Wann drohen straffälligen Anwälten berufsrechtliche Folgen?

Nicht immer folgt für gestrauchelte Anwälte auf eine strafrechtliche Verurteilung eine berufsrechtliche Strafe. Doch für Anwälte, die die Regeln der Gesellschaft missachten - ob im Beruf oder außerhalb – und sich in erheblichem Maß strafbar machen, sieht das Gesetz ein zusätzliches anwaltsgerichtliches Verfahren vor. Im Fall eines Kinder missbrauchenden Anwalts hat das Anwaltsgericht Köln das umgesetzt.

Der Anwalt hatte in fünf  Fällen einen  Missbrauch  widerstandsunfähiger  Personen  begangen,  davon  in vier Fällen tateinheitlich mit dem Besitz  kinder-  und  jugendpornographischer  Schriften.  Dafür sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren vor. Nach der strafrechtlichen Verurteilung erlegte ihm das Anwaltsgericht eine Geldstrafe von 5.000 Euro auf und erteilte dem Anwalt einen Verweis.

Anwalt ist ein Vertrauensberuf

Der Rechtsanwalt hat sich zur Überzeugung der Kammer einer Pflichtverletzung nach §§ 43, 113 Abs. 2, 115b, 118 Abs. 3 BRAO i.V.m. §§ 179 Abs. 1 Nr. 1, 184b Abs. 4, Satz 2, 184c Abs. 4, Satz 1–4 StGB schuldig gemacht. Im Einzelnen gilt berufsrechtlich Folgendes:

Gemäß § 43 Satz  2 BRAO hat sich ein Rechtsanwalt innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtanwaltes erfordert, würdig zu erweisen.

  • Nach § 118 Abs. 2 BRAO ist ein außerhalb des Berufes liegendes Verhalten eines Rechtanwalts, das eine rechtswidrige Tat oder eine mit Geldbuße bedrohte Handlung darstellt, eine anwaltsgerichtlich zu ahndende Pflichtverletzung,
  • wenn diese nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtssuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Hierbei ist nach § 115 b BRAO im Falle einer durch ein Gericht oder einer Behörde verhängten Strafe, Disziplinarmaßnahme, berufsgerichtliche Maßnahme oder Ordnungsmaßnahme von einer anwaltsgerichtlichen Handlung wegen desselben Verhaltens abzusehen, wenn eine anwaltsgerichtliche Maßnahme nicht zusätzlich erforderlich ist, um den Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen der Rechtsanwaltschaft zu wahren.

Die  Generalklausel  des  § 43  BRAO verlangt  von  den  Anwälten  Kompetenz und Integrität, um zu gewährleisten, dass die Anwaltschaft die ihr im System  der  Rechtspflege  zugewiesene   Aufgabe   wahrnehmen   kann.

Es muss ein aus dem Rahmen fallendes Verhalten vorliegen

  • Im vorliegenden Fall hatte der Anwalt die Taten nicht während der Berufsausübung begangen.
  • Eine  außerhalb  der  Berufsausübung  liegendes Verhalten  eines  Rechtsanwaltes  kann nach Ansicht des Anwaltsgerichts Köln nur Grundlage einer zu ahndende Pflichtverletzung sein, wenn es eine rechtswidrige  Tat  oder  eine  mit  Geldbuße bedrohte  Handlung  darstellt  und  im besonderen Maße geeignet ist, Achtung  und  Vertrauen  der  Rechtssuchenden  in  einer  für  die  Ausübung der   Anwaltstätigkeit   bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Aufgabe des Anwalts tangiert

Voraussetzung für eine über die bereits erfolgte strafrechtliche Verurteilung hinausgehende anwaltsgerichtliche Ahndung sei  daher, dass  ein  Verstoß  vorliegt, mit dem die Aufgabe des Anwalts als Organ der Rechtspflege tangiert ist.

  • "Dies setzt ein objektiviertes und gewichtiges – aus dem Rahmen fallendes – und deshalb die Öffentlichkeit berührendes Verhalten voraus“, erläuterte das Gericht
  • und bejahte dies im vorliegenden Fall.
  • Denn es handele sich um vorsätzlich begangene  Taten  zum  Nachteil  von  dem Anwalt  anvertrauten  Jugendlichen,
  • die im Einzelfall mit Strafandrohung  bis  zu  10  Jahren  bedroht sind.

5.000 Euro reichen

Mehr als die 5.000 Euro und den Verweis wollte das Anwaltsgericht aber nicht verhängen. Zum einen sei der Anwalt geständig gewesen und sei bereits strafrechtlich verurteilt worden. Außerdem sei er berufsrechtlich bislang nicht negativ in Erscheinung getreten. Schließlich sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen gewesen, dass er seit dem Jahre 2012 eine Therapie durchführt, aufgrund der er sich mit seinen Taten ausführlich auseinandergesetzt hat.

(Anwaltsgericht Köln, Urteil v. 10.6.2015 , 10 EV 319/12).

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