AGB: Anforderungen an Qualitätssicherungsvereinbarungen

Die in einer Qualitätssicherungsvereinbarung zwischen Unternehmern formularmäßig verwendete Klausel „Mehraufwand bei dem Auftraggeber, der aus Mängeln von Liefergegenständen entsteht, geht in angefallener Höhe zu Lasten des Auftragnehmers. Der Mehraufwand ist dem Auftragnehmer durch den Auftraggeber nachzuweisen.“ hält einer AGB-Kontrolle nicht stand. Die Rechtsprechung bestätigt, dass auch für häufig standardisierte Qualitätssicherungsvereinbarungen hohe Anforderungen an wirksame Klauseln gestellt werden.

Sachverhalt

Die Beklagte (Auftragnehmerin) belieferte die Klägerin (Auftraggeberin) mit Wassereis. Der Lieferbeziehung lag eine von der Klägerin vorformulierte Qualitätssicherungsvereinbarung zugrunde, die unter anderem folgende Regelung vorsah:

„Mehraufwand bei dem Auftraggeber, der aus Mängeln von Liefergegenständen entsteht, geht in angefallener Höhe zu Lasten des Auftragnehmers. Der Mehraufwand ist dem Auftragnehmer durch den Auftraggeber nachzuweisen.“  

 

Im August 2010 unterrichtete die Beklagte die Klägerin über Schimmelpilzbefall des Wassereises. Durch den Rückruf des Wassereises entstanden der Klägerin Aufwendungen, die die Beklagte teilweise bezahlte. Über den noch nicht beglichenen Betrag in Höhe von 282.551,90 EUR erhob die Klägerin Zahlungsklage gegen die Beklagte. Nachdem das Landgericht der Klage stattgegeben und die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten keinen Erfolg hatte, verfolgte die Beklagte mit ihrer Revision Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

Der BGH gab der Revision der Beklagten statt und wies die Zahlungsklage ab. Das Gericht führte aus, die in der Qualitätssicherungsvereinbarung verwendete Mehraufwandklausel sei unwirksam, da sie die Beklagte gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige und mit den wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Kaufgewährleistungsrechts nicht vereinbar sei. Nach dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht seien solche Schäden immer nur zu ersetzen, wenn der Verkäufer diese zu verschulden habe. Daher sei die hier allein an einen Sachmangel – und nicht an ein Verschulden – anknüpfende Mehraufwandklausel mit dem Gesetz unvereinbar.

Urteil des BGH vom 18.10.2017 (Az.: VIII ZR 86/16)

Hinweis für die Praxis

Mit seiner – nicht überraschenden - Klarstellung, dass mangelbedingte Mehraufwendungen des Käufers auch im B2B-Bereich nicht ohne weiteres auf den Verkäufer abgewälzt werden können, bestätigt der BGH die Geltung des Verschuldensgrundsatzes für Schadensersatzansprüche. Das gilt richtigerweise auch für (je nach Branche weitgehend  standardisierte) Qualitätssicherungsvereinbarungen. Bei Rückrufen gilt das zwar für Schadensersatzansprüche, aber zumindest bei Rückrufkosten lässt sich eine verschuldensunabhängige Haftung gut vertreten.

 

Möchte der Käufer gleichwohl vereinbaren, dass der Verkäufer verschuldensunabhängig haftet, so muss er dies mit dem Verkäufer individuell vertraglich aushandeln. Hierbei ist der strenge Maßstab der Rechtsprechung zu beachten. Ein solches „Aushandeln“ setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Vertragsklauseln „ernsthaft zur Diskussion gestellt“ werden und der Vertragspartner die „reale Möglichkeit hat, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können“. Ein ausdrückliches Einverständnis nach einem Hinweis auf die nachteilige Klausel genügt dafür nicht. Um im Streitfall ein individuelles Aushandeln nachweisen zu können, sollten die Parteien den Verhandlungs- und Diskussionsverlauf sowie die jeweils ausgetauschten Entwürfe und Änderungsfassungen sowie Verhandlungsangebote daher schriftlich festhalten.

 

Rechtsanwälte Dr. Jan Henning Martens und Johanna Hennighausen, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg