Die Angaben der antragstellenden Person oder ihrer Bezugsperson zur pflegerischen Versorgungssituation, zur Vorgeschichte sowie Art und Ausmaß der Erkrankungen bestimmen den notwendigen Untersuchungsumfang. Vorliegende pflegerelevante Befundberichte sind zu berücksichtigen. Die Gutachterin beziehungsweise der Gutachter muss sich selbst ein Bild von den pflegerelevanten Schädigungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbständigkeit und Fähigkeiten der antragstellenden Person machen und diese dokumentieren. Dies geschieht durch Befragung, Untersuchung und Inaugenscheinnahme der antragstellenden Person mit "den fünf Sinnen" ohne apparativen Aufwand. Es sind die wesentlichen Funktionen zu prüfen, die für eine selbständige Lebensführung im Hinblick auf die Bereiche des Begutachtungsinstruments erforderlich sind. Hilfreich ist es, die antragstellende Person den Tagesablauf schildern zu lassen, mit ihr die Wohnung zu begehen und sich gegebenenfalls einzelne Aktivitäten exemplarisch demonstrieren zu lassen. Aus diesem Vorgehen ergibt sich ein positives/negatives Leistungsbild[1] der antragstellenden Person hinsichtlich ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten, das in die Bewertung unter Punkt F 4 des Formulargutachtens einfließt. Dabei ist unter anderem Folgendes zu beachten:

  • Wenn Untersuchungen nicht durchgeführt werden können, zum Beispiel bei ausgeprägten Schmerzzuständen oder bei schweren psychischen Störungen, ist dies gutachterlich zu dokumentieren und gegebenenfalls zu begründen.
  • Bei Gutachten aufgrund von Höherstufungs- oder Rückstufungsanträgen, Widerspruchs- oder Wiederholungsbegutachtungen muss der Befund die Beurteilung des Erfolgs von bisherigen Rehabilitations- und Pflegemaßnahmen ermöglichen.
  • Falls sich eine veränderte Bewertung der Selbständigkeit ergibt, dient dieser Befund als Beleg für die Begründung eines veränderten Pflegegrades oder auch zur Ableitung einer Empfehlung von präventiven und rehabilitativen Maßnahmen oder von Hilfsmitteln.
  • Die Gutachterin beziehungsweise der Gutachter hat ein nachvollziehbares Bild der antragstellenden Person und ihrer Selbständigkeit festzuhalten. Der Gesamteindruck ist zu beschreiben und nicht nur eine Summe von Einzelbefunden.
  • Im Gutachten wird dokumentiert, wie die antragstellende Person bei der Begutachtung angetroffen wurde (zum Beispiel selbst die Tür öffnend, im Bett liegend, vollständig bekleidet, nimmt den Anruf selbst entgegen und weiß um den Grund der Begutachtung). Zudem wird beschrieben, wie die Kontaktaufnahme stattfand und ob ein sinnvolles Gespräch möglich war. Durch das Gespräch mit der antragstellenden Person verschafft sich die Gutachterin beziehungsweise der Gutachter einen eigenen Eindruck von den kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten, von ihrer aktuellen Stimmungslage und gegebenenfalls auffälligen Verhaltensweisen. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, inwieweit die antragstellende Person eigene Angaben machen kann, ob sie sich am Gespräch beteiligt und Aufforderungen erfassen sowie umsetzen kann.
  • Es sind Aussagen zum Ernährungszustand (Größe, Gewicht), Kräftezustand (zum Beispiel Händedruck, Gangbild) sowie zum Pflegezustand zu treffen.
  • Weitere Besonderheiten und Auffälligkeiten, die die Selbständigkeit einschränken und die im Rahmen des Gesamteindrucks nicht wiedergegeben werden, sind zu dokumentieren. Dabei können folgende Sachverhalte leitend sein:

    • Beeinträchtigungen im Bereich der Extremitäten und des Rumpfes, zum Beispiel Spastiken, Gangstörungen oder Tremor,
    • Beeinträchtigungen der Selbständigkeit durch zum Beispiel Luftnot, Ödeme, Schluckstörungen, Wunden, Hautveränderungen, Hör- und Sehstörungen,
    • Beeinträchtigungen im Bereich der mentalen Funktionen, zum Beispiel Stimmungslage, Antrieb,
  • Ressourcen der antragstellenden Person zur Kompensation von Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, zum Beispiel durch Hilfs- oder Pflegehilfsmittel, sind zu beschreiben.
  • Angaben zur parenteralen Ernährung oder zur Sondenernährung, zur Blasenkontrolle/Harnkontinenz oder zur Darmkontrolle/Stuhlkontinenz werden nicht an dieser Stelle, sondern im Formulargutachten bei Modul 4 unter F 4.4 erfasst.
  • Werden "freiheitsentziehende" Maßnahmen (zum Beispiel Einschließen; Fixieren im Bett Sessel, Rollstuhl; Sedieren) festgestellt oder geschildert, sind diese zu dokumentieren. Sofern die Maßnahmen aus dem Wunsch von einsichtsfähigen Antragstellender nach Sicherung (zum Beispiel Bettgitter, Therapietisch) resultieren, ist dies zu dokumentieren.
[1] Positives/negatives Leistungsbild ist die gutachterliche Ableitung, welche Handlungen die Person ausüben kann und welche Einschränkungen bestehen.

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