Leitsatz (redaktionell)

Die Gestaltung des Stellen- und Besoldungsplans einer KK obliegt primär den Selbstverwaltungsorganen.

Die Stellenplanrichtlinien der Aufsichtsbehörde haben keine normative Wirkung; sie sind nur Orientierungshilfe.

Die Einstufung des Geschäftsführers einer vom Land beaufsichtigten KK ist danach zu beurteilen, ob sie im Rahmen des Besoldungsgefüges des betreffendes Landes liegt.

 

Orientierungssatz

Zur Frage der Zulässigkeit der Einstufung eines IKK Geschäftsführers nach der bayrische Besoldungsgruppe A 15, wenn die Stellenplanrichtlinien des Landes nur eine Einstufung nach der Besoldungsgruppe A 14 zulassen.

 

Normenkette

RVO § 30 Abs. 1 Fassung: 1956-05-09, § 355 Abs. 2 Fassung: 1924-12-15

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Januar 1970 aufgehoben.

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Oktober 1967 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Nach der "Neufassung der Richtlinien für die Stellenpläne bei den Orts-, Land- und Innungskrankenkassen" des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 1. Juli 1965 (Amtsblatt Teil A Seite 150) konnten u. a. die Geschäftsführer der Krankenkassen bei einer Meßzahl von 15.001 bis 25.000 bis Besoldungsgruppe A 13 des Bayerischen Besoldungsgesetzes und bei einer Meßzahl von 25.001 bis 60.000 bis zur Besoldungsgruppe A 14 eingruppiert werden. Diese Richtlinien wurden durch Entschließung vom 17. August 1966 (Amtsblatt Teil A Seite 246) u. a. dahin abgeändert, daß die Geschäftsführer bei einer Meßzahl von 20.001 bis 40.000 bis zur Besoldungsgruppe A 14, bei einer Meßzahl von 40.001 bis 60.000 bis zur Besoldungsgruppe A 14 + Z (Z = widerrufliche, ruhegehaltsfähige Stellenzulage von 80 DM monatlich) und bei einer Meßzahl von 60.001 bis 75.000 bis Besoldungsgruppe A 15 eingestuft werden konnten.

Die Stelle des Geschäftsführers der Kläger war seit 1. Juli 1961 in die Besoldungsgruppe A 13 a des Bayerischen Besoldungsgesetzes eingereiht, die nach den Richtlinien des Ministeriums vom 24. Februar 1958 (Amtsblatt 1958 Seite A 61) für Kassen mit einer Meßzahl von 25.001 bis 40.000 vorgesehen war. Bei der Änderung ihres Stellenplanes zur Dienstordnung vom 12. November 1965, der eine Meßzahl von 24.503 zugrunde lag, beschloß die Klägerin für ihren Geschäftsführer die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 14 + Z ab 1. Januar 1965. Bei der weiteren Änderung vom 24. November 1966 hob sie die Stelle bei Zugrundelegung einer Meßzahl von 28.161 ab 1. Oktober 1966 in die Besoldungsgruppe A 15 an. Das Oberversicherungsamt bei der Regierung von Mittelfranken stimmte der Hebung der Geschäftsführerstelle der Klägerin in die Besoldungsgruppe A 14 ab 1. Januar 1965 zu; den darüber hinausgehenden Höhergruppierungen versagte es durch die Bescheide vom 12. April und 18. April 1967 die Genehmigung mit dem Hinweis, daß diese vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge im Hinblick auf das Gesamtbesoldungsgefüge des Landes Bayern abgelehnt worden seien.

Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide aufgehoben und das beklagte Land verurteilt, die Einstufungen des Geschäftsführers zu genehmigen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des beklagten Landes die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin sei bei der Höhergruppierung ihres Geschäftsführers über die Besoldungsgruppe A 14 hinaus von den Stellenplanrichtlinien des Ministeriums abgewichen. Diese Einstufung halte sich nicht in dem Rahmen des übrigen Besoldungsgefüges in Bayern, soweit sie vom Oberversicherungsamt nicht genehmigt worden sei. Dies gelte nicht nur für die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 15 vom 1. Oktober 1966 an, sondern auch hinsichtlich der Zulage zur Besoldungsgruppe A 14. Diese Zulage sei im Bayerischen Besoldungsgesetz nur für Beamte vorgesehen, die Leiter selbständiger Behörden seien. Die Geschäftsführer von Krankenkassen könnten in diesem Sinne nicht den Leitern von Behörden gleichgestellt werden, weil Verwaltung und Vertretung der Kasse Aufgabe des Vorstandes sei, ausgenommen die laufenden Verwaltungsgeschäfte. Eine der Stellung eines Geschäftsführers uneingeschränkt gleiche Position gebe es im Bereich der staatlichen und kommunalen Verwaltung in Bayern nicht. Sie lasse sich nicht mit der eines Landrats vergleichen. Sie entspreche vielmehr dem Aufgabenkreis eines geschäftsleitenden Beamten, der nach Art. 37 Abs. 3 der Landkreisordnung jedem Landratsamt zugeteilt sei. Diese Stelle werde aber nicht über A 14 hinaus eingestuft, lediglich in kreisfreien Städten erfolge dies in die Besoldungsgruppe A 15. Diese Beamten müßten aber die Fähigkeit für den höheren Verwaltungsdienst oder für das Richteramt haben und hätten umfassendere Verwaltungsaufgaben zu erfüllen als der Geschäftsführer einer Krankenkasse.

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß in anderen Bundesländern die Geschäftsführer gleichgroßer Krankenkassen höher als in Bayern eingestuft seien, weil es auf das Besoldungsgefüge des Landes ankomme. Auch die langjährige Tätigkeit als Geschäftsführer könne hier nicht berücksichtigt werden; dies geschehe schon dadurch, daß die Grundgehälter nach Dienstaltersstufen aufstiegen. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat gegen das Urteil Revision eingelegt.

Sie trägt vor: Das LSG habe zu Unrecht das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 355 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Versagung der Genehmigung bejaht. Die Dienststellenbewertung bei den Krankenkassen müsse nur in einem gewissen Einklang mit dem übrigen Besoldungsgefüge des Landes stehen und müsse sich ihm sinnvoll einfügen. Die Versagung der Genehmigung zu der beantragten Einstufung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sich ein augenscheinlicher Verstoß gegen allgemeine besoldungs- und finanzpolitische Grundsätze feststellen ließe. Das sei aber nicht der Fall. Zu Unrecht habe es das LSG darauf abgestellt, daß sich die Einstufung des Geschäftsführers angeblich nicht im Rahmen des übrigen Besoldungsgefüges in Bayern halte. Das LSG habe übersehen, daß gerade bei einer Krankenkasse die laufenden Verwaltungsgeschäfte, die der Geschäftsführer zu erledigen habe, weit über 90 % der gesamten Geschäfte ausmachten. Aus diesem Grunde sei der Geschäftsführer einer Krankenkasse nur mit dem Leiter einer selbständigen Behörde vergleichbar. Ein Vergleich zwischen einem Landrat und dem Geschäftsführer ergebe kein Mißverhältnis, weil neben der Zahl der Versicherten auch die Familienangehörigen mitberücksichtigt werden müßten, die etwa so hoch sei wie die Versicherten. Die Einstufung des Geschäftsführers, wie sie die Klägerin beschlossen habe, liege in keiner Weise über der eines vergleichbaren Beamten in der kommunalen Verwaltung; dabei führe ein Vergleich mit einem Landrat zu dem gleichen Ergebnis wie ein Vergleich mit einem Laufbahnbeamten. Bei Krankenkassen bestehe eigene Personal- und Finanzhoheit, durch die eine Fülle von Aufgaben auf den Geschäftsführer zukomme. Zu Unrecht habe das LSG es auf die Verhältnisse in Bayern und nicht auch in anderen Bundesländern abgestellt. Gerade weil es an sonstigen Vergleichsmöglichkeiten bei der Stellung des Geschäftsführers einer Krankenkasse fehle, müßten auch die Verhältnisse in anderen Bundesländern gerechterweise berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Januar 1970 aufzuheben und die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Oktober 1967 zurückzuweisen.

Das beklagte Land beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision ist begründet.

