Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingliederungsverwaltungsakt im ER
Leitsatz (amtlich)
Ein Verwaltungsakt, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt (Eingliederungsverwaltungsakt) kann Gegenstand eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sein.
Wenn die Geltungsdauer eines Eingliederungsverwaltungsaktes während des Eilverfahrens ausläuft, hat er sich regelmäßig durch Zeitablauf erledigt. Soweit sich daraus eine Sanktion ergeben hat, kann diese selbst Gegenstand eines eigenen Eilverfahrens werden. Für einen "Fortsetzungsfeststellungsantrag" analog § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG besteht im Eilverfahren kein Raum.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Antragsgegner einen Verwaltungsakt erlassen durfte, mit dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt wird (Eingliederungsverwaltungsakt) und die Rechtmäßigkeit einer Absenkung um 60 vom Hundert der Regelleistung der Antragstellerin.
Der Antragstellerin und ihrem achtjährigen Sohn wurden laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis einschließlich 30.06.2011 bewilligt. Danach erfolgte mit Bescheid vom 15.06.2011 eine weitere Bewilligung für den Folgezeitraum. Nachdem eine Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande kam, erging der Eingliederungsverwaltungsakt vom 09.03.2011. Darin wurde die Antragstellerin ab 29.03.2011 zur Teilnahme an der Maßnahme Aktivierungshilfen verpflichtet. Die Geltungsdauer des Verwaltungsaktes endete am 08.09.2011.
Mit Bescheiden vom 11.04.2011 wurde das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin für die Monate Mai, Juni und Juli 2011 um 60 vom Hundert der Regelleistung abgesenkt. Die Antragstellerin habe an der festgelegten Maßnahme nicht teilgenommen.
Die Widersprüche gegen die Eingliederungsverwaltungsakt und den Absenkungsbescheid wurden mit Widerspruchbescheid vom 21.04.2011 zurückgewiesen. Darin wurde ausgeführt, dass die stundenweise Erwerbstätigkeit der Antragstellerin in einer Gaststätte von insgesamt 20 Stunden im Monat durchgehend abends oder am Wochenende stattfand. Erst nachdem der Eingliederungsverwaltungsakt ergangen sei, habe der Arbeitgeber die Arbeitszeit auf Wunsch der Antragstellerin auf den Nachmittag verlegt. Die gegen den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wurde mit Urteil vom 29.09.2011 abgewiesen. Eine Berufung liegt derzeit noch nicht vor.
Am 25.05.2011 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht Augsburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 27.07.2011 wurde der Antrag abgewiesen. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 01.08.2011 zugestellt.
Am 31.08.2011 hat die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 27.07.2011 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 09.03.2011 und 11.04.2011, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.04.2011, anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 09.03.2011 und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Absenkungsbescheid vom 11.04.2011, soweit dadurch eine vorherige Bewilligung vermindert wurde. Für den Monat Juli 2011 scheint dagegen keine vorherige Bewilligung vorzulegen, so dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für diesen Monat statthaft wäre.
Obwohl im Rahmen der summarischen Prüfung alles für eine Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes spricht, kann diese Frage offen bleiben, weil der Regelungszeitraum des Eingliederungsverwaltungsaktes am 08.09.2011 endete. Damit besteht kein Anlass mehr, die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes im Eilverfahren zu überprüfen.
Ein Eilverfahren hat die Aufgabe, eine gegenwärtige Notlage vorläufig zu beheben, weil dies der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz gebietet. Dagegen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Rechtsfragen zu beantworten, die mit einer gegenwärtigen Notlage nichts zu tun haben. Auch bei einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 SGG ist die Eilbedürftigkeit ein wesentliches Abwägungskriterium (vgl. Beschluss BayLSG vom 26.04.2010, L 7 As 301/10 ER). Aus diesem Grund gibt es im einstweiligen Rechtsschutz keinen Fortsetzungsfeststellungsantrag analog § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG, wenn sich ein Verwaltungsakt erledigt hat (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsg...