Pardon?: Bordeaux statt Porto

Zu wessen Lasten gehen sprachlich bedingte Missverständnisse bei der Buchung einer Reise? Was passiert, wenn infolge einer unklaren Aussprache ein falsches Reiseziel gebucht wird? Ein wichtiges Urteil für Sachsen und Franken.

Mit dieser weitreichenden und im Einzelfall gravierenden Frage hatte sich ein AG in Stuttgart zu befassen.

Regionale Sprachbesonderheiten leisten gelegentlich Irrtümern Vorschub.

Eine gebürtige Sächsin wollte nach Porto reisen. Wer versucht, den Namen Porto im sächsischen Dialekt nachzusprechen, bei dem das P sehr weich fast wie ein B ausgesprochen wird, stellt sehr schnell die akustische Nähe zwischen dem Namen Porto und der Stadt Bordeaux fest. Letzteres verstand denn auch die Mitarbeiterin des Reisebüros und buchte einen von der Kundin nicht gewünschten Flug nach Bordeaux. Nachdem die Kundin die Bezahlung der „Falschbuchung“ verweigerte, wurde sie vom Reisebüro verklagt.

Empfängerhorizont entscheidet

So jedenfalls sah es das mit der Sache befasste AG. Nach seiner Auffassung trägt der Erklärende das Risiko, dass seine Erklärung beim Erklärungsempfänger verständlich ankommt. Dies gelte vorliegend umso mehr, als die Mitarbeiterin des Reisebüros zweimal die Reiseroute erläutert und dabei den von ihr verstandenen - von der Kundin nicht gewünschten -  Zielort in gut verständlichem Hochdeutsch korrekt genannt habe. Für akustische Missverständnisse infolge der sprachlichen Eigentümlichkeiten des sächsischen Dialekts sei allein der Erklärende verantwortlich.

Sächsin muss zahlen

Was für einen Reise- oder Reisevermittlungsvertrag Gültigkeit beansprucht, gilt auch für andere Vertragsabschlüsse. Der Erklärende trägt grundsätzlich die Verantwortung dafür, dass seine Erklärung verständlich beim Erklärungsempfänger ankommt. Im Falle von Missverständnissen bleibt ihm nur die Möglichkeit der Anfechtung seiner Erklärung nach §§ 119 ff BGB. Vorliegend verurteilte das Gericht die Beklagte zur Zahlung des Flugpreises in Höhe von 294 €. Hätte sie ihre Erklärung erfolgreich angefochten, hätte aber auch das wenig genützt, denn dann wäre sie gemäß § 122 BGB schadensersatzpflichtig gewesen.

(AG Stuttgart-Bad Cannstadt, Urteil v. 16.03.2012, 12 C 3263/11). 

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