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 29. Juli 1965 (BSG 23, S. 206) ausgesprochen, daß auch allgemeine finanz- und besoldungspolitische Erwägungen bei der Frage berücksichtigt werden könnten, ob ein wichtiger Grund für die Versagung der Genehmigung des Stellen- und Besoldungsplanes einer Krankenkasse nach § 355 Abs. 2 Satz 2 RVO vorläge. Dabei stellte das Abweichen von ministeriellen Stellenplanrichtlinien allein keinen wichtigen Grund für die Versagung der Genehmigung dar. Ein etwa bestehendes auffälliges Mißverhältnis zwischen Zahl oder Besoldung der Angestellten und ihren Aufgaben sei nur einer der Gründe, welche die Versagung einer Genehmigung rechtfertigen könnten. Daneben gebe es noch andere Gründe, vor allem solche allgemein finanz- oder besoldungspolitischer Art, die von der Aufsichtsbehörde berücksichtigt werden könnten. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Aufsichtsbehörde bei ihrer Entscheidung darauf bedacht sei, daß die Dienststellenbewertung bei den Krankenkassen in gewissem Einklang mit dem übrigen Besoldungsgefüge des Landes stehe und sich ihm sinnvoll einfüge. Bei dem Begriff des wichtigen Grundes in § 355 Abs. 2 RVO handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Verwaltung einen gewissen Beurteilungsspielraum gewähre, der der gerichtlichen Nachprüfung nicht unterliege. Jedoch dürften Stellenplanrichtlinien praktisch nicht so gehandhabt werden, als wenn sie normatives Recht wären. Es müsse vielmehr bei Abweichung von den Richtlinien umfassend geprüft und gewürdigt werden, ob für die Versagung der Genehmigung ein wichtiger Grund vorliege, ob die vorgesehene Besoldung des Geschäftsführers wirklich höher sei als die der vergleichbaren Beamten und Angestellten in der kommunalen und staatlichen Verwaltung.

Der Senat hat im vorliegenden Falle unter Berücksichtigung seiner bisherigen Rechtsprechung das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Versagung der Genehmigung verneint. Den Selbstverwaltungsorganen der Krankenkasse obliegt primär die Gestaltung des Stellen- und Besoldungsplanes ihrer Angestellten. Dabei haben die Stellenplanrichtlinien der Aufsichtsbehörde keine normative Wirkung; sie sind nur Orientierungshilfe. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Einstufung des Geschäftsführers einer vom Land beaufsichtigten Krankenkasse im Rahmen des Besoldungsgefüges des betreffenden Landes zu beurteilen ist; denn solange das Besoldungsgefüge in den einzelnen Ländern der Bundesrepublik nicht einheitlich ist, kann sich der Vergleich nur auf das jeweilige Land erstrecken. Der Senat ist dem LSG auch darin gefolgt, daß die Tätigkeit des Geschäftsführers einer Krankenkasse nicht mit der eines Landrats verglichen werden kann, weil dieser einen wesentlich umfassenderen Aufgabenbereich hat. Sie kann aber mit der des geschäftsleitenden Beamten eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt in Bayern verglichen werden; denn auch dieser Beamte hat im wesentlichen die laufenden Verwaltungsaufgaben einer Behörde zu erledigen, wobei allerdings nicht verkannt werden darf, daß der Kreis dieser Verwaltungsaufgaben in sachlicher Hinsicht umfassender ist als der des Geschäftsführers einer Krankenkasse. Bei einem Vergleich beider Tätigkeiten kommt die des Geschäftsführers der Krankenkasse aber zum mindesten nahe an die eines nach der Besoldungsgruppe A 15 besoldeten Beamten heran. Wenn man noch weiter berücksichtigt, daß neben den bei der Krankenkasse versicherten Mitgliedern noch eine etwa gleich große Anzahl von mitversicherten Familienmitgliedern zu betreuen ist, so liegt kein auffälliges Mißverhältnis zwischen der von der Klägerin beschlossenen Besoldung und dem Aufgabenbereich ihres Geschäftsführers vor. Die Genehmigung hätte daher nicht versagt werden dürfen.

Der Senat hat deshalb das Urteil des LSG aufgehoben und die Berufung des beklagten Landes gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670291

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