Die aktuellen Ereignisse machen es sinnvoll, besonders in Verträgen, die längere Zeitspannen umfassen, spezielle Klauseln über höhere Gewalt/Force Majeure aufzunehmen und diese regelmäßig zu überprüfen und ggfs. anzupassen. Der deutsche Gesetzgeber hat hier gegenüber anderen Rechtsordnungen eindeutig Nachholbedarf.

Spezialfall Corona-Pandemie

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist eine Befreiung von Vertragspflichten insbesondere bei Veranstaltungen, Reisen und Geschäftsraumpacht oder -miete relevant geworden. Das Landgericht Paderborn hat als erstes deutsches Gericht die Corona-Pandemie ausdrücklich als einen Fall von höherer Gewalt im Rahmen einer Force-Majeure-Klausel eingestuft: „Die Corona-Pandemie und ihre Folgen stellen ein von außen kommendes, betriebsfremdes Ereignis dar. Weil es eine Pandemie solchen Ausmaßes noch nie gegeben hat, war diese für den Einzelnen auch unvorhersehbar. Selbst bei Anwendung äußerst vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt war sie für den Einzelnen nicht abwendbar. Das neuartige Corona-Virus stellt also ein Ereignis dar, das unter den Begriff der höheren Gewalt fällt“ (LG Paderborn, Urteil v. 25.9.2020, 3 O 261/20). Allerdings ist zu beachten, dass das für nach dem 11.03.2020 geschlossene Verträge wohl regelmäßig nicht mehr ohne weiteres greift, da danach mit vielen Pandemiefolgen zu rechnen war.

Sonderproblem: Ukraine-Krieg

Durch die Pandemie und den Angriff auf die Ukraine verursachte Unterbrechungen und Störungen in Lieferketten werden nach deutschem Recht und dem der meisten internationalen Handelspartner als Höhere Gewalt oder Force Majeure akzeptiert, wenn sie nachweislich ursächlich die Lieferung verhindern und Ersatzbeschaffungen wirtschaftlich nicht darstellbar sind. Die Folgen ergeben sich primär aus den vertraglichen Regelungen. Fehlen sie, sind die Rechtsfolgen in Frankreich und im angelsächsischen Raum gesetzlich geregelt und ergeben sich in Deutschland nur aus der zu dieser Frage eher dünn gesäten Rechtsprechung.

Allgemein ist angesichts der aktuellen Krisen davon auszugehen, dass „Force-Majeure-Klauseln“ wichtiger werden und in Verträgen angemessen eingefügt und regelmäßig überprüft werden sollten. Nicht zuletzt wäre die aktuelle Lage ein Anlass für den Gesetzgeber, über eine gesetzliche Regelung des Themas höhere Gewalt im deutschen Recht nachzudenken, um auch national mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten.

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