Nießbrauch an einem Kommanditanteil ist nicht eintragungsfähig

Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Kommanditanteil kann nach einem Beschluss des OLG Köln nicht in das Handelsregister eingetragen werden. Es handele sich weder um eine nach §§ 106 Abs. 2, 162 Abs. 1 HGB eintragungspflichtige noch um eine eintragungsfähige Tatsache.

Hintergrund

Eine Kommanditistin hatte einen Teil ihres Kommanditanteils übertragen. In dem notariellen Übertragungsvertrag hatte sie an dem übertragenen Kommanditanteil einen lebenslänglichen, unentgeltlichen Nießbrauch zugunsten eines Dritten bestellt. Die Bestellung des Nießbrauchs wurde zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Registergericht und – nach Einlegung der Beschwerde – das OLG Köln lehnten die Eintragung des Nießbrauchs in das Handelsregister mit der Begründung ab, dass der Nießbrauch keine eintragungsfähige Tatsache sei.

Der Beschluss des OLG Köln vom 07.10.2019, Az. 18 Wx 18/19

In seiner Entscheidung beschäftigte sich das OLG Köln mit den praxisrelevanten Fragen, welche Tatsachen bei einer Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden müssen („eintragungspflichtig“), eingetragen werden können („eintragungsfähig“) oder nicht eingetragen werden können („nicht eintragungsfähig“).

Das OLG Köln bestätigte und führte die Rechtsprechung des OLG München (OLG München, Beschluss v. 08.08.2016, Az. 31 Wx 204/16) fort, wonach die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Kommanditanteil nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann. Es handele sich weder um eine nach §§ 106 Abs. 2, 162 Abs. 1 HGB eintragungspflichtige noch um eine eintragungsfähige Tatsache.

Bei der Kommanditgesellschaft müssen nach 162 Abs. 1 HGB (neben den nach § 106 HGB auch für die OHG erforderlichen Angaben) in das Handelsregister nur eingetragen werden: (1.) die Kommanditisten sowie (2.) die von dem jeweiligen Kommanditisten betragsmäßig übernommene Einlage (sog. Haftsumme), d.h. der Betrag, in dessen Höhe der Kommanditist nach außen maximal haftet. Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Kommanditanteil ist nach dem Gesetz nicht eintragungspflichtig. Nicht eintragungspflichtige Tatsachen können nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Beschluss v. 14.02.2012, Az. II ZB 15/11) nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der jeweiligen Information besteht. Bei einem Nießbrauch an einem Kommanditanteil (anders als z.B. bei einer Dauertestamentsvollstreckung über den Anteil) sei dies nicht der Fall.

Das OLG Köln begründete dies damit, dass der Nießbraucher nicht Gesellschafter sei und daher im Außenverhältnis gegenüber Dritten nicht hafte. Der Nießbrauch begründet lediglich ein Recht, Nutzungen zu ziehen, d.h. die „Früchte“ der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft. Der Nießbraucher hat einen Anspruch auf entnahmefähige Gewinne. Dadurch wird er aber nicht zum Gesellschafter; Anteilsinhaber bleibt der Kommanditist. Für den Rechtsverkehr sei der Nießbrauch daher nicht relevant.

Außerdem habe der Nießbraucher kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Das OLG Köln folgt insoweit der überwiegenden Auffassung, dass das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung nur einheitlich ausgeübt werden könne, d.h. durch den Kommanditisten. Lediglich für Grundlagenentscheidungen, d.h. Entscheidungen, die den Bestand der Gesellschaft betreffen, ist nach § 1071 BGB die Zustimmung des Nießbrauchers erforderlich. Dies rechtfertige aber nicht die Eintragung des Nießbrauchs im Handelsregister.

Anmerkung

Hintergrund der Entscheidung des OLG Köln ist der Schutz der Funktion des Handelsregisters, rasche und verständliche Informationen zu bieten. Das Handelsregister soll nicht über sämtliche, sondern nur über wesentliche Rechtsverhältnisse der Gesellschaft Auskunft geben (sog. Publizitätsfunktion). Eine Vollständigkeitsgarantie beinhaltet dies ohnehin nicht, ebenso wenig einen Gutglaubensschutz im Hinblick auf die Gesellschafterstellung – oder Belastungen des Anteils. Das Handelsregister soll übersichtlich bleiben und nicht mit Informationen überfrachtet werden, die für den Rechtsverkehr von geringerem Interesse sind. § 22 Abs. 2 HGB, der beim Einzelkaufmann die Eintragung des Nießbrauchs ausdrücklich erlaubt, ist nicht analog heranzuziehen. Der Nießbrauch am Anteil berührt – anders als der Nießbrauch am Unternehmen selbst – die Inhaberschaft am Unternehmen nicht.

Die Entscheidung des OLG Köln verdient daher Zustimmung. Für den Gesellschafter, der die Bestellung des Nießbrauchs nicht zum Register anmelden muss, bedeutet sie weniger Bürokratie. Außerdem trägt sie zugleich den Interessen des Gesellschafters und des Nießbrauchers Rechnung, die wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse nicht offenzulegen. Da nach außen gegenüber Dritten keine Verpflichtungen und keine Haftung des Nießbrauchers bzw. stillen Gesellschafters begründet werden, hat der Rechtsverkehr kein berechtigtes Interesse, über diese Form der wirtschaftlichen Beteiligung durch einen Registereintrag informiert zu werden. Der Nießbrauch betrifft allein die Rechtsbeziehung zwischen Gesellschafter und Nießbraucher.

Ähnlich wie bei einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die ebenfalls nicht im Handelsregister eingetragen wird, hat auch der Nießbrauch die Funktion, einen Nicht-Gesellschafter an Erträgen aus einer Gesellschaftsbeteiligung partizipieren zu lassen. Der Nießbrauch ist auch als Gestaltungsmittel bei der Unternehmensnachfolge sehr beliebt. So kann ein Gesellschaftsanteil bereits zu Lebzeiten an die nachfolgende Generation durch Schenkung übertragen werden. Der Schenker behält sich den Nießbrauch, d.h. das Gewinnbezugsrecht, zurück. Bei der Berechnung der Schenkungssteuer ist der Wert des Nießbrauchs vom Wert des Anteils abzuziehen, da dieser wegen der Belastung mit dem Nießbrauch einen geringeren Wert hat. Diese Gestaltung ermöglicht eine steuerbegünstigte bis steuerfreie Übertragung des Anteils auf die nächste Generation, und der Schenker ist durch den Nießbrauch finanziell abgesichert.

Praxishinweis

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Eintragungsfähigkeit des Nießbrauchs ist jedoch uneinheitlich. Das OLG Köln weicht von der Rechtsprechung des OLG Oldenburg (Beschluss v. 09.03.2015, Az. 12 W 51/15) und des OLG Stuttgart (Beschluss v. 28.01.2013, Az. 8 W 25/13) ab, wonach der Nießbrauch an einem Kommanditanteil eintragungsfähig sei. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs gibt es bisher nicht. Die Registergerichte dürften die Frage der Eintragungsfähigkeit also unterschiedlich handhaben. Eine Mindermeinung in der Literatur vertritt sogar die Auffassung, dass der Nießbraucher neben dem Gesellschafter im Außenverhältnis hafte. Dies würde eine Eintragung des Nießbrauchers im Handelsregister rechtfertigen, insbesondere um seine Haftung – wie beim Kommanditisten – auf die eingetragene Haftsumme zu begrenzen. Überzeugend ist diese Auffassung nicht, denn der Nießbraucher ist nicht Gesellschafter. Nach anerkannten Grundsätzen haftet bei der Personengesellschaft gegenüber Dritten nur, wer Gesellschafter ist oder wer den Anschein erweckt, Gesellschafter zu sein. Eine Außenhaftung des Nießbrauchers ist allenfalls beim sog. Treuhandnießbrauch gerechtfertigt, bei dem der Nießbraucher mit umfassenden Rechten ausgestattet wird und damit einem Gesellschafter vergleichbar ist.

Vor einer abschließenden Klärung der Haftungsfrage könnte der sicherste Weg darin bestehen, eine Eintragung des Nießbrauchs weiterhin zu versuchen.

In der praktischen Gestaltung sollten bei Bestellung des Nießbrauchs die Modalitäten zwischen Gesellschafter und Nießbraucher in jedem Fall vertraglich geregelt werden. Zur Klarstellung sollte vor allem festgehalten werden, wer das Stimmrecht und das Gewinnbezugsrecht (voll oder teilweise) aus dem Kommanditanteil erhält. Gegenüber der Gesellschaft sollte der Nießbrauch und damit das Gewinnbezugsrecht des Nießbrauchers angezeigt werden (sog. Abtretungsanzeige, vgl. §§ 1070 Abs. 1, 409 BGB analog). Dann kann die Gesellschaft Gewinne mit befreiender Wirkung direkt an den Nießbraucher, statt an den Gesellschafter ausschütten. Dies vereinfacht für Gesellschaft und Gesellschafter auch die steuerliche gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung.

Andere Ansicht des OLG Oldenburg: Eintragungsfähigkeit des Nießbrauchs an einem Kommanditanteil

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