Rechtsextremisten-Datei: Das rechte Auge des Staates

... es soll nicht länger blind bleiben. Eine neue Verbunddatei soll helfen, Durchblick zu schaffen. Dies jedenfalls ist der Wille des Kabinetts, das jetzt einen vom Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium gemeinsam erarbeiteten, juristisch umstrittenen Gesetzentwurf zur Einführung einer Rechtsextremisten-Datei verabschiedet hat.

Die Bundesregierung hat am 18.1. den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung derder Bekämpfung des Rechtsextremismus beschlossen. Unter Juristen und Datenschützern ist die Neuerung sehr umstritten, sie sei durch Verstoß gegen das Trennungsgebot verfassungswidrig, denn: Wer alles weiß, soll nicht alles dürfen (Zöller).

 

Reaktion auf die „Zwickauer Terrorzelle“

Auslöser ist die jahrelang unbehelligt agierende „Zwickauer Terrorzelle“ auf deren Konto wahrscheinlich mindestens 10 Tötungsdelikte gehen. Dass diese Verbrechen lange überhaupt nicht der rechten Szene zugeordnet wurden, wird überwiegend als Totalversagen der zuständigen Behörden gesehen.

Der Druck auf die staatlichen Organe, endlich zu handeln, ist daher groß: Dies gilt um so mehr als nach neuesten Erkenntnissen des Bundesverfassungsschutzes an die 10.000 gewaltbereite Rechtsextremisten in Deutschland leben.

 

Wo der Mensch versagt hat soll der Computer helfen

Die geplante Datei sollbundesweit das Informationsmaterial des militärischen Abschirmdienstes (MAD), des Verfassungsschutzes, der Nachrichtendienste und der Polizei an einem Speicherplatz konzentrieren: 

  • Die Datei soll personenbezogene Daten speichern, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass bestimmte Personen „rechtsextremistische Bestrebungen verfolgen und in Verbindung damit zu Gewalt aufrufen“.
  • Gespeichert werden sollen auch die Daten von Finanziers und sonstigen Hintermännern, die in engem Kontakt mit Terrorverdächtigen stehen.
  • Gespeichert werden sollen allgemeine Angaben zur Person, wie Name, Adresse, Geburtsdatum, ggflls. mit einem Foto, darüber hinaus Bank- und Telefonverbindungen, Bankschließfächer, Informationen über persönliche Kontakte und Treffs.

 

Zweck: Informationsfluss zwischen den Behörden verbessern

Der Datenspeicher dient in erster Linie dazu, den Zugriff der Behörden auf Informationen, die eine andere Behörde bereits hat, zu erleichtern und somit die Ermittlungsgeschwindigkeit entscheidend zu erhöhen. Auf diese Weise soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, rechtsextreme Straftaten bereits im Vorfeld zu erkennen und dadurch eher zu verhindern (Prävention).

 

Gefahren für den Rechtsstaat?

Rechtstaatliche Bedenken äußern einige Juristen. Mark A. Zöller, Professor für Europäisches und Internationales Strafrecht, sieht gar die Gefahr eines schleichenden Umbaus der bundesdeutschen Sicherheitsarchitektur. Diese beruhe nämlich auf einer strikten Trennung der Informationen von Polizeibehörden und  Nachrichtendiensten.

Im Hinblick auf die Erfahrungen der Gestapo-Schreckensherrschaft sei es ein Gebot der Rechtstaatlichkeit, das Wissen der Nachrichtendienste grundsätzlich von den Eingriffsbefugnissen der Polizei zu trennen. Durch die geplante Datei werde alles in rechtswidriger Weise zusammengeführt.

 

Trennungsgebot gewahrt

Den Befürchtungen der Kritiker widerspricht Justizministerin Leutheusser- Schnarrenberger vehement. Das Trennungsgebot sei auch mit der neuen Datei gewahrt. Diese unterscheide nämlich zwischen Grunddaten (Personalien) und weiterführenden Daten (Informationen über Kontakte der Person usw.).

Lediglich die Grunddaten seien für die angeschlossenen Behörden ohne weiteres einsehbar. Die weiterführenden Daten könnten nur auf besonderen Antrag einer Behörde bei einem besonderen Bedürfnis, beispielsweise bei konkret laufenden Ermittlungen eingesehen werden. Nach Auffassung der Justizministerin wird dem Trennungsgebot auf diese Weise hinreichend Rechnung getragen.

 

Keine zu hohen Erwartungen

Unter dem Strich sehen die meisten Fachleute in der Einführung der Verbunddatei ein wichtiges Hilfsmittel zur Vorbeugung bzw. Aufklärung von Straftaten in der rechtsextremistischen Szene.

Gleichzeitig wird vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Letztendlich müssten die Daten innerhalb der zuständigen Behörden von handelnden Personen ausgewertet und bewertet werden. Und die dürfen auf dem rechten Auge eben nicht blind sein.

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