Löschung im Handelsregister: Strafbefehl steht Urteil gleich

Das GmbH-Gesetz zählt die Gründe auf, die einer Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer entgegenstehen. Hierzu gehören insbesondere Verurteilungen wegen Wirtschaftsstraftaten und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Bestellung als Geschäftsführer erfolgten. Der Begriff der Verurteilung ist hierbei weit zu verstehen – es genügt bereits ein ohne mündliche Verhandlung erlassener Strafbefehl.

Hintergrund

Der Geschäftsführer einer GmbH wurde durch das zuständige Registergericht aus dem Handelsregister gelöscht. Begründet wurde diese Maßnahme mit einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft an das Registergericht, dass gegen den Geschäftsführer ein Strafbefehl wegen Insolvenzverschleppung, Vorenthalten von Arbeitsentgelt und Bankrott ergangen sei.

Gegen die Löschung wehrte sich der Geschäftsführer. So sei gegen ihn lediglich eine Geldstrafe in Höhe eines mittleren vierstelligen Betrags verhängt worden. Zudem liege gerade keine „Verurteilung“ seiner Person vor, wie von § 6 Abs. 2 S. 2 GmbH-Gesetz gefordert, da kein Strafurteil gegen ihn ergangen sei. Der Erlass eines Strafbefehls ohne vorherige mündliche Verhandlung sei hiermit nicht gleichzustellen.

Das Registergericht hielt indes an seinem Beschluss fest und legte diese dem Kammergericht Berlin als übergeordnetem Gericht zur Entscheidung vor.

Der Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 17.07.2018, Az. 22 W 34/18

Das KG Berlin wies die Beschwerde des Geschäftsführers als unbegründet zurück. Die von Amts wegen erfolgte Löschung sei rechtmäßig gewesen, da der Erlass des Strafbefehls einer Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer entgegenstehe.

Das Vorliegen eines Urteils nach mündlicher Verhandlung ist aus Sicht des Gerichts gesetzlich nicht gefordert. Vielmehr sei durch die Formulierung „Verurteilung“ in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbH-Gesetz der Inhalt der Entscheidung gemeint. Ein Urteil sei zwar eine mögliche Erscheinungsform einer Verurteilung – dasselbe gelte jedoch für einen Strafbefehl. Insbesondere sei auch die inhaltliche Richtigkeit der Verurteilung oder die anhand des Strafmaßes zu erkennende Schwere der Straftaten jedenfalls bei den vom Geschäftsführer erfüllten Straftatbeständen der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts irrelevant. Eine inhaltliche Nachprüfung der strafgerichtlichen Entscheidung durch das Registergericht verbiete sich.

Unerheblich sei in diesem Kontext zudem, dass der Erlass des Strafbefehls zeitlich nach der Bestellung zum Geschäftsführer erfolgt sei. So sei es für die vom Gesetz geforderte Straffreiheit eines Geschäftsführers irrelevant, ob diese bereits von Anfang an fehlt, oder erst nachträglich entfällt. Eine Verurteilung wegen Wirtschaftsstraftaten im Sinne des § 6 Abs. 2 GmbH-Gesetz führe stets zur unmittelbaren Beendigung des Geschäftsführer-Amtes.

Anmerkung

Die Entscheidung betont die erheblichen Konsequenzen, die GmbH-Geschäftsführern bereits bei vergleichsweise geringen Vergehen drohen, sofern es sich um Wirtschaftsstraftaten (z.B.: Betrug, Untreue, Insolvenzverschleppung) handelt: Als gerichtlichem und außergerichtlichem Vertreter der GmbH kommt der Person des Geschäftsführers maßgebliche Bedeutung zu. Hieraus folgt das Erfordernis der Redlichkeit und charakterlichen Eignung. Eine Verurteilung wegen Wirtschaftsstraftaten stellt hingegen einen Indikator dafür dar, dass ebendiese Erfordernisse fehlen. Eine Unterscheidung zwischen einer Verurteilung durch ein Strafurteil und einer solchen mittels Strafbefehls erfolgt hierbei nicht. Zum einen sieht die Strafprozessordnung in § 410 Abs. 3 StPO explizit deren Gleichstellung vor. Zum anderen ändert die Art der strafprozessualen Ahndung der Vergehen nichts an deren Existenz.

Unklar ist jedoch weiterhin, ob die von einem neu bestellten Geschäftsführer gegenüber dem Registergericht abzugebende Versicherung, dass gegen seine Amtsfähigkeit keine Hinderungsgründe bestehen, sich auch auf die im Jahr 2017 eingeführten neuen Tatbestände des § 265c StGB (Sportwettbetrug) und § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) beziehen muss. Während das OLG Oldenburg Anfang des Jahres noch mit überzeugenden Argumenten entschied, dass auch diese Straftatbestände in der Versicherung enthalten sein müssen (OLG Oldenburg, Beschluss v. 08.01.2018 – Az.: 12 W 126/17), geht das OLG Hamm in einer neueren Entscheidung davon aus, dass deren Erwähnung nicht erforderlich sei (OLG Hamm, Beschluss v. 27.09.2018 – Az.: 27 W 93/18). Bis zum Vorliegen einer höchstrichterlichen Entscheidung ist es daher ratsam, die Versicherung auch auf diese Straftatbestände zu erstrecken. Alternativ kann jedoch auch schlicht versichert werden, dass der Geschäftsführer noch nie wegen einer Straftat im In- oder Ausland rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel und Jonas Laudahn, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg