Einheitsregister für Sicherheiten an beweglichen Gütern und Rechten
Neben Sicherheiten an Immobilien sind in China auch Sicherheiten an beweglichen Sachen und Rechten registrierbar und mit Erlass des chinesischen Zivilgesetzbuches (ZGB) im Jahr 2020 trat dann eine umfassende Neuregelung des Kreditsicherheitenrechts in Kraft. In früheren Jahren wurden die Register von unterschiedlichen Registerstellen (abhängig u.a. von der Art des Sicherungsguts und teils auch von der lokalen Begebenheit des Sicherungsgebers bzw. des Sicherungsguts) verwaltet. Diese Uneinheitlichkeit erschwerte die Identifikation von Sicherungsrechten und war aufgrund der Komplexität der Eintragungsverfahren auch wenig nutzerfreundlich.
Seit Februar 2022 besteht ein einheitliches Registersystem für die Bestellung von Sicherheiten an beweglichen Sachen und Rechten. Rechtsgrundlage hierfür sind u.a. die “Maßnahmen für ein einheitliches Register für Sicherheiten an beweglichen Sachen und Rechten“ die durch die People’s Bank of China (PBoC) erlassen wurden. Ziel dieses Registersystems (Unified Registration System for Movable Property Financing) ist die Schaffung eines zentralisierten, landesweit gültigen Online-Registers zur Erhöhung der Transparenz, Rechtssicherheit und Effizienz bei der Bestellung und Durchsetzung von Sicherungsrechten unter der Hoheit des Credit Information Center der PBoC.
Zur Einsichtnahme in das Register ist jede natürliche bzw. juristische Person befugt, die sich als Nutzer des einheitlichen Registers anmeldet. Da die Registrierung die Identifikation mit einer chinesischen Personalausweisnummer (bei natürlichen Personen) oder mit einem chinesischen Unified Social Enterprise Credit Code (bei juristischen Personen) erfordert, ist der Zugang aktuell chinesischen Personen vorbehalten.
Welche Sicherungsrechte sind registrierbar?
Das chinesische Kreditsicherungsrecht behandelt alle vertraglichen Abreden, die auf die Bestellung einer Sicherheit gerichtet sind, gleich. D.h. anders als im deutschen Recht hängen die anwendbaren Regeln für eine Sicherheit nicht von der rechtlichen Form des Sicherungsgeschäfts ab. Daher deckt das einheitliche Register alle Transaktionstypen ab, die der Besicherung dienen, so u.a:
- Mobiliarhypothek, d.h. Pfandrechte an beweglichen Sachen ohne Besitzübergabe (z.B. an Maschinen, Rohstoffen, Lagerbeständen)
- Sicherungsübereignung, d.h. eine quasi-eigentumsrechtliche Sicherungsform (ähnlich der Sicherungsübereignung im deutschen Recht) die zwar nicht gesetzlich geregelt ist, aber in der Praxis anerkannt wird. Diese Sicherungsrechte sind eintragungsfähig, sofern sie offengelegt und vertraglich geregelt sind
- Sicherungsabtretung von Forderungen (Forderungspfandrecht), d.h. Forderungen (z. B. aus Lieferungen und Leistungen) werden als Sicherheit abgetreten
- Pfandrechte an Vorräten/Lagerbeständen, die vom Schuldner weiterverarbeitet oder verkauft werden können (Floating Charge-ähnlich)
- Lagerbestände / Vorräte
- Quasi-besitzlose Sicherheiten
- Leasingrechte / Factoringrechte
Pfandrechte an geistigem Eigentum, z. B. an Marken, Patenten, Gebrauchsmustern und an Urheberrechten werden bei den IP-Behörden eingetragen und Sicherungsrechte an Fahrzeugen und bewegliche Maschinen werden von der Kraftfahrzeugbehörde registriert. Ebenso nicht im einheitlichen Register, sondern in Spezialregistern werden Hypotheken an Luftfahrzeugen sowie Pfandrechte an Schuldverschreibungen, Fondsanteilen und Anteilsrechten an Unternehmen registriert.
Eintragung = Wirksamkeitsvoraussetzung?
Im chinesischen Recht ist die Eintragung eines Sicherungsrechts an beweglichen Sachen und Rechten in ein Register grundsätzlich nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für das Entstehen des Sicherungsrechts zwischen den Parteien. Die Eintragung ist aber in vielen Fällen Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit gegenüber Dritten (insbesondere gegenüber gutgläubigen Dritten wie Erwerbern oder anderen Gläubigern).
Im Hinblick auf die Eintragungsbedürftigkeit und ihre Wirkung gegenüber Dritten unterscheidet das chinesische Kreditsicherheitenrecht folgende drei Kategorien von Sicherungsrechten:
- Registrierungspflichtige Sicherungsrechte, d.h. die Registereintragung ist Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit gegenüber Dritten (Beispiele: Sicherungsabtretung von Forderungen, Sicherungsübereignung von beweglichen Sachen (sog. „besitzlose Sicherheiten“), Mobiliarhypothek (Pfandrecht an beweglichen Sachen ohne Besitzübertragung), Pfandrechte an geistigem Eigentum (z. B. Patenten). In diesen Fällen kann der Sicherungsnehmer ohne Eintragung das Recht nicht gegenüber Dritten geltend machen.
- Besitzbasierte Sicherungsrechte, d.h. die Registereintragung ist nicht erforderlich, Besitzverschaffung ist maßgeblich (Beispiel: Faustpfandrecht, Pfandrecht an beweglichen Sachen mit Besitzübertragung). In diesen Fällen entsteht die Sicherungswirkung gegenüber Dritten bereits mit der Besitzübertragung, ohne dass eine Registereintragung erforderlich ist.
- Gesetzliche Sicherungsrechte, d.h. hier entsteht das Sicherungsrecht kraft Gesetzes, ohne Eintragung oder vertragliche Vereinbarung (Beispiele: Vermieter- bzw. Werkunternehmerpfandrechte, Zurückbehaltungsrechte). Diese Rechte entstehen automatisch unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen und sind auch ohne Eintragung gegenüber Dritten durchsetzbar.
Welche Funktionen soll das Register erfüllen?
Das Register erfüllt neben der Wirkung, die die Eintragung hat (siehe oben) auch eine Warnfunktion und die Funktion der Bestimmung der Rangfolge konkurrierender Rechte.
Warnfunktion bedeutet, dass z.B. Geschäftspartner des Sicherungsgebers angezeigt wird, ob Sicherungsrechte an dem Sicherungsgegenstand bestehen bzw. ob der Sicherungsgeber schon andere Vermögensgegenstände besichert hat. Da das einheitliche Register personenbezogen aufgebaut ist (d.h. nach Namen der natürlichen bzw. juristischen Person des Sicherungsgebers) ist die entsprechende Suche gut durchführbar. Ein Nachteil des Registers tritt dann auf, wenn ein Sicherungsgut (mehrfach) übertragen wird. Dann wird ein Geschäftspartner des Letzterwerbers möglicherweise unter dessen Namen keinen Eintrag an dem Vermögensgegenstand im Register finden, da für die Übertragung des Sicherungsrechts die Änderung des Registers keine Voraussetzung ist.
Anders als Grundbuch für Immobiliarrechte besteht keine Vermutungswirkung dahingehend, dass das eingetragene Recht tatsächlich existiert, da die Eintragungen im einheitlichen Register nicht materiell überprüft werden, sondern im Wege eines sogenannten erklärungsbasierten Registrierungssystems erfolgen. D.h. die Registerbehörde prüft nicht inhaltlich, ob das Sicherungsrecht rechtlich wirksam oder zulässig ist, sondern die Eintragung erfolgt allein auf Basis der abgegebenen Erklärung des Sicherungsnehmers (dieser und nicht der Sicherungsgeber ist die eintragungsberechtigte bzw. -verpflichtete Partei). Daher besteht das Risiko, dass Personen von vermeintlichen Sicherungsnehmern als Sicherungsgeber eingetragen werden, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht.
Das einheitliche Register ist ferner für die Rangbestimmung nach dem ZGB maßgeblich. Nach ZGB richtet sich die Rangfolge der Befriedigung eingetragener Hypotheken nach dem Zeitpunkt ihrer Eintragung und eingetragene Hypotheken haben vor nicht eingetragenen Hypotheken Vorrang. Laut ZGB ist diese Regelung auf andere dingliche Sicherungsrechte entsprechend anzuwenden. Das einheitliche Register zeichnet den Zeitpunkt des Einreichens der Antragsunterlagen auf und ermöglicht so die genaue Bestimmbarkeit der Eintragungszeitpunkte. Auch wenn das Register nicht positiv das Bestehen eines Sicherungsrechts vermutet, besteht zumindest eine negative Vermutung dahingehend, dass der Gläubiger von der Priorität seines Rechts ausgehen kann, wenn bei seiner Einsichtnahme keine vorherige Eintragung ersichtlich ist.
Wie erfolgt die Eintragung?
Der Sicherungsnehmer (oder eine von ihm beauftragte Person) stellt online den Antrag auf Registrierung seines Sicherungsrechts. Dafür hat sich der Antragsteller online im einheitlichen Register anzumelden. Er hat vor der Eintragung mit dem Sicherungsgeber eine Einigung über den Inhalt der Eintragung zu erzielen (Nachweise dafür müssen aber nicht vorgelegt werden). Da wie oben gesagt keine materielle Prüfung der Antragsunterlagen/-angaben stattfindet, führt selbst das Fehlen einer Einigung nicht zur Unwirksamkeit der Eintragung.
Der Online-Antrag bedingt eine vollständig ausgefüllte Datenmaske. Hier werden Informationen über den Sicherungsnehmer, den Sicherungsgeber, eine Darstellung des Sicherungsguts, die eine ausreichende Identifizierbarkeit desselben zulässt, und die Eintragungsfrist (= Dauer bis zur vollständigen Erfüllung der dem Sicherungsvertrag zugrunde liegenden Forderung, mindestens ein Monat und maximal 30 Jahre, Verlängerungen (auch mehrfach) sind möglich) abgefragt. Ein Upload des Sicherungsvertrages ist nicht notwendig.
Sind alle Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, stellt das einheitliche Register den Zeitpunkt der Eintragung fest und erteilt eine Registernummer nebst Änderungscode (letzterer wird zur Verlängerung, Änderung oder Löschung von Eintragungen benötigt).
Der Sicherungsnehmer muss dann u.a. eine Änderung im Register vornehmen, wenn der Inhalt der Eintragung unvollständig oder fehlerhaft ist. Änderungen sind innerhalb von vier Monaten ab dem Zeitpunkt des die Änderung auslösenden Umstands einzureichen (auch hier wird vorab die Einigung mit dem Sicherungsgeber verlangt).
Löschungen sind im Falle des Erlöschens der Hauptforderung, der Befriedigung aus dem Sicherungsrecht, des Verzichts des Sicherungsnehmers oder anderer Umstände, die zum Erlöschen des eingetragenen Rechts führen vorzunehmen. Löschungen sind innerhalb von 10 Arbeitstagen ab dem Zeitpunkt des die Löschungsverpflichtung auslösenden Umstands einzureichen (bei schuldhafter Verzögerung haftet der Sicherungsnehmer auf Schadensersatz, wenn Dritte dadurch einen Schaden erleiden).
Wie wehrt man sich gegen fehlerhafte Eintragungen und wer haftet für die Richtigkeit des Registerinhalts?
Der Sicherungsgeber oder betroffene Dritte können Widerspruch gegen fehlerhafte Eintragungen einreichen (z.B. wenn das behauptete Sicherungsverhältnis nicht besteht bzw. die besicherte Forderung vollständig beglichen wurde). Dazu muss der Widerspruchsberechtigte zunächst vom Sicherungsnehmer die Änderung bzw. Löschung der Eintragung verlangen. Wenn der Sicherungsnehmer dem nicht zustimmt (es gilt keine besondere Frist zur Erteilung dieser Zustimmung) besteht ein Anspruch auf Eintragung eines Widerspruchs.
Der Widerspruchsberechtigte muss dem Sicherungsnehmer die Eintragung des Widerspruchs innerhalb von sieben Arbeitstagen mitteilen und er kann die Eintragung des Widerspruchs ohne Abstimmung mit dem Sicherungsnehmer jederzeit selbst löschen.
Alle Registereintragungen können auf Antrag des Sicherungsgebers, eines betroffenen Dritten oder des Sicherungsnehmers durch rechtskräftige (schieds-)gerichtliche Urteile aufgehoben werden.
Die eintragende Person (also Sicherungsnehmer, Sicherungsgeber oder ein anderer betroffener Dritter) haftet für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Rechtmäßigkeit der Registerinhalte. Verursacht eine unrichtige, unvollständige oderunrechtmäßige Eintragung einen Schaden bei einer anderen Person, haftet die eintragende Person auf Schadensersatz.
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