Werbegaben und Gutscheine von Apotheken sind wettbewerbswidrig

Hier ein Brötchen-Gutschein für den Bäcker um die Ecke, da ein Ein-Euro-Gutschein für den nächsten Einkauf in der Apotheke und schon sind die Kunden geneigt, dort ihre Medikamente zu kaufen, wo es diese kleinen Werbegaben obendrauf gibt. Der BGH verbietet das nun, jedenfalls für rein deutsche Sachverhalte.

In vielen Supermärkten wird mit Gutscheinen, Treuerpunkten etc. um wiederkehrenden Kundenbesuch gebuhlt. Doch in Apotheken sind dererlei Aufmerksamkeiten rechtlich anders zu bewerten.

Apotheken-Kunden mit Zugaben gelockt

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft und vielleicht auch die Kundenbeziehung. So haben zwei Apotheken unabhängig voneinander spekuliert. Dass das funktionieren kann, liegt auf der Hand, sind doch gerade die Deutschen sehr preisbewusst bei ihren Einkäufen. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat jedoch hieran Anstoß genommen und beide Apotheken auf Unterlassung verklagt.

Brötchen-Gutscheine beim Arzneimittelkauf

Die eine Apotheke in Darmstadt gab bei jedem Erwerb eines verschreibungspflichtigen Medikaments einen Brötchen-Gutschein über „Zwei Wasserweck oder ein Ofenkrusti“ aus, der bei einer nahe gelegenen Bäckerei eingelöst werden konnte.

Ein-Euro-Gutschein für den nächsten Apothekenbesuch

Die andere Apotheke in Berlin verteilte Ein-Euro-Gutscheine für ihren eigenen Laden, die jeweils beim nächsten Einkauf eingelöst werden konnten. Ausgenommen wurden apotheken- und verschreibungspflichtige Medikamente.

BGH-Urteile: Abgaben sind wettbewerbswidrig

Beide Arten von Zugaben sind nach Einschätzung des BGH wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Preisbindungsvorschriften für Arzneimittel verstoßen (§§ 3, 3a UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG, § 78 Abs. 2 S. 2, 3, Abs. 3 S. 1 AMG). Die Preisbindung soll verhindern,

  • dass Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung von Heilmitteln
  • unsachlich durch die Aussicht von Werbegaben beeinflusst werden.
  • Außerdem soll ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen Apotheken unterbunden und
  • eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden.

Preisbindung von Arzneimitteln europarechtswidrig, aber…

Die deutsche Preisbindung für Apotheken ist dem EuGH ein Dorn im Auge. Sie verstößt aus Sicht der Europa-Richter gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV). Das stört aber den BGH nicht. Zum einen sind die Regelungen über die Warenverkehrsfreiheit auf rein innerdeutsche Sachverhalte wie die hiesigen nicht anwendbar, zum anderen ist

  • die Andersbehandlung der deutschen Apotheken im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten
  • wegen der Besonderheiten des deutschen Marktes gerechtfertigt und
  • nicht verfassungswidrig, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Berufsausübungsfreiheit.
  • Der Konkurrenzdruck durch ausländische Apotheken sei (noch) nicht so groß, dass die Preisbindung für deutsche Apotheken unzumutbar wäre.

Werbegeschenke sind verboten, egal wie geringwertig sie sind

Dass die Mitgebsel nur einen geringen Wert haben, ist nach der Entscheidung des BGH unerheblich. Die Preisbindung verlangt eine strikte Einhaltung und lässt keine auch noch so kleine Abweichung zu. Trotz des geringen Werts führten die Werbegaben dazu, dass die Interessen der Konkurrenz-Betriebe spürbar beeinträchtigt werden (§ 3a UWG).

(BGH, Urteile v. 6.6.2019, I ZR 206/17 und I ZR 60/18).



Hintergrund:

Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisbindung:

Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt.

Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt an den Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen. Die Gewährung der im Gutschein benannten Sachzuwendungen lässt den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen. Auch Sachzugaben wie Geschenkpapier oder Kuschelsocken haben einen – wenn auch geringen – Geldwert (VG Münster, Urteil v. 12.11.2015, 5 K 954/14).

Der EuGH sieht die Preisbindung allerdings kritisch

1. Art. 34 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die vorsieht, dass für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festgesetzt werden, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne dieses Artikels darstellt, da sie sich auf die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken stärker auswirkt als auf die Abgabe solcher Arzneimittel durch im Inland ansässige Apotheken.

2. Art. 36 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die vorsieht, dass für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festgesetzt werden, nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne dieses Artikels gerechtfertigt werden kann, da sie nicht geeignet ist, die angestrebten Ziele zu erreichen.

(EuGH, Urteil v. 19.10.2016 - C-148/15).

Beides aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Bundesgerichtshof (BGH), Wettbewerbsrecht, Rabatt