Gesellschaftsrecht: Anforderungen an Beschlüsse der Publikums-KG

Die Befähigung der Geschäftsführung zur Veräußerung des einzigen Vermögenswertes (hier eine Immobilie) einer Publikums-KG bedarf eines Gesellschafterbeschlusses mit Dreiviertelmehrheit. Dabei sind die Gesellschafter verpflichtet, dem Verkauf zuzustimmen, sofern die Gesellschaft andernfalls in eine unhaltbare wirtschaftliche Schieflage gerät. Ein solcher Gesellschafterbeschluss muss jedoch nicht notariell beurkundet werden.

Hintergrund

Die Beklagte ist ein Immobilienfonds in Form einer Publikums-KG, deren einziger Vermögenswert ein Grundstück, bebaut mit einem Hotelgebäude, ist. Für den Erwerb der Immobilie hatte die Beklagte ein Darlehen aufgenommen, das die finanzierende Bank zurückforderte. Auf der darauf folgenden Gesellschafterversammlung wurde der Verkauf der Immobilie an einen passenden Investor zum Beschluss gestellt. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Gesellschafter angesichts der wirtschaftlichen Situation der Beklagten die Zustimmung erteilen müssten. Der Verkauf wurde mit einfacher Mehrheit beschlossen. Eine notarielle Beurkundung unterblieb.

Die Klägerin ist Treuhandkommanditistin der Beklagten und begehrt Feststellung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses. Der Gesellschafterbeschluss sei nicht mit der nötigen qualifizierten Mehrheit gefasst und die Gesellschafter seien auch nicht zur Zustimmung zu dem Beschluss verpflichtet gewesen. Ferner fehle die notarielle Beurkundung des Beschlusses. Nachdem das LG Düsseldorf die Klage abgewiesen hat, hatte das OLG Düsseldorf über die Berufung zu entscheiden.

Das Urteil des OLG Düsseldorf vom 23.11.2017 – Az.: 6 U 225/16

Das OLG Düsseldorf hat einen Beschluss der Gesellschafterversammlung mit Dreiviertelmehrheit gefordert. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 179a AktG. Dieser fordert für Aktiengesellschaften die Beschlussfassung der Hauptversammlung zu Satzungsänderungen und zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens mit Dreiviertelmehrheit, wenn sich die Gesellschaft durch einen Vertrag „zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet“. Diese Norm sei auch auf die Publikums-KG anwendbar, da diese aus einer Vielzahl von Kommanditisten bestehe, deren Engagement sich in der Gesellschaft - wie bei Aktionären einer Aktiengesellschaft - auf die bloße kapitalmäßige Beteiligung beschränke. Da der Beschluss nicht mit Dreiviertelmehrheit gefasst worden sei, sei er grundsätzlich nichtig. Aber: Die Gesellschafter - auch die Klägerin - seien wegen der wirtschaftlichen Schieflage der Gesellschaft verpflichtet gewesen, dem Verkauf zuzustimmen; deshalb könne die Klägerin vorliegend nicht die Nichtigkeit des Beschlusses feststellen lassen. Dies ergebe sich aus der sog. gesellschaftlichen Treuepflicht, die den Gesellschaftern u.a. die Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft auferlegt. Diese treffe auch „bloße“ Treuhandkommanditisten, die an der Publikums-KG nur indirekt über einen Treuhänder beteiligt sind. Außerdem sei eine notarielle Beurkundung des Beschlusses nicht erforderlich.

Die Auswirkungen des Urteils des OLG Düsseldorf für die Praxis

Grundsätzlich sieht das Gesetz für die KG eine einstimmige Beschlussfassung vor. Die Gesellschafter können hiervon jedoch abweichende Regelungen treffen. In der Tat sehen die meisten Gesellschaftsverträge von Kommanditgesellschaften die Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit (mit Ausnahme bestimmter Grundlagengeschäfte) vor, was die praktische Durchführung von Gesellschaftsbeschlüssen deutlich erleichtert. Nach dem Urteil des OLG Düsseldorf ist nun jedoch zu beachten, dass – soweit der Gesellschaftsvertrag hierzu keine strengeren Regelungen vorsieht – über die Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens mit Dreiviertelmehrheit zu entscheiden ist. Dieses Mehrheitserfordernis ist zwingend; es kann daher nicht im Gesellschaftsvertrag herabgesetzt werden. Beschlüsse, die ohne die erforderliche Mehrheit gefasst werden, sind nichtig.

Eine notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses ist hingegen nicht erforderlich. Dies erleichtert die Beschlussfassung und spart Kosten. Damit folgt das OLG dem Grundsatz, dass die Beschlussfassung in der KG - soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht – formfrei ist, und daher schriftlich, telefonisch oder sogar stillschweigend erfolgen kann. Allerdings kann es zu Beweis- und Dokumentationszwecken sehr wohl ratsam sein, den Beschluss schriftlich festzuhalten.

Das OLG Düsseldorf stellt ferner heraus, dass die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht insbesondere auch Treuhandkommanditisten treffen können. Im vorliegenden Fall konnte die Kommanditistin trotz fehlerhafter Beschlussfassung die Nichtigkeit nicht feststellen lassen, da sie selbst aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Zustimmung zum Beschlussgegenstand verpflichtet gewesen sei.  

 

Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies und Dr. Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg

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