Unbefugter Tabakverkauf: Verlust der Gewerbeerlaubnis
Ein besonders renitenter Tabakwarenhändler in Hessen verkaufte mehrfach Tabakwaren an Jugendliche. Die wiederholte Verhängung von Geldbußen durch die zuständige Behörde fruchtete nichts. Er stellte seine Verkaufspraktiken nicht um. Daraufhin untersagte das Regierungspräsidium in Gießen dem Tabakhändler die Ausübung seines Gewerbes und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung an. Hiergegen setzte sich der Tabakwarenhändler gerichtlich zur Wehr und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung.
Schwerer Verstoß gegen Jugendschutzvorschriften
Das zuständige VG hielt dem Tabakwarenhändler einen schweren Verstoß gegen die einschlägigen Vorschriften des Jugendschutzgesetzes vor. Dieses bezwecke den Schutz einer besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe, nämlich der Jugendlichen, vor schweren Gesundheitsgefahren durch Tabakgenuss. Der nicht nur einmalige sondern mehrfache Verstoß hiergegen sei geeignet, erhebliche Zweifel an der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Tabakwarenhändlers zu begründen.
Alterskontrolle zumutbar
Die Einwendung des Tabakwarenhändlers, angesichts seiner hohen Umsatzzahlen sei es ihm vor allem in geschäftlichen Stoßzeiten schier unmöglich, sich in Zweifelsfällen ein Ausweispapier jedes möglicherweise noch jugendlichen Käufers zeigen zu lassen, beeindruckte das Gericht nicht. Angesichts der hohen Bedeutung der Jugendschutzvorschriften, müsse eine solche Kontrolle von einem verantwortlichen Gewerbetreibenden gefordert werden können. Auch wenn der Verkauf hierdurch zeitweise etwas ins Stocken geraten sollte, so sei die Kontrolle dem Gewerbetreibenden doch zumutbar.
Berufsfreiheit contra Jugendschutz
Das VG verkannte nicht die hohe Bedeutung der durch Art. 12 GG geschützten Freiheit des Berufes. Nach Auffassung des Gerichts führt der Jugendschutz aber nur zu einer geringfügigen Reglementierung der Berufsausübung durch Auferlegung bestimmter Kontrollpflichten. Dieser leichten Einschränkung stehe eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit der betroffenen Gruppe der Jugendlichen gegenüber. Eine Abwägung dieser beiden Rechtsgüter führe zu einem eindeutigen Ergebnis.
Jugendschutz geht vor
Hiernach sei dem Schutz der betroffenen Bevölkerungsgruppe der Jugendlichen das deutlich höhere Gewicht beizumessen. Die wiederholte Verletzung des vom Gesetzgeber bezweckten Schutz der Jugendlichen mache die Prognose wahrscheinlich, dass der Gewerbetreibende auch in Zukunft die gesetzlichen Vorgaben nicht beachten werde. Damit verfüge der Gewerbetreibende nicht über die nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO erforderliche Zuverlässigkeit. Da der Betroffene sich mehrere Bußgeldbescheide nicht habe zur Warnung dienen lassen, könne keine positive Prognose für ein zukünftig verantwortliches Handeln des Gewerbetreibenden erstellt werden. Wegen der erheblichen Gefährdung Jugendlicher sei die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung gerechtfertigt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
(VG Gießen, Beschluss v. 29.4.2013, 8 L 326/13.GI)
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.2082
-
Einseitige Preisanpassung von Amazon Prime ist rechtswidrig
819
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
700
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
677
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
614
-
Minderung schlägt auf Betriebskostenabrechnung durch
533
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
475
-
Eigenbedarfskündigung bei Senioren – Ausschluss wegen unzumutbarer Härte?
456
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
437
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
408
-
Kollision bei Wenden auf Kreuzung: Mitverschulden trotz Rotlichtverstoß
07.10.2025
-
Überfahren einer Leiche stellt keinen Unfall im Straßenverkehr dar
24.07.2025
-
Bundeslagebild Cybercrime 2024: Ransomware weiterhin größte Bedrohung
30.06.2025
-
Teurer Ausraster: 1.600 EUR Geldstrafe für das Umstoßen eines Blitzers
06.05.2025
-
Geschwindigkeitsüberschreitung – Betroffene haben Anspruch, digitale Daten zu checken
29.04.2025
-
Beweisverwertung der Daten von Auslandsbehörden im Strafprozess
04.02.2025
-
Online-Beleidigungen von Politikern auch bei geringer Reichweite strafbar
09.01.2025
-
10.000 Euro Hinterbliebenengeld für den Sohn einer getöteten Mutter
08.01.2025
-
Cyber Resillience Report zeigt Anstieg der Ransomware-Attacken und höhere Zahlungsbereitschaft
14.11.2024
-
Risikoreicher Gehweg: Fußgänger stürzt auf Gehweg über Kante – haftet die Stadt?
18.10.2024