solcher Fall hat hier aber nicht vorgelegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG zu Recht festgestellt hat, die Truppenverpflegung sei in Norwegen Ende März 1945 "ausreichend" gewesen; selbst wenn die Truppenverpflegung damals, wie der Kläger vorgetragen hat, "sehr knapp" gewesen ist, wenn sie, wie sich aus den schriftlichen Erklärungen der Kriegskameraden des Klägers ergibt, "unzureichend", "nicht ausreichend" oder "sehr schlecht und völlig unzureichend" gewesen ist, ist das LSG zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß das Beschaffen zusätzlicher Verpflegung durch den Kläger mit seinen Folgen nicht durch die "wehrdiensteigentümlichen" Verhältnisse bedingt gewesen sei. Der Kläger hat sich in Norwegen nicht im Kampfeinsatz befunden, er hat regelmäßig an der Truppenverpflegung teilgehabt, diese ist, mag sie auch knapp bemessen gewesen sein, nach den insoweit nicht angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des LSG "keinesfalls schlechter" gewesen als die Rationen der Zivilbevölkerung in der Heimat. Mit Recht hat demnach das LSG angenommen, daß die nach den Angaben des Klägers im März 1945 einsetzende Unzulänglichkeit der Truppenverpflegung, die den Kläger veranlaßt hat, sich zusätzlich selbst zu verpflegen, nicht dem Militärdienst in Norwegen eigentümlich gewesen ist, sondern ihren Grund in der allgemeinen Lebensmittelknappheit gehabt hat, von der die auf die Lebensmittelkarten angewiesene Zivilbevölkerung in der Heimat ebenso betroffen gewesen ist wie die Einheiten der Wehrmacht. Auf Grund dieser allgemeinen Notlage sind auch die Verpflegungssätze in Norwegen, wie die vom Zeugen B überreichten Unterlagen zeigen, ab 5. März 1945 teilweise erheblich gekürzt worden (vgl. auch "Führerbefehl" vom 3.3.1945, abgedruckt bei Absolon, Das Wehrmachtsstrafrecht im 2. Weltkrieg, Bundesarchiv Kornelimünster 1958). Nicht entscheidend ist, ob es - wie der Kläger meint - unter den Soldaten "üblich" gewesen ist, sich zusätzlich Verpflegung selbst zu beschaffen; "wehrdiensteigentümlich" ist nicht alles, was unter Soldaten im Wehrdienst "üblich" ist.
Das LSG hat weiter geprüft, ob die Gesundheitsstörung des Klägers "durch eine Kriegsgefangenschaft" (§ 1 Abs. 2 Buchst. b BVG) herbeigeführt oder mitherbeigeführt worden ist, es hat auch dies ohne Rechtsirrtum verneint. "Durch" die Kriegsgefangenschaft herbeigeführt sind nicht alle Gesundheitsstörungen, die während der Kriegsgefangenschaft eingetreten sind, der versorgungsrechtliche Schutz des Soldaten in der Gefangenschaft setzt vielmehr voraus, daß auch die Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, die nach § 1 Abs. 1 BVG den Versorgungsanspruch des Soldaten begründen, der, ohne Kriegsgefangener zu sein, "durch" militärischen oder militärähnlichen Dienst eine gesundheitliche Schädigung erleidet. Da der durch den Gefangenengewahrsam ausgeübte Zwang nicht bloß Dienstleistungen, sondern fast die gesamte Lebensführung des Kriegsgefangenen erfaßt, wird allerdings der geschützte Bereich von Dienstverrichtungen in der Regel weiter zu ziehen sein als im Wehrdienst (vgl. BSG 13, 16, 18). Das schließt aber nicht aus, daß auch der Kriegsgefangene Handlungen begehen kann, die der versorgungsrechtlich nicht geschützten Privatsphäre zuzurechnen sind (BSG aaO). Aus dem Umstand, daß der Kläger die Möglichkeit gehabt hat, sich auch in der Kriegsgefangenschaft zusätzlich selbst unter Verwendung des Torpedoöls zu verpflegen, hat das LSG mit Recht geschlossen, daß ihm auch in der Kriegsgefangenschaft insoweit eine private Sphäre belassen worden ist, es hat sich dabei nicht um die Dienstverrichtung oder die "Ausübung des Dienstes" eines Kriegsgefangenen gehandelt. Die Gesundheitsstörung ist auch nicht auf die der Kriegsgefangenschaft "eigentümlichen" Verhältnisse zurückzuführen. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn der Kläger sich wegen der besonderen Verhältnisse der Kriegsgefangenschaft hätte zusätzlich selbst verpflegen müssen. Dies ist aus denselben Gründen zu verneinen, wie die Frage, ob die Selbstverpflegung des Klägers vor seiner Gefangennahme den militärdiensteigentümlichen Verhältnissen zuzurechnen ist. Der vom LSG festgestellte Sachverhalt läßt nicht erkennen, daß dem zivilen Leben fremde Besonderheiten der Kriegsgefangenschaft die Handlungsweise des Klägers bestimmt haben. Wenn die Revision meint, es sei eine Erfahrungstatsache, daß die Verpflegung der Kriegsgefangenen schlecht gewesen sei, daß insbesondere auch die Gefangenen die für sie vorgesehene Verpflegung tatsächlich nicht erhalten haben, so gibt es einen solchen "Erfahrungssatz" jedenfalls nicht für die Verhältnisse eines Kriegsgefangenenlagers in Norwegen nach dem Zusammenbruch. Dagegen spricht auch, daß der Kläger selber angegeben hat, in der Kriegsgefangenschaft sei die Verpflegung "wieder etwas besser" geworden. Das LSG hat demnach zutreffend die zusätzliche Verpflegung des Klägers in dem Gefangenenlager in Norwegen auch nicht auf die der Kriegsgefangenschaft eigentümlichen Verhältnisse zurückgeführt. Das LSG hat sonach bei den vom Kläger angegriffenen tatsächlichen Feststellungen nicht gegen § 128 SGG verstoßen. Es hat auch nicht § 1 BVG unrichtig angewandt, wenn es zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die zusätzliche Verpflegung des Klägers mit ihren Folgen keinen versorgungsrechtlich geschützten Tatbestand erfüllt; es hat daher zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers ist sonach unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Der Beklagte hat sich zwar mit der - unselbständigen - Anschlußrevision gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG gewandt, er hat aber in erster Linie beantragt, die Revision schon auf Grund dieser Feststellungen zurückzuweisen; da diesem Begehren entsprochen worden ist, bedarf es einer Entscheidung über die Anschlußrevision nicht.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen