Neue Pflichten durch Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

Seit dem 1.4.2016 ist das neue Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft. Ziel des Gesetzes ist, ein flächendeckendes System außergerichtlicher Streitbeilegungsstellen für privatrechtliche (nicht: arbeitsvertragliche) Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern zu schaffen. Die Teilnahme hieran ist für Unternehmen freiwillig, allerdings ergeben sich zahlreiche Informationspflichten.

Weitere Informationspflichten ab 1.2.2017

Neue Informationspflichten gelten ab dem 1.2.2017 für alle Unternehmen, die eine auf Verbraucher ausgerichtete Webseite bzw. einen Online-Shop betreiben. Sie gelten zudem für alle Unternehmen, die im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden und somit wohl für nahezu alle Unternehmen, die im B2C-Bereich agieren. Solche Unternehmen müssen auf der Webseite und zusätzlich zusammen mit den AGB darauf hinweisen, ob sie überhaupt an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilnehmen. Hierzu verpflichtet sind allerdings dazu nur wenige Unternehmen aus bestimmten Branchen (z.B. Energieversorger, Luftfahrt- und Eisenbahnverkehrsunternehmen). Alle anderen Unternehmen können über ihre Teilnahme an einer Schlichtung frei entscheiden und diese Entscheidung jederzeit wieder ändern. Sofern sich das Unternehmen für die Teilnahme entscheidet, sind die Anschrift und Webseite der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle anzugeben. Kleinere Unternehmen, die am Schluss des Vorjahres weniger als elf Mitarbeiter hatten, sind von diesen Informationspflichten im Vorfeld einer Streitigkeit befreit; gezählt wird dabei nach Köpfen und nicht nach anteiliger Arbeitszeit.

Informationspflicht für alle Unternehmen

Alle Unternehmen (unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter) müssen indes bei bereits bestehenden und nicht beizulegenden außergerichtlichen Streitigkeiten mit einem Verbraucher diesen in Textform (z.B. per E-Mail) auf eine für ihn zuständige Schlichtungsstelle unter Angabe von Adresse und Webseite hinweisen. Dabei müssen sie angeben, ob sie verpflichtet oder bereit sind, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen.

Ablauf und Folgen des Streitbeilegungsverfahrens

Verbraucher können bereits jetzt einen Schlichtungsantrag bei der örtlich und sachlich zuständigen Schlichtungsstelle stellen. Der Streitmittler soll dann innerhalb von 90 Tagen Schlichtungsvorschlag präsentieren. Das Streitbeilegungsverfahren endet mit der Mitteilung des Ergebnisses, das anders als Gerichtsentscheidungen nicht veröffentlicht wird und im Falle einer Einigung auch nicht vollstreckbar ist. Beide Seiten können die Schlichtung jederzeit abbrechen. Die Schlichtungsverfahrenskosten ohne Rechtsberatungskosten trägt, bis auf Missbrauchsfälle, grundsätzlich der Unternehmer. Diese betragen je nach Streitwert ca. 50 – 600 EUR.

Sofern ein Bundesland wie z.B. Baden-Württemberg kein Schlichtungsgesetz (mehr) hat, ist auch für Streitigkeiten im Wert von bis zu 750 EUR jederzeit der Weg vor die Amtsgerichte eröffnet. Nicht zulässig ist dabei, dass Unternehmen für den Fall der Inanspruchnahme des Unternehmens die vorherige außergerichtliche Streitbeilegung zur Bedingung für eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen machen.

Handlungsempfehlung an Unternehmen

Um kostenintensive wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zu vermeiden, sollten die betroffenen Unternehmen spätestens ab Februar 2017 in ihren AGB und auf ihrer Webseite darauf hinweisen, ob sie zur Teilnahme an einer Verbraucherstreitbeilegung verpflichtet oder bereit sind und die Webseite und Adresse der zuständigen Stelle angeben. Die Vorgaben für den Online-Bereich sollten an leicht zugänglicher Stelle zusammen mit der Hinweispflicht aus der EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (siehe hier) gebündelt entsprochen werden, z.B. im Impressum oder auf einer separaten Seite zur Verbraucherinformation.

Rechtsanwälte Sebastian Hoegl, LL.M. (Wellington), Holger Hiss, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg

 

